«Die Rekordstimmung an den Börsen ist erst einmal verflogen», resümieren die Analysten der Helaba. Statt die Marke von 20.000 Punkten ins Visier zu nehmen, versuche zum Beispiel der deutsche Dax nun die 19'000 zu verteidigen. Auch Christian Henke vom Broker IG konstatiert, die Investoren hätten nach der jüngsten Eskalation zwischen Israel und dem Iran Angst vor einem Flächenbrand in der Krisenregion.
Israel hat eine Bodenoffensive gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon begonnen. Der Iran wiederum feuerte Raketen auf Israel ab. Israel hat eine Antwort darauf angekündigt, Details aber offengelassen. Es werde befürchtet, dass Israel nun wiederum die iranische Ölinfrastruktur angreifen könnte, was weitere Vergeltungsschläge provozieren und die Nachbarstaaten in den Konflikt hineinziehen könnte, sagte Ashley Kelty von Panmure Gordon. Der Ölpreis zog in den vergangenen fünf Handelstagen bereits um rund neun Prozent an.
Allen drei US-Börsenindizes gelang es zwar, den bisherigen Wochenverlust aufzuholen und die Periode mit einer knapp positiven Bilanz abzuschliessen. Für den Dow beläuft sich der Wochenzuwachs auf 0,1 Prozent. Danach sah es lange Zeit nicht aus, hatte doch die Eskalation im Nahen Osten in den zurückliegenden Tagen mit dem Angriff des Iran auf Israel merklich belastet.
Auch der ungewisse Zinspfad der US-Notenbank Fed belastet aktuell die Märkte. Investoren rätseln, wann und in welchem Umfang die Währungshüter noch einmal an der Zinsschraube drehen. Die Fed hat jüngst die Zinswende vollzogen und den geldpolitischen Schlüsselsatz kräftig nach unten gesetzt - auf 4,75 bis 5,00 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell rechnet in diesem Jahr noch mit zwei weiteren Senkungen um insgesamt einen halben Prozentpunkt, falls sich die Wirtschaft wie erwartet entwickelt.
Neue Hinweise auf das weitere Vorgehen der Fed erhoffen sich Anleger von der Veröffentlichung der Protokolle der jüngsten Fed-Sitzung (Mittwoch). Am Donnerstag stehen US-Inflationsdaten für September an. Der Preisauftrieb hatte mit einer Teuerung von 2,5 Prozent im August spürbar nachgelassen und den Weg für die Zinswende freigemacht. Commerzbank-Analyst Ralph Solveen geht davon aus, dass die September-Daten den Trend eines langsam abnehmenden Inflationsdrucks bestätigen sollten, die Zahlen aber dennoch nicht aussergewöhnlich niedrig ausfallen dürften.
Wie es um die Konjunktur in Deutschland bestellt ist, werden Daten zum Auftragseingang der Industrie (Montag) und der Produktion (Dienstag) zeigen wie auch die Exportzahlen (Mittwoch) im August. Für die Euro-Zone steht am Montag das Barometer des Investment-Beraters Sentix zu den Konjunkturerwartungen der Börsianer auf der Agenda. Laut den von Reuters befragten Volkswirten dürfte der Pessimismus im Oktober leicht zunehmen. Das entsprechende Barometer war im September den dritten Monat in Folge gesunken.
Investoren hoffen, dass die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik wegen der schwächelnden Konjunktur und der abebbenden Inflation auf der nächsten Sitzung am 17. Oktober weiter lockern und den Leitzins erneut senken könnte. Die EZB hatte im September die Zinsen erstmals seit ihrer geldpolitischen Wende vom Juni wieder nach unten gesetzt.
Der für die Finanzmärkte richtungsweisende Einlagesatz, zu dem Banken bei der Notenbank kurzfristig überschüssige Gelder parken, wurde um einen Viertelprozentpunkt auf 3,50 Prozent gesenkt. Die Analysten der LBBW rechnen damit, dass die Zinsen im Oktober um 25 Basispunkte nach unten gehen werden. Auch im Dezember könnte nach Einschätzung der Experten eine weitere Senkung in dieser Grössenordnung anstehen.
Auf der Unternehmensseite dürfte die mit den Grossbanken anlaufende US-Berichtssaison in den Fokus rücken. Am Freitag legen unter anderem JP Morgan, Wells Fargo und die Bank of New York ihre Zahlen zum dritten Quartal vor. Im Dax könnte die Deutsche Telekom für Gesprächsstoff sorgen. Am Donnerstag startet eine zweitägige Investoren-Veranstaltung des Bonner Konzerns. Dort will er seine Ziele für die kommenden Jahre vorstellen und über die geplanten Ausschüttungen informieren. Nachdem die US-Tochter T-Mobile bei ihrem Kapitalmarkttag vor einigen Wochen allerdings mit dem Ausblick enttäuscht hatte, befürchten einige Börsianer bei der Deutschen Telekom einen ähnlichen Stimmungsdämpfer.
(Reuters/cash)