Der 78-jährige David Wright ist zweimal glimpflich davongekommen: In der Finanzkrise verlor der "Sierra Tactical All Asset Fund", wo er Co-Portfoliomanager ist, fast nichts. Auch die Verluste im Corona-Crash vom Frühling 2020 hielten sich beim diesem Fonds in Grenzen. Wright, der in Santa Monica in Kalifornien arbeitet, verlor mit einem anderen Fonds auch während dem Platzen der Dot-Com-Blase vor zwei Jahrzehnten kaum Geld.
Börsenveteran Wright weiss mit diesen Erfahrungen ein, zwei Dinge über Bärenmärkte. Und ausgerechnet der Mann, der mit seinen Anlagen bei früheren Marktkrisen so sicher navigiert hat, ist jetzt äusserst besorgt.
"Ich glaube, dass wir im grössten Bärenmarkt meines Lebens sind," sagte Wright, der mit Sierra Investment Management zehn Milliarden Dollar verwaltet, diese Woche im Gespräch mit US-Medien - und dies war noch für dem Markteinbruch vom Donnerstagabend, als die US-Märkte verspätet auf die Inflationswarnungen der Notenbank Federal Reserve reagierten. Wright erwartet, dass noch mehr Probleme auf die Aktienmärkte zukommen werden.
Gründe für Sorgen gibt es genug: Der Krieg in der Ukraine, die energische Zinserhöhungspolitik der Federal Reserve, die hohe Inflation und die Corona-Lockdowns in China belasten die Stimmung erheblich.
«Gipfel der Selbstgefälligkeit»
Wrights Sorgen beziehen sich allerdings nicht primär auf den Krieg in Osteuropa, der Preisauftrieb oder die Geldpolitik der amerikanischen Zentralbank. Wright ist beunruhigt über das fieberhafte Verhalten von Anlegerinnen und Anlegern, die in den vergangenen Jahren so ziemlich alles von Meme Stocks bis hin zu Kryptowährungen durch die Decke schiessen liessen.
Finanzmarkrenditen trugen dazu bei, dass das Haushaltvermögen nach Daten der Fed in den USA auf 150 Billionen Dollar anschwoll, was etwa dem sechsfachen der amerikanischen Volkswirtschaft entspricht. "Es gibt kein anderes Land auf der Welt, das so viel des eigenen Nettovermögens in Aktien angelegt hat", sagt Wright. "Aber wir sind absolut am Gipfel der Selbstgefälligkeit."
Bewertungen höher als in früheren Marktkrisen
Wright stützt sich bei seinen Betrachtungen auf die Erfahrungen, die mit seinem fortgeschrittenen Alter zusammenhängen: "Junge Leute haben keine Ahnung, was ein Rückgang sein könnte, was Kursschwächen auslöst und wie weit dies gehen kann."
Wright sagte nicht, in welchem Ausmass er noch Verluste an den Märkten erwartet. Er wies aber darauf hin, dass die deutlichen Kursrückgänge in den 1970er und 1980er Jahren erst geendet hätten, als das gesamthafte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Marktes jeweils unter ein Verhältnis von 10 gefallen sei. Das KGV des breiten US-Index S&P 500 ist zwischen März 2021 und heute von 32 auf 21 gefallen. Der Durchschnitt der vergangenen zwei Jahrzehnte liegt indessen bei 19.
Wrights Sierra Tactical All Asset Funds ist ein Dachfonds, der seinerseits in aktive gemanagte Fonds und ETF investiert ist. Allerdings enthielt das Anlagevehikel Ende April nur noch 3 Prozent US-Aktien. Mehr als die Hälfte des Vermögens läuft derzeit in Cash.
Konservative Anlagestrategie
Festverzinsliche Wertschriften machten 1 Prozent des Fondsvermögens aus, während Rohstoffe auf 9 Prozent kamen. Der Rest des Portfolios erstreckt sich über variabel verzinsliche Anleihen, Aktien von ausserhalb der USA und öffentlich handelbare Teilhaberschaften. Und dies zahlt sich derzeit aus. Der Fonds hat dieses Jahr nur 2,3 Prozent verloren und steht damit besser da als 91 Prozent von ähnlichen Investmentfonds, die von Finanznachrichtendienst Bloomberg beobachtet werden.
Mithilfe von Computermodellen setzt Sierra Investment Management Stopp-Loss-Marken bei den Anlagen. Wenn die Kurse auf vordefinierte Levels fallen, stösst der Fonds die Positionen ab und verlagert die Vermögen in Cash oder Assets mit steigenden Kursen. Kunden sind vor allem Rentner und Anleger, die auf Risikominimierung achten. Eine sehr konservative Vorgehensweise hilft, Verluste in Zeiten von Marktrückgängen zu reduzieren. Allerdings schränkt sie auch die Performance in, wenn die Kurse stark ansteigen, wie dies seit 2009 hauptsächlich der Fall gewesen ist.
Der Fonds hat in den vergangenen fünf Jahren nur 2,4 Prozent Rendite im Jahr abgeworfen. Andere Fonds aus der "Peer-Group" erreichten das Doppelte. Ein klassisch zu 60 Prozent aus Aktien und zu 40 Prozent aus Anleihen zusammengesetzter Fonds hat im selben Zeitraum 9 Prozent Kursanstieg im Jahr verbucht.
(Bloomberg/cash)