Während sich zahlreiche Märkte und Aktien seit dem Jahreswechsel steigern konnten, fällt der Wert von Tesla an der Börse in den letzten fünf Monaten fast pausenlos. Der Kursrückgang seit dem 1. Januar beläuft sich aktuell auf 42 Prozent. Mitte Dezember befand sich der Titel des Elektroautospezialisten bei 376,79 Dollar. Heute kostet die Nasdaq-kotierte Aktie noch 190,63 Dollar.
Zuletzt hat sich der Ausverkauf der Tesla-Aktie noch akzentuiert. Allein seit Anfang Mai beträgt das Minus 18,5 Prozent. Dazu beigetragen hat das Urteil eines Analysten, der bis vor kurzem als "Tesla-Bulle" gegolten hatte. Adam Jonas von Morgan Stanley schrieb, im schlimmsten Falle könne die Aktie auf 10 Dollar fallen. Davor hatte das "Worst-Case"-Kursziel bei 97 Dollar gelegen. Als Hauptgrund nannte Jonas, dass Tesla in China nur die Hälfe des prognostizierten Absatzes erreichen könnte.
Der Kurs der Tesla-Aktie seit Anfang 2019 (Grafik: cash.ch).
Zwar beträgt Jonas’ Normal-Case-Kursziel für Tesla immer noch 230 Dollar – aber sein Kommentar zeigt, wie nervös die Experten an der Wall Street bezüglich dieses Unternehmens geworden sind. Andere Analysten äussern sich ebenfalls kritisch zu den Aussichten. Die Citigroup etwa sieht die Möglichkeit, dass der Tesla-Kurs auf 36 Dollar hinunterkrachen könnte.
Die vergangenen Wochen waren für Tesla nicht gut. Vor knapp zwei Wochen fielen die Valoren an einem Tag um 7,6 Prozent, nachdem sich die einflussreiche amerikanische Verkehrsbehörde NTSB zu einem tödlichen Unfall mit einem Tesla Model 3 im März geäussert hatte. Der Autopilot sei vor dem Unfall aktiviert gewesen, sagte das NTSB und nährte damit neue Zweifel, ob die Sicherheitssysteme von Tesla zuverlässig seien. Schon früher hatte es Unfälle gegeben, die Tesla nicht gut hatten aussehen lassen.
Tesla's stocks and bonds are getting hammered, including a drop below $200 a share by the stock earlier in the day for the first time since 2016. Investors are worried about the cash burn as well as the newest NTSB investigation. https://t.co/Qx2hUGoP5A #Tesla #teslamodel3 pic.twitter.com/iSwDwJt7Uw
— Paul Eisenstein (@DetroitBureau) 20. Mai 2019
Allerdings: Auch wenn der Aktienkurs in den vergangenen fünf Monaten de facto nur noch den Weg nach unten kannte, hat sich der Autohersteller am Markt weiter vorgearbeitet. Im März wurde der kompakte SUV-Crossover Model Y vorgestellt, der die bestehende Modellpalette mit dem S (Luxuslimousine), dem Model X (Kombilimousine der gehobenen Kategorie) und dem Model 3 (Mittelklasseauto) abrundet.
Im ersten Quartal steigerte Tesla den Umsatz von 3,4 auf 4,5 Milliarden Dollar. Das Problem ist aber die Profitabilität: Seit Tesla an der Börse ist, waren nur drei Quartale überhaupt profitabel. Das bisher letzte berichtete Quartal brachte ein Minus von 702 Millionen Dollar mit sich. Noch immer hat der Spruch Gültigkeit, wonach Tesla zwar kein Benzin verbrenne, dafür aber jede Menge Geld.
Manche setzen nun auf einen Verkaufserfolg der günstigeren Modelle 3 und Y. Vor allem auf dem Model 3, das nach Anlaufschwierigkeiten 2018 auf den Markt gekommen ist, ruhten bisher grosse Profitabilitätshoffnungen. Nun aber legen die Zahlen nahe, dass die billigeren Modelle den Verkauf der teureren S- und X-Reihen bremsen.
In der Schweiz schafft es Tesla nach vorne: Erstmals Elektroauto an der Spitze |
Kommentare wie die des Morgan-Stanley-Analysten Jonas zu Absatzschwierigkeiten verstärken nun Anlegerbefürchtungen, dass Tesla nicht aus den Problemen gelangt. Ob Tesla 2019 das avisierte Verkaufsziel von 360'000 bis 400'000 Autos erreicht, ist umstritten. Während sich die Modelle nicht wie erwartet verkaufen, wird dauernd über neue Projekte wie einem E-Sattelschlepper gesprochen.
Dazu kommt die zum Teil erratische Kommunikationspolitik von Tesla-Chef Elon Musk. Eine Zeit lang sagte er, Tesla müsse sich kein neues Kapital beschaffen. Im Zusammenhang mit der Publikation der Quartalszahlen äusserte er dann aber wieder, Tesla müsse eventuell neue Geldquellen anzapfen. Anfang Mai wurde dann eine Kapitalerhöhung angekündigt. Gleichzeitig wurde der Spardruck im Unternehmen erhöht. Das heisst: Trotz allem besteht für Tesla immer noch die Gefahr, dass das Geld ausgeht.
Die Analysten der grossen Wall-Street-Banken sehen Tesla kritisch und raten trotz des tiefen Kurses von einem Einstieg ab. Wer Tesla-Aktien kauft, muss nach wie vor vom Erfolg weiterer Projekte überzeugt sein und auf künftige Gewinne wetten. Was Tesla zweifelsfrei besitzt, ist eine sehr starke Marke und das Verdienst, das bisher innovativste Elektroauto überhaupt entwickelt zu haben. Bei den Geschäftszahlen und der Frage nach einer nachhaltigen Profitabilität kann man hingegen weiter nur mutmassen, ob Elon Musk hält, was er verspricht.