"Immer mehr Anleger legen grossen Wert darauf, dass ihr Geld nachhaltig angelegt wird", sagt Anlageexpertin Sabine Said vom Finanzdienstleister Moventum. Dabei ist das Investieren unter Berücksichtigung der Faktoren Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung (ESG) nicht nur etwas für Idealisten: "Bereits vor der Krise wurde deutlich, wie wichtig diese Themen für Unternehmen sind. In der Krise hat sich nun aber gezeigt, dass Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften und fair mit ihren Anteilseignern umgehen, stärker von Investoren nachgefragt werden", sagt Investmentexperte Jean-Marie Mercadal vom Vermögensverwalter OFI Asset Management.
Investoren fordern nachhaltige Konjunkturprogramme
Regierungen und Zentralbanken nehmen weltweit gerade viele Billionen in die Hand, um die Wirtschaft nach dem Virus-Schock wieder aus der Talsohle zu holen. "Nach der Pandemie wird es darum gehen, die Wirtschaft verantwortungsvoll aufzubauen", betont Said. Ein Zurück zu altem Verhalten soll es dabei nicht geben. Die grossen Industrieländer müssen sicherstellen, dass ihre COVID-19-Konjunkturprogramme nachhaltig sind und dazu beitragen, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, fordern führende globale Investorengruppen, die zusammen Billionen von Dollar an Vermögenswerten verwalten.
Auch privates Kapital soll eine Schlüsselrolle bei der Erholung spielen. Anleger benötigten aber langfristige Strategien, die den vereinbarten Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft widerspiegeln, fordert eine Gruppe von Investoren, zu denen auch die "Institutional Investor Group on Climate Change" gehört, zu deren Mitgliedern der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock zählt. "Die Ausbreitung des Coronavirus ist eine beispiellose globale Bedrohung, die unser Denken, Arbeiten und unseren Lebensstil langfristig verändern wird – und auch die Anleger vor noch nie dagewesene Marktbedingungen stellt", fassen die Strategen von Credit Suisse zusammen.
Generation X und Millennials im Fokus
Nachhaltigkeit und Klimawandel gehörten deswegen zu den langfristigen grossen Investmenttrends. Vorangetrieben werde das Thema durch die Gruppe der Millennials und der Generation X, also den vor dem Jahrtausendwechsel Geborenen sowie den heute 40- bis 50-Jährigen. "Sie wollen einen Wandel", heisst es bei Credit Suisse.
Kreditinstitute wie die Deutsche Bank tragen dem bereits Rechnung. Deutschlands grösstes Geldhaus will bis 2025 mindestens 200 Milliarden Euro in ESG-Investments fliessen lassen. Die Gelder umfassen von der Bank gewährte Kredite, im Namen ihrer Kunden platzierte Anleihen und von ihrer Privatbank verwaltetes Vermögen. Nicht eingeschlossen sind die von ihrem Fondsarm, der DWS, verwalteten Vermögenswerte.
ESG-Fonds sind in Krise oft Widerstandsfähiger
Anleger verfolgen oftmals nicht nur idealistische Motive, vielmehr erhoffen sie sich Renditevorteile und Risikominimierung. Wie eine Studie der Fondsgesellschaft LFDE zeigt, führt nachhaltig orientiertes Investieren langfristig tatsächlich zu einer besseren Performance. In den ersten drei Monaten 2020 hätte das dabei untersuchte Portfolio mit den besten ESG-Profilen eine um 3,8 Mal höhere Entwicklung vorzuweisen als dasjenige mit den schlechtesten ESG-Profilen.
Dieser Unterschied habe sich in den letzten Monaten deutlich vergrössert. "Die Ergebnisse zeigen, dass die gute Steuerung nicht-finanzieller Risiken ein enormer Vorteil ist, insbesondere in Krisenzeiten", sagt Sonia Fasolo, SRI-Fondsmanagerin. Auch das Analysehaus Scope stellte fest, dass nachhaltige Aktienfonds sich im ersten Quartal überwiegend besser entwickelten als der Vergleichsindex.
Nachfrage nach grünen Anlagemöglichkeiten steigt
Da die Nachfrage nach grünen Anlagemöglichkeiten auch in Deutschland steigt, hat die Deutsche Börse Anfang März einen neuen Index mit 50 Werten an den Start gebracht. Unternehmen, die an umstrittenen Waffen, Kohle, Kernkraft oder Tabak beteiligt sind, sind von einer Aufnahme in den DAX 50 ESG ausgeschlossen. Konzerne wie Bayer mit seinem umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat sind allerdings ebenso dabei wie die Autokonzerne Daimler und BMW. Eine einheitliche Regelung, wie Nachhaltigkeit definiert werden kann, gibt es noch nicht.
(Reuters)