In Tests konnten John Alberg, Mitgründer der Hedge-Fonds-Gesellschaft Euclidean Technologies und Zachary Lipton, ein Forscher im KI-Labor von Amazon.com, einen annualisierten Ertrag von 17,1 Prozent mit Hilfe ihrer Technik generieren, verglichen mit 14,4 Prozent bei einem Standard-Statistik-Modell. Das geht aus einem Papier hervor, das sie während eines Freitag-Workshops auf der Neural Information Processing Systems (NIPS) Konferenz vorstellten, einem jährlichen Treffen von Experten auf diesem Gebiet.
Die Studie kommt zu einer Zeit, in der sich Finanzunternehmen auf KI stürzen. Auf der diesjährigen NIPS-Konferenz wetteiferten Hedgefonds und Investmentbanken mit grossen Technologieunternehmen, um Spezialisten für neuronale Netze zu rekrutieren. Neuronale Netze sind eine Art KI, die auf dem menschlichen Gehirn basiert und die jüngsten Fortschritte in der Sprach- und Bilderkennung durch Computer vorangetrieben hat.
Das Problem mit dem «Rauschen»
Nur eine Handvoll Firmen haben bislang neuronale Netze für Handel und Investments benutzt. Und dabei konzentrieren sie sich meist auf komplexe Handelsstrategien, oft über kurze Zeiträume. Die Untersuchung von Alberg und Lipton legt nahe, dass ein tiefes neuronales Netzwerk - eines mit vielen Schichten - für die langfristige Aktien-Auswahl effektiv sein kann, wenn es Berge von fundamentalen Unternehmensinformationen wie Gewinn, Umsatz und Verschuldungsniveau enthält.
Alberg und Lipton gaben in ihr System 16 gängige Arten von Daten aus Finanzberichten und vier weiteren Kennzahlen zu Aktienkursbewegungen über einen Zeitraum von einem, drei, sechs und neun Monaten ein. Sie taten dies für alle Aktien an der New York Stock Exchange, der NASDAQ und der American Stock Exchange für mindestens 12 Monate in Folge, von Januar 1970 bis September 2017.
Ursprünglich hatten die beiden das neuronale Netzwerk veranlasst, die Daten für fünf Jahre zu erfassen und dann zu versuchen, den zukünftigen Aktienkurs ein Jahr im Voraus zu prognostizieren. Aber das war nicht besser als mit einem Computer-basierten Standard-Handelsmodell.
"Der Kurs springt stark herum, unabhängig von allem, was tatsächlich geschieht, zumindest auf kurze Sicht", sagte Lipton, der auch an der Carnegie Mellon University tätig ist. Diese unberechenbare Bewegung wird in KI- und datenwissenschaftlichen Kreisen als "Rauschen" bezeichnet, und das neuronale Netzwerk wurde dadurch abgelenkt, fügte Alberg hinzu.
Fokus auf die Fundamentaldaten
Also versuchte das Duo eine andere Technik. Anstatt das neuronale Netzwerk zu veranlassen, den Aktienkurs ein Jahr im Voraus zu prognostizieren, fragten sie nach dem zukünftigen Wert der Fundamentaldaten des Unternehmens, um eine Prognose für Kennzahlen wie das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) zu erhalten. Sie dividierten dies dann durch den aktuellen Unternehmenswert, und gelangten zu einer Art KI-gestützten, vorausschauenden Bewertungsvielfachen. Basierend auf dieser Kennzahl investierten sie in die 50 günstigsten Aktien.
"Wenn Sie das Problem in zwei Schritte unterteilen, die zukünftigen Fundamentaldaten aus historischen Fundamentaldaten prognostizieren und diese zukünftigen Fundamentaldaten dann nutzen, um den Kurs vorherzusagen, kann die Komplexität des tiefen Lernens nützlich sein und das Modell verbessern", sagte Alberg.
Die beiden sagten, dass sie diesen Bereich weiter erforschen werden. Ein Zukunftsprojekt: Sehen, ob ihr neuronales Netzwerk die Fundamentaldaten von Unternehmen besser vorhersagen kann als menschliche Aktienanalysten. Sie wollen auch sehen, ob sich die Performance verbessert, wenn sie dem System weitere Daten zuführen, die Hinweise auf die Zukunft eines Unternehmens enthalten, wie z. B. Kommentare von Führungskräften bei Telefonkonferenzen.
(Bloomberg)