Goldman erwägt offenbar eine neue Geschäftseinheit, die sich dem Kauf und Verkauf der digitalen Währung widmet. Damit wäre Goldman der grösste Wall-Street-Konzern mit einer Abteilung explizit für den Bitcoin-Handel. Diese Nachricht schien die Kryptowährung zu legitimieren, die Dimon einen Monat zuvor als "Betrug" bezeichnet hatte. Der JPMorgan-Chef sagte damals auch, er würde jeden feuern, der dumm genug sei, damit zu handeln.

Tatsächlich stieg der Preis für Bitcoins, bei denen viele bereits eine Blase sehen, nach der Nachricht am letzten Montag um 193 Dollar auf 4365 Dollar je Coin. Das ist deutlich mehr als die 952 Dollar zu Beginn des Jahres und entspricht einer atemberaubenden Rendite von 360 Prozent allein im Jahr 2017. Beim S&P 500 wird die Jahresentwicklung als grossartig erachtet. Er hat 15 Prozent zugelegt, inklusive Dividenden.

Doch die Händler messen dem Vorstoss von Goldman in die Kryptowährung womöglich eine zu hohe Bedeutung bei. Erinnern Sie sich an Mortgage-backed Credit Default Swaps? Goldman hatte auch diesen Produkten eine eigene Handelsabteilung gewidmet. Ausserdem dürfte ein Einstieg in die digitale Währung mehr mit der Lage bei Goldman zu tun haben als mit der Solidität von Bitcoins.

Goldman Sachs mit Problemen

Der Wall-Street-Gigant hat in letzter Zeit zu kämpfen. Die Erträge im Anleihehandel, oft das profitabelste Geschäft, gingen im zweiten Quartal um 40 Prozent zurück. Es war das schlechteste Quartal für den Bereich, der einen langwierigen Einbruch erlebt. Und die Bank sucht auch nach anderen Bereichen, mit denen sie Geld machen kann. 

Einer davon ist das Kreditgeschäft. Doch während die Kreditvergabe zwar die Erträge von Goldman steigern dürfte, wird sie die Gewinne und die Eigenkapitalrendite aber nicht allzu sehr verbessern, nicht mit den Zinsen in der Nähe von Allzeittiefs und einer sich abflachenden Renditekurve. Der Bitcoin-Handel könnte allerdings hohe Erträge abwerfen. Handelsaktivitäten an der Wall Street florieren bei Volatilität.

Und da sich der VIX, der die Volatilität am Aktienmarkt misst, im einstelligen Bereich befindet, gehören Bitcoins zu den wenigen Anlagemöglichkeiten, die noch immer wild schwanken. Dann eben Bitcoin, zumindest für Goldman, auch wenn sich die digitale Währung jedem vernünftigen Massstab zufolge in einer Blase befindet, die dem Platzen näher denn je ist.

Unterschiede zwischen Goldman und JPMorgan

Im grösseren Rahmen betrachtet, dürfte die unterschiedliche Bitcoin-Sichtweise von JPMorgan und Goldman mehr mit der Geschichte zu tun haben, als eine zuverlässige Prognose über die Preisentwicklung - oder die künftige Verwendung - von Bitcoins darzustellen. JPMorgan, die vor zwei Jahrzehnten noch Chase Manhattan genannt wurden, ist eine gigantische Money Center Bank, die noch immer mehr als die Hälfte ihrer Erträge im Kreditgeschäft verdient, vorwiegend in Dollar. Die Kreditvergabe wird durch fast 1,5 Billionen Dollar an Einlagen gesichert, wiederum vorwiegend in Dollar.

Goldman dagegen war historisch betrachtet und bleibt auch weiterhin ein Finanzkonzern, der weitgehend vom Handel getragen wird. Trotz der jüngsten Schwierigkeiten in dieser Sparte erwirtschaftet die Bank noch immer mehr als die Hälfte ihrer Erträge im Handelsgeschäft und weniger als zehn Prozent durch Kreditvergabe.

Goldman legte vor kurzem ein Lippenbekenntnis ab, gerne mehr zu einem Kreditinstitut zu werden, und der jüngste Plan für 5 Mrd. Dollar an Ertragssteigerungen sah vor, davon 40 Prozent durch die Kreditvergabe zu erwirtschaften.

Eine Kreditplattform für Verbraucher wurde geschaffen, die mit dem Millennials ansprechenden Hip-Faktor einfach nur Marcus genannt wird. Doch selbst wenn Goldman mit der Kreditvergabe 2 Mrd. Dollar generieren sollte, würde das Geschäft noch immer weniger als 20 Prozent des Gesamtertrags ausmachen.

Tatsächlich bemüht sich Goldman mit dem öffentlichen Schwenk in Richtung Kreditgeschäft inmitten der Schwankungen im Handelsgeschäft, den Anlegern zu zeigen, dass die Bank sicherer ist als früher, und will sie dazu bewegen, mehr für ihre Aktien zu zahlen. Doch die Hinwendung zu Bitcoins zeigt, dass die Katze das Mausen nicht ganz lassen kann, und das sollte sowohl Goldman als auch Bitcoin-Investoren beunruhigen.

(Bloomberg)