"Im Januar einziehen, ab April 2018 bezahlen": Mit diesem Zückerchen werden auf dem Immobilienportal ImmoScout24 verschiedene 2,5- bis 4,5-Zimmer-Wohnungen eines Neubaus in Rottenschwil AG zur Miete angeboten. Wer sich stattdessen lieber in Oberurnen GL niederlassen möchte, bekommt bei einer ausgeschriebenen 3,5-Zimmer-Wohnung eine Umzugspauschale in der Höhe von bis zu 2500 Franken geschenkt.
Auf solche Spezialangebote stossen Wohnungssuchende in letzter Zeit auffallend häufig. Meist betrifft es ausgeschriebene Mietobjekte aus Randregionen der Schweiz. "Bei den aktuell hohen Leerständen in der Schweiz ist das nicht erstaunlich", sagt Ansgar Gmür, Direktor vom Hauseigentümerverband (HEV), auf cash-Anfrage.
Vermieter locken mit Spezialangeboten
Er spricht damit ein wachsendes Problem der Vermieter an: die leeren Wohungen in der Schweiz, Tendenz steigend. Über 53'000 Mietwohnungen stehen in der Schweiz gemäss einer Analyse der Credit Suisse leer. Letztmals war diese Zahl 1998 so hoch. In jeder vierten Gemeinde der Schweiz stehen mehr als 5 Prozent der Mietwohungen leer. Der nationale Schnitt beträgt 2 Prozent. Allein in diesem Jahr stieg der Leerbestand im Mietbereich um satte 17 Prozent.
Um Mieter anzulocken, werden Köder ausgelegt. Nebst den eingangs erwähnten geschenkten Monatsmieten und der Übernahme von Umzugskosten kommen auch Möbelgutscheine, günstigere Mieten in den ersten zwei Jahren, Gratis-iPads oder Bargeld zum Zug. Selbst die Massnahme des Versicherers Axa, der die Praxis der Mietkaution (bis das dreifache einer Monatsmiete muss auf einem Sperrkonto deponiert werden) abschaffen will, kann in diesem Kontext gesehen werden.
"Wer etwas anzubieten hat, das sich nicht verkauft, greift zum Instrument 'Aktion'", erklärt Gmür die immer häufiger auftauchenden Geschenke für Mieter. Sofern diese tatsächlich helfen, die Wohnung zu vermieten, seien solche Angebote eine gute Sache.
Das sieht Michael Töngi, Generalsekretär des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbands (SMV) anders: "Besser als solche Geschenke wäre ein generell tieferer Mietpreis". Denn klar ist: Solche einmaligen Zückerchen für Mieter sind für die Vermieter mittel- und langfristig weniger schmerzhaft als permanent tiefere Mieteinahmen. Die Geschenke können daher als letzter Versuch der Vermieter gewertet werden, tiefere Mietzinseinnahmen zu vermeiden.
Mietpreise unter Druck
Aufgrund der aktuellen Lage am Immobilienmarkt dürfte eine Mietzinsanpassung nach unten für viele Immobilienbesitzer jedoch früher oder später unumgänglich sein: "Die Party am Immobilienmarkt ist vorbei, und trotzdem wir noch immer viel gebaut", sieht Gmür vom HEV die aktuelle Entwicklung skeptisch.
Der Bauboom hat viel mit dem Anlagenotstand der Investoren zu tun, die aufgrund der tiefen Zinsen ihr Geld in Immobilien investieren, auch wenn diese nicht einmal gut rentieren. Seit der Einführung der Negativzinsen durch die Schweizerische Nationalbank im Januar 2015 haben laut dem Beratungsunternehmen Wüest Partner die Preise für Mehrfamilienhäuser in der Schweiz um satte 15 Prozent zugelegt. Die Preise der Einfamilienhäuser sind im gleichen Zeitraum dagegen durchschnittlich nur um 2,4 Prozent gestiegen.
Ein Rückgang der Bautätigkeiten ist noch immer nicht in Sicht: Gemäss dem Immobilienmonitoring der CS vom 3. Quartal ist die Zahl der jährlichen Baugesuche für Mietwohnungen seit 2002 von knapp 7000 auf inzwischen 31'000 angestiegen. Die Leerstände dürften mit grosser Wahrscheinlichkeit auch 2018 steigen, heisst es dort. Besonders ausserhalb der Zentren würden die Mieter an Marktmacht gewinnen.
Wohnungssuchende, die nicht in Städten nach einer neuen Bleibe Ausschau halten, dürfen sich daher wohl auch im nächsten Jahr auf zum Teil ausgefallene Geschenke bei Mietvertragsabschluss freuen - oder früher oder später sogar auf tiefere Monatsmieten.