Am Dienstag sagte Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), an einer jährlichen Tagung im portugiesischen Sintra, dass nach Jahren der Unsicherheit in Europa neues Vertrauen herrsche. Im Euroraum drohe keine Deflation mehr. Gleichzeitig sprach er sich für eine schrittweise Anpassung der Geldpolitik aus. In der Folge zogen die Schweizer Hypothekarzinsen spürbar an.

Was steckt dahinter? Marktbeobachter deuteten diesen Optimismus von Draghi als eine sanfte Ankündigung einer bevorstehenden Eindämmung der Geldschwemme. Entsprechend reagierten die Finanzmärkte so, wie es bei einem bevorstehenden Liquiditätsentzug erwartet wird: Die langfristigen Zinsen stiegen an, der Euro wurde stärker.

Auch die Schweizer Staatsanleihen haben darauf reagiert:

Entwicklung der Rendite zehnjähriger Schweizer Staatsanleihen im letzten Monat, Quelle: cash.ch

Nachdem die Rendite zehnjähriger Schweizer Staatsanleihen im letzten Monat zwischen -0,13 Prozent und -0,17 Prozent schwankte, steigt diese nach Draghis Äusserungen auf mittlerweile -0,05 Prozent an. Das wiederum bringt die Schweizer Hypothekarzinsen in Bewegung. Denn: Für diese sind die Renditen auf Staatsanleihen massgebend - und somit indirekt auch die Geldpolitik der EZB.

Wie ein Anbietervergleich von Vermögenspartner zeigt, hat von den 45 beobachteten Hypothekenanbietern fast die Hälfte ihre Zinsen für zehnjährige Festhypotheken heute leicht nach oben angepasst. Im Vergleich zur Vorwoche haben sich die Durchschnittszinssätze aller Hypothekenanbieter wie folgt verändert:

ModellAktuellStand vor 1 WocheVeränderung in Basispunkten
Festhypothek, 2 Jahre0,968%0,965%+0,3
Festhypothek, 5 Jahre1,060%1,049%+1,1
Festhypothek, 10 Jahre1,447%1,435%+1,2

Daten von Vermögenspartner, Stand 29.06.2017

Diese Zins-Reaktion zeigt, dass die europäische Geldpolitik die Höhe der Schweizerischen Hypothekarzinsen stark mitprägt. Allerdings dürfte dieser aktuelle Anstieg kaum nachhaltig sein. Denn: Die EZB fühlt sich anscheinend missverstanden. Die Äusserungen von Mario Draghi am Dienstag sollen kein versteckter Hinweis auf einen baldigen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik gewesen sein (cash berichtete).  

In den vergangenen Monaten kam es bereits merhmals zu sogenannten "Zinsbuckeln", wo die Rendite der zehnjährigen Schweizer Staatsanleihen kurzfristig anstieg - und schnell wieder fiel. Im März 2017 war die Rendite zwischenzeitlich sogar positiv.

Marktbeobachter rechnen damit, dass die EZB das Anleihen-Kaufprogramm frühestens im nächsten Jahr schrittweise zurückfahren und die Leitzinsen Ende 2018 erstmals anheben wird, wobei der genaue Fahrplan von der Wirtschaftsentwicklung in Europa abhängig ist. Frühestens dann dürften auch die Hypozinsen wieder zu steigen beginnen - zum Leidwesen der Immobilienbesitzer.