Wenn Firmenlenker und Topmanager – also Verwaltungsräte oder Mitglieder der Geschäftsleitung – von in der Schweiz kotierten Unternehmen mit Aktien des eigenen Hauses handeln, müssen sie dies der Börsenaufsicht melden. Die SIX Exchange Regulations wiederum veröffentlicht diese Angaben im Internet.

Besonders, wenn die Chefs im grossen Stil Aktien ihrer Firma kaufen oder verkaufen, wird es für Privatanlegerinnen und -anleger interessant. Es lässt sich genüsslich darüber spekulieren, weswegen die Topshots, die ihre Unternehmen ja gut kennen sollten, sich von grossen Aktienpaketen trennen. Oder sich solche ins persönliche Portfolio holen.

Spuhler und Stadler Rail beobachtet

Beobachtet – und auch interpretiert – wurden in den vergangenen Wochen etwa Transaktionen bei Stadler Rail. Am 16. und am 18. März wurden zunächst für 1,12 Millionen Franken und später für 1,84 Millionen Franken Aktien gekauft. Der Aktienkurs war um beide Zeitpunkte herum wegen der Coronakrise unter 40 Franken gefallen. Vermutet wird hinter den Käufen Firmenpatron Peter Spuhler.

Auch vier Verkäufe aus der Stadler-Chefetage zwischen 300'000 und 1,59 Millionen Franken seit dem 14. April halten Analysten auf Trab. Die bisher letzte Transaktion ist mit dem Datum des vergangenen Freitags eingetragen.

Hintergrund: Eine Aktionärsgruppe um Spuhler hat sich jüngst aufgelöst. Rund ein Jahr nach dem Börsengang des Eisenbahnbauers machten Stadler-Führungsmitglieder und Grossaktionäre ihre Anteile zu Geld. Beim Kurs von 42,80 Franken liegt der Preis der Aktie höher als bei der Zuteilung: Damals beim IPO (Initial Public Offering) war die Aktie 38 Franken wert.

In den gemeldeten Transaktionen taucht auch oft Lindt & Sprüngli auf. Seit Anfang Jahr gibt es 31 Meldungen, wonach Partizipationsscheine des Schokoladenimperiums verkauft wurden. Die meisten davon im März und im April. Der Lindt-PS steht 5,7 Prozent über dem Wert vom Jahresanfang. Seit dem Jahrestief im März ist der Kurs um 22 Prozent nach oben gegangen.

Berichtsaison spielt mit

Die Höhe der Transaktionen erstreckt sich von knapp 80'000 Franken bis gut 2,4 Millionen Franken. Dies muss aber nicht heissen, dass die Lindt-Oberen Ernst Tanner, Dieter Weisskopf und Co etwas Schlimmes für ihre Firma befürchten – auch wenn in der Coronakrise Vertrieb und Konsum von Schokolade leiden werden und bei 31 Verkäufen nur ein einziger Zukauf aus der Lindt-Führungsetage gemeldet wurde.

Bei Aktienverkäufen mag eine Rolle spielen, dass die Manager Geld für private Ausgaben brauchen, oder dass im Zuge ihrer persönlichen Vermögensverwaltung Käufe und Verkäufe getätigt werden. Ein zentraler Grund dürfte allerdings sein: Wenn Unternehmen in den Monaten Februar bis Mai ihre Jahresbilanzen vorlegen, kommt es traditionell auch zu mehr Management-Transaktionen.

Dann erhalten Manager oft Aktien und Optionen als Teil ihrer Vergütung. In dieser Phase trennen sich die Nutzniesser dieser Vergütungsprogramme gerne von früher erhaltenen Aktien. Bei Lindt wie bei vielen anderen Unternehmen sind zugeteilte Aktienoptionen für meist mehrere Jahre für den Handel gesperrt.

Und viele Schweizer Aktien sind heute trotz des Corona-Tiefschlags immer noch mehr wert als vor zwei oder drei Jahren. Eine grössere Zahl von Titelverkäufen gab es in den vergangenen fünf Wochen auch bei Givaudan, Kardex, Zurich, Kühne+Nagel, Logitech sowie den Kantonalbanken des Waadtlandes und des Wallis. Auch bei Tecan und Adecco trennten sich Manager mehrfach von Aktien.

Wegmarke: SMI-Tiefst im März

Kasse gemacht wurde ebenso in mehreren Transaktionen beim Biotechunternehmen Relief Therapeutics, wo Hoffnungen auf einen Coronavirus-Wirkstoff den Kurs im Lauf des März kurzzeitig um das 20-fache nach oben schnellen liess. Auch bei Relief Therapeutics wurde im Gegenzug kein einziger Kauf vermeldet.

2020 spielt natürlich die Krise in die Sphäre der Managementtransaktionen hinein. Im Lauf des 16. März erreichte der SMI seinen Tiefststand bei 7650 Punkten. Dies rückt speziell die Käufe der Manager in ein interessantes Licht.

Denn so unsicher die Lage war: So billig hatte es Aktien zuvor lange nicht mehr gegeben. Die tiefen Kursstände wurden offenbar rege genutzt: Die Suche bei SIX ergibt ganze 345 Käufe in den vergangenen fünf Wochen. Das ist fast ein Drittel mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Bei EFG und Swatch langt jemand kräftig zu

Dauergast in den SIX-Meldungen ist auch die Vermögensverwaltungsbank EFG International. Seit Ende Februar wurden 36 Kauftransaktionen registriert - und kein einziger Verkauf.

Spekulationen zufolge kauft der reichste Mann Griechenlands und EFG-Verwaltungsrat Spiro Latsis zu. Dessen Familie dominiert das Aktionariat der Privatbank, Latsis hält aber auch unter eigenem Namen einen Anteil an der Firma. Von Latsis' in Monaco beheimateter Finanzgesellschaft ist für den März eine Beteiligungsveränderung notiert. Die Aktie hat seit ihrem Tief im März immerhin ein Drittel an Wert zugelegt.

In anderen Dimensionen schweben 12 Zukäufe eigener Namen- und Inhaberaktien von Seiten der Führung des Uhrenkonzerns Swatch: Von Anfang bis Ende März sammelten sich Transaktionen über rund 165 Millionen Franken an. Bei beiden Swatch-Aktienklassen sind die Kurse historisch tief. Das Gerücht hält sich bis heute, dass die Familie Hayek den Konzern letztlich von der Börse nehmen will. Bei Tiefstkursen könnten sie die Gelegenheit beim Schopf gepackt haben, um ihre Macht im Konzern zu vergrössern.