Man hört seit Jahren das gleiche Lied: Die Liquidität im Markt ist hoch und die Zinsen historisch niedrig. Obwohl alle davon sprechen, will kaum einer die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Das moniert zumindest Mojmir Hlinka, Direktor beim Zürcher Vermögensverwalter Agfif International, im cash-Börsen-Talk. Der Vorwurf: Marktteilnehmer lassen sich noch immer von vermeintlich hohen Bewertungen an den Aktienmärkten verunsichern - weil alte, längst nicht mehr gültige Bewertungskriterien herangezogen werden.
"Wir schreiben seit Jahren die Geschichtsbücher neu, was die Börsenbewertung angeht, das muss der Markt endlich begreifen", so Hlinka. Er spricht dabei vor allem den Umstand an, dass eine noch nie dagewesene Liquidität im Markt vorhanden ist in einem Umfeld von Tief-, Null- und Negativzinsen. "Das wird die nächsten zehn Jahre auch so bleiben." In anderen Worten: Anleger müssen langfristig hohe Bewertungen in Kauf nehmen.
Die Notenbanken haben heute einen Stellenwert, der früher nicht denkbar war. Die Corona-Krise sei auch wegen der steigenden Bedeutung der Notenbanken völlig anders als frühere Krisen, sagt Hlinka. "Die Dotcom-Blase wäre unter heutigen Umständen nicht passiert. Nach dem Platzen der Blase kamen Alan Greenspan, Mario Draghi und Co." Das sind laut Hlinka heute die Stabilitätspersonen der Finanzmärkte. Der heutige Weg der mächtiger gewordenen Notenbanken ist laut Hlinka nicht der perfekte. "Aber er ist der am wenigsten schlechte Weg."
Comeback von Dividenden-Titeln
In der Erwartung, dass sich die Erkenntnis von noch lang tiefbleibenden Zinsen langsam durchsetzen wird, glaubt Hlinka fest an ein Comeback der Dividenden-Aktien. Ganz nach dem Motto: Wenn es schon keinen Zins gibt, müssen es eben die Dividenden richten.
"Wer Einkommen und Stabilität erzielen möchte, kommt an solchen Titeln nicht vorbei". Hlinka denkt dabei vor allem an die seit der Corona-Krise stark abgestraften (Rück-)Versicherer. In der Schweiz seien das etwa Swiss Re, Swiss Life, Helvetia oder Baloise. "Aber auch Titel wie Münchner Rück (Munich Re) oder Hannover Rück kann man hier nennen."
Während die Versicherer zu den grossen Jahresverlierern gehören, sind andere schier durch die Decke gegangen. Ein Name, der in diesem Zusammenhang immer wieder zur Sprache kommt, ist Lonza. Der Basler Pharmazulieferer ist in diesem Jahr der mit Abstand beste SMI-Titel. Viele denken bei Lonza vor allem an die Partnerschaft mit der US-Firma Moderna und die Impfstoff-Phantasie, die den Kurs treibt. "Das ist aber nicht Grund für die gute Performance", sagt Hlinka. "Vielmehr hat es Lonza verstanden, aus dem gegenwärtigen Trend hin zur Unabhängigkeit bei den Lieferketten Profit zu schlagen".
Hintergrund: Die Schweiz forciert die Entwicklung, sich von internationalen Lieferketten – vor allem in Asien – frei zu machen und die Wertschöpfung teilweise wieder in die Schweiz zurückzuführen. Davon profitieren auch Pharmazulieferer. "Lonza ist der Platzhirsch. Aber auch eine Dottikon konnte hier profitieren." Soll heissen: Hinter Lonzas Mega-Performance steckt Substanz. Ein möglicher Durchbruch beim Moderna-Impfstoff wäre nur das Sahnehäubchen.
Ähnlich sieht es Hlinka auch bei Titeln aus dem gehypten Technologie-Sektor – sowohl bei den US-Big-Techs als auch bei Schweizern Tech-Aktien. "Lem, Schweiter, Gurit, Inficon, VAT. Das sind alles tolle Unternehmen, die von der Digitalisierung profitierten." Dass bei diesen Titeln jetzt auch mal Gewinne mitgenommen werden sei ein völliger normaler Prozess, so Hlinka.
Sehen Sie im cash-Börsen-Talk auch, was Hlinka vom zweiten SMI-Gewinner Givaudan hält, ob die Erholung bei Autozulieferern wie Autoneum weiter anhalten wird, und wie er die Bewertung der US-Big-Techs einschätzt. Ausserdem äussert sich Hlinka zu den US-Wahlkampf und sagt, welches Ergebnis er sich für die Börse wünscht.
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