Im Süden Luzerns wird gebaut. Viel gebaut. Verteilt über die Gemeinden Kriens, Horw und Luzern sollen in den nächsten Jahren Wohn- und Arbeitsplätze für rund 15'000 Personen geschaffen werden. Noch dominieren Baukräne das Landschaftsbild. Aber Wohnungen können bereits reserviert werden: Eine 87 Quadratmeter grosse 3,5 Zimmer-Wohnung wird für 2300 Franken angeboten.
Gut möglich, dass dieser Mietzins bis zum Bezugstermin im April 2018 noch sinkt. Denn auf dem Schweizer Wohnungsmarkt mehren sich die Anzeichen eines Überangebots. Luzern Süd ist dabei bei weitem nicht das einzige Beispiel.
Sogar in Zürich, wo in der Vergangenheit immer nur von Wohnungsnot die Rede war, greifen vereinzelte Verwaltungen bei hochpreisigen Unterkünften zu Mietzinsreduktionen, weil der Markt gesättigt scheint. So zum Beispiel im ehemaligen Zürcher Zollfreilager, wo ein neues Quartier für über 2000 Personen entstand. Vor rund einem Jahr zogen die ersten Mieter ein, heute sind noch immer 26 Wohnungen frei: Die Mieten bewegen sich zwischen 3200 und 4600 Franken.
Die vielerorts hohe Bauaktivität der letzten Jahre hat dazu geführt, dass der Leerstand von Mietwohnungen deutlich gestiegen ist. Laut Berechnungen der UBS standen 2016 in jeder vierten Gemeinde über 5 Prozent der Mietwohnungen leer. Vor drei Jahren gab es dies nur in jeder sechsten Gemeinde. Für 2017 erwarten die Immobilien-Experten der Grossbank, dass der Neubau von Wohnungen die zusätzliche Wohnungsnachfrage um bis zu zehntausend Einheiten übertreffen wird. Schweizweit sind die Leerstände auf dem Niveau von vor 16 Jahren angelangt.
Grosse regionale Unterschiede
Auch die Immobilienberater von Wüest Partner rechnen mit einer Ausweitung der Leerstände von Mietwohnungen. Das Bevölkerungswachstum werde die entstehenden Neubauten nicht vollends nachfragen können, sagt Robert Weinert, Leiter des Immo-Monitoring.
Dabei zeigen sich grosse regionale Unterschiede. Das grösste Angebot an Mietwohnungen findet man derzeit in den Kantonen Wallis, Freiburg, Schaffhausen, Solothurn, Jura und Aargau. Wie Zahlen von Wüest Partner zeigen, wird hier rund jede zehnte Wohnung auf den Internetplattformen oder in den Zeitungen angeboten (Angebotsziffer von 10 Prozent). In Zürich liegt diese Ziffer bei 5,9 Prozent, während der landesweite Durchschnitt 7,3 Prozent beträgt.
Dass durch die steigenden Leerstände die Mieten sinken, scheint in der Logik des Marktes zu liegen. Doch längst nicht alle Vermieter reagieren auf Leerstände mit Senkungen der Preise. Die einen versuchen zum Beispiel, mit Geduld die Nachfragebaisse auszusitzen. Dennoch rechnen Wüest Partner mit einem schweizweiten Rückgang der Angebotsmieten (bei neu abgeschlossenen Mietverträgen) im laufenden Jahr um 0,9 Prozent. Die folgende Grafik zeigt das abflachende Wachstum bei den Mieten.
Quelle: Wüest Partner
Aber auch die Mieter mit bestehenden Verträgen dürfen sich mit grosser Wahrscheinlichkeit bald über eine Reduktion freuen. Am 1. Juni entscheidet das Bundesamt für Wohnungswesen das nächste Mal über die Höhe des Referenzzinssatzes. Vieles deutet darauf hin, dass dieser Wert von 1,75 auf 1,5 Prozent gesenkt wird. In der Folge haben viele Mieter grundsätzlich Anspruch auf eine Mietzinssenkung.
Haupttreiber hinter dem Boom im Wohnungsbau ist das Negativzinsumfeld und damit einhergehend ein Anlagenotstand vor allem bei institutionellen Investoren wie Pensionskassen, Versicherungen oder Anlagefonds. Viel Geld ist dadurch in den Markt für Renditeliegenschaften geflossen.
Da diesbezüglich keine Trendumkehr bevorsteht, dürfte der Bauboom anhalten und die Leestände weiter zunehmen. Die folgende Grafik der CS verdeutlicht die markante Zunahme der Baugesuche (blaue Linie) und der fertigen Wohneinheiten (rote Balken) in der Schweiz in den letzten Jahren.
Noch sind die Leerstände in der Schweiz im internationalen Vergleich auf tiefem Niveau. Hält die hohe Wohnbauproduktion in den nächsten an, könnte sich das laut Robert Weinert von Wüest Partner aber ändern.
Bereits gibt es Investoren, die sich aus Angst vor Preiskorrekturen aus dem Markt zurückgezogen haben. Dazu gehört der Versicherungskonzern Baloise. Beim Sektor der kleinen bis mittelgrossen Mehrfamilienhäuser werde es kritisch, sollten die Zinsen steigen, sagte der damalige Baloise-Anlagechef Martin Wenk im Interview mit cash im März. Denn diesen Bereich hätten mehr und mehr Privatinvestoren entdeckt, um Rendite zu erzielen.