Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell könnten am Mittwoch zwar aus dem Stand die Feuerkraft ihres Anleihenprogamms zur Stützung der Wirtschaft erhöhen. Doch zuvor wollen sie aus Sicht von Experten sehen, ob sich die Politik angesichts der zweiten Corona-Welle doch noch zu einem Konjunkturpaket durchringt - nachdem sich der Rauch der Wahlschlacht verzogen hat.
Powell dringt ebenso wie der designierte US-Präsident Joe Biden wegen der düsteren Lage am Arbeitsmarkt und der Existenznöte vieler Amerikaner darauf, die monatelange Hängepartie zu beenden und den Weg für Nothilfen umgehend frei zu machen.
Zwei Finanzpakete vorgesehen
Insidern zufolge sieht ein parteiübergreifender Vorschlag vor, Hilfe in zwei Finanzpakete aufzuspalten: Das erste im Volumen von 748 Milliarden Dollar enthält demnach Unterstützung für kleine Unternehmen und Arbeitslose sowie für die Verteilung von Impfstoffen. Das zweite umfasst die umstrittenen Punkte des Haftungsschutzes für Firmen und eine Finanzspritze für staatliche Ebenen in Höhe von 160 Milliarden Dollar.
Die Pläne für ein neues Konjunkturpaket waren im Wahlkampf unter die Räder gekommen, auch weil sich Republikaner und Demokraten nicht auf den Umfang solcher Hilfen einigen konnten. Da sich nun Bewegung abzeichnet, könnte die Fed wohl auf grössere Geldspritzen verzichten: "Für das neuerliche Anschieben der konjunkturellen Erholung setzt man bei der US-Notenbank auf die Finanzpolitik", meint Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer.
Er geht daher davon aus, dass das Tempo der Anleihekäufe der Fed in Höhe von 120 Milliarden Dollar pro Monat vorerst beibehalten wird - auch wenn die Fed bereits Varianten einer laxeren Geldpolitik durchgespielt hat.
Dabei wurde intern eine Aufstockung des Kaufprogramms als eine Möglichkeit genannt. Alternativ wurde eine Umstellung der Staatsanleihenkäufe auf Papiere mit längeren Laufzeiten diskutiert. Als Drittes kommt demnach in Betracht, die Käufe über einen längeren Zeitraum zu tätigen.
Forward Guidance wird überarbeitet
Commerzbank-Experte Krämer erwartet, dass die Fed den Finanzmärkten womöglich eine überarbeitete Orientierungslinie - im Fachjargon Forward Guidance genannt - für ihr weiteres Vorgehen an die Hand geben wird. So könnte sie laut dem Experten die Forward Guidance zu den Anleihekäufen präzisieren, indem sie die Käufe explizit an das Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Kriterien knüpft.
Krämer verweist darauf, dass die Fed dies für die Leitzinsen bereits im Sommer getan hat: Die Fed geht davon aus, die Zinsen bei null zu halten, solange das Vollbeschäftigungs- und das Inflationsziel nicht erreicht sind und die Inflation nicht auf dem Wege ist, die Zwei-Prozent-Marke moderat zu überschreiten. "Die Guidance für die Anleihekäufe wird wohl etwas anders aussehen, da man diese bereits vor einer ersten Zinserhöhung einstellen wird", so der Commerzbank-Chefökonom.
Auch wenn die Europäische Zentralbank ihre Corona-Hilfen jüngst massiv aufgestockt hat, erwartet der Chefstratege von Merck Finck, Robert Greil, dass die Fed nun "nicht so tief in ihren Werkzeugkasten greifen wird wie die EZB". Angesichts der besorgniserregenden Virusentwicklung in den USA werde sie aber einen "weiterhin sehr expansiven Ton anschlagen".
Konjunktur-Erholung bleibt aus
Mit steigenden Corona-Fallzahlen hat sich auch die Konjunktur-Erholung zuletzt verlangsamt. Manche US-Regionen verzeichneten kaum oder gar kein Wachstum, wie aus dem Konjunkturbericht der Fed hervorgeht. Erst Mitte des nächsten Jahres erwartet Powell mit Blick auf die Wirtschaftsentwicklung "Licht am Ende des Tunnels".
Philip Marey von der Rabobank geht davon aus, dass die Fed bei einer Verschlechterung der Konjunktur und beim Ausbleiben neuer Corona-Hilfen des Kongresses unter Zugzwang gerät: "Sie könnte dann ihr Staatsanleihenprogramm nutzen, um für weiteren geldpolitischen Stimulus zu sorgen."
(Reuters)