Nach einem sorglosen Finanzmarktjahr 2017 geht es 2018 weitaus ruppiger zu und her: Die Aktienmärkte kämpfen gegen Rückschläge an, der Handelsdisput der USA mit Europa und China spitzt sich immer stärker zu und ausgehend aus Italien droht der Ausbruch der nächsten EU-Krise. 

In Anbetracht der vorherrschenden Unsicherheit müssten Anleger sich das in Krisenzeiten gefragte Gold förmlich aus den Händen reissen. Tun sie aber nicht. Stattdessen hat sich Gold seit Jahresbeginn sogar um 6 Prozent auf 1230 Dollar pro Unze vergünstigt. Am letzten Donnerstag erreichte das Edelmetall bei 1212 Dollar sogar den tiefsten Stand der letzten 52 Wochen.

Entwicklung des Goldpreises in den letzten 52 Wochen, Quelle: cash.ch

Was setzt dem Goldpreis so zu? "Der starke Dollar hat die Goldpreis-Korrektur der letzten Monate ausgelöst", sagt Simon Lustenberger, Anlagestratege der Zürcher Kantonalbank (ZKB), auf cash-Anfrage. Im Juni signalisierte die US-Notenbank ausserdem zwei zusätzliche Zinsschritte für dieses Jahr. Das habe den Goldpreis weiter belastet, da dies so noch nicht eingepreist gewesen sei. "Potenzielle Goldpreistreiber wie ein möglicher Handelskrieg wurden dadurch überlagert."

Gegenüber dem Franken hat sich der Dollar in diesem Jahr um 1,7 Prozent aufgewertet, zum Euro sind es sogar 2,4 Prozent. Da Gold in Dollar gehandelt wird, dämpft der stärkere Greenback die Nachfrage nach dem Edelmetall. Auch die Zinswende in den USA - die gleichzeitig den Dollar erstarken lässt - darf nicht vernachlässigt werden: Inzwischen rentieren zehnjährige US-Staatsanleihen mit beinahe 3 Prozent, gleichzeitig hält sich die Inflation in einem überschaubaren Rahmen. 

"Wieso ein Asset halten, welches keine Rendite abwirft, wenn man US-Staatsanleihen oder sogar Aktien von Firmen mit guten Gewinnaussichten haben kann?",  fragt Rohstoffexperte Harry Tchilinguirian von BNP Paribas in einem Bloomberg-Interview rhetorisch. Tatsächlich leidet die Goldattraktivität unter den gut verzinsten US-Anleihen und den (zumindest in den USA) noch gut laufenden Aktien.

Was es für eine Goldpreis-Rallye braucht

Wenn sich der immer mehr zuspitzende Handelsstreit der USA mit China und der EU plötzlich in einer starken Aktienmarktkorrektur niederschlagen würde, wäre dies ein Trigger für einen stärkeren Goldpreis - darüber herrscht bei den Marktbeobachtern weitgehend Einigkeit. Nur ist die Eintretenswahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios nur sehr schwierig einzuschätzen. Manche, wie etwa die Grossbank BNP Paribas, halten das Szenario gar für wenig wahrscheinlich.

Vor diesem Hintergrund prognostiziert der französische Finanzkonzern für 2019 einen Goldpreis bei gerade Mal noch 1100 Dollar, was nochmals 10 Prozent unter dem aktuellen Wert läge. Die Anleger würden sich nicht zu einem Goldkauf verleiten lassen, da schlicht die Nachfrage nach einem sicheren Hafen fehlen würde, lautet die Begründung.

Etwas bullisher zeigt sich Lustenberger von der ZKB: Zwar zeichne sich in nächster Zeit keine unmittelbare Dollarschwäche ab, doch sei die Korrektur des Goldpreises seiner Meinung nach zu stark gewesen. "Gold hat stärker gelitten, als andere Währungen im Vergleich zum Dollar verloren haben", so der Stratege. Sein 12-Monats-Kursziel für Gold liegt bei 1300 Dollar pro Unze - immerhin 6 Prozent über dem aktuellen Preis.

Zinsfantasien in Europa könnten helfen

Auch die Charttechnik macht Goldliebhabern etwas Mut: Ende 2017 konnte der damalige Kursverfall genau bei dem aktuellen Niveau gestoppt werden. Was folgte, war eine Rallye um mehr als 100 US-Dollar pro Unze, schreibt der Vermögensverwalter Blackrock in einem Kommentar.

Wer auf einen höheren Goldpreis hofft, kann als weiteres Argument die sich anbahnende Zinswende in Europa einbringen: 2019 dürften in der EU und in der Schweiz erstmals Zinsfantasien ins Spiel kommen und den Euro sowie den Franken gegenüber dem Dollar stärker machen. Gemäss Lustenberger käme diese Dollarschwäche dem Goldpreis zugute.