Von einer Neuausrichtung oder von mangelnder Orientierung am Devisenmarkt ist derzeit die Rede. Denn verschiedene Ungewissheiten machen es den Marktakteuren schwer, klare Tendenzen bei den Wechselkursen zu erkennen. Das betrifft auch den Schweizer Franken, der in den letzten Wochen gegenüber mehreren Währungen an Wert verloren hat. Weil momentan Dollar und Euro die grösste Aufmerksamkeit bekommen, ist der Franken allerdings eher zu einem Nebenschauplatz geworden.

Zuletzt war es der Handelsstreit zwischen den USA und China, der den Dollar etwas unter Druck setzte. Im ersten Quartal des laufenden Jahres ist der Euro-Dollar-Kurs von unter 1,20 auf zwischenzeitlich über 1,25 gestiegen. Zum Franken hat sich die US-Währung in den letzten Wochen aber gar verteuert, wie der folgende Chart zeigt.

Euro-Franken (rot), Dollar-Franken (grün) und Yen-Franken (lila) im Verlauf der letzten zwölf Monate (Quelle: cash.ch)

"Der Franken hat in den letzten Monaten keine Anzeichen eines sicheren Hafens mehr gezeigt", sagt Roland Kläger, Leiter Investment Office der Bank Raiffeisen. Viel eher habe die Beliebtheit von Gold, japanischem Yen oder sicheren Staatsanleihen während den jüngsten Marktturbulenzen zugenommen. Der Euro-Franken-Kurs, im letzten Juli noch bei 1,10, notiert mittlerweile nahe 1,18.

Wann traut sich die EZB?

Der Euro seinerseits hat seit rund einem Jahr sukzessive an Wert gewonnen. Gegenüber dem Dollar waren es in den letzten 52 Wochen +15 Prozent. Einerseits haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa und der Euro-Zone laufend verbessert. Andererseits deutet die Europäische Zentralbank (EZB) seit geraumer Zeit eine geldpolitische Normalisierung an. Nicht einmal die Irrungen und Wirrungen der italienischen Politik konnten dem Euro zuletzt dauerhaft etwas anhaben.

Vieles spricht mittlerweile dafür, dass die Zinsen in der Euro-Zone bald steigen werden. "Wenn die EZB diese Gelegenheit nicht für eine Zinserhöhung nutzt, wäre ich sehr überrascht", sagt Ökonom Kläger. Um die Zinsdifferenz zum Euro-Raum nicht zu gross werden zu lassen, müsste dann auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit den Leitzinsen rauf, die seit Ende 2014 im negativen Bereich stehen. Das könnte zum Beispiel im März 2019 erstmals der Fall sein.

Bis es soweit ist, erwarten viele Beobachter einen seitwärts laufenden Euro-Franken-Kurs mit gelegentlichen Ausschlägen. Laut Raiffeisen dürfte sogar die Marke von 1,20 noch im laufenden Jahr geknackt werden. Ganz anders die Prognose der St.Galler Kantonalbank (SGKB). Ihre Währungsspezialisten rechnen auf drei Monate hinaus mit einem Euro-Franken bei 1,16, mit Blick auf zwölf Monate mit einem Kurs von 1,13.

Probleme bleiben bestehen

Auch bei der SGKB sieht man die Euro-Zone zwar in einer "Schönwetterphase", was sich in der Stärke der Gemeinschaftswährung widerspiegle, wie Strategieanalyst Daniel Wachter im Gespräch sagt. "Doch es bleiben Probleme bestehen. Dazu gehören die teilweise hohen Schuldenquoten oder fehlende Reformen." In Italien zum Beispiel, wo seit Wochen um eine Regierungsbildung gerungen wird, beträgt die Verschuldung 130 Prozent des Bruttoinlandprodukts.

Blieben diesbezüglich Verbesserungen aus, könnte das die Marktstimmung wieder negativ beeinflussen, so der Währungsexperte Wachter. Auch die Funktion des Schweizer Frankens als Fluchtwährung schreibt er deshalb noch nicht ab.

Auch für die Schweizer Exportwirtschaft ist Entspannung erst teilweise angesagt. Ausfuhren in den Euro-Raum sind in den letzten Monaten klar billiger geworden. Sie machen rund 50 Prozent  der gesamten Schweizer Exporte aus. Zum Dollar ist der Franken über die letzten zwölf Monate aber 4,5 Prozent stärker geworden. Auf die USA und Asien, wo der Dollar ebenfalls dominiert, entfallen rund 40 Prozent der Schweizer Ausfuhren.