"Vermögensverwaltung ist nur für Reiche? Es geht bereits, wenn man 5000 Franken anlegt!": Mit diesem Argument wirbt Digifolio, ein vor wenigen Monaten aufgelegtes Robo-Advisory-Angebot der Basellandschaftlichen Kantonalbank BLKB. Eine Beratung gibt es beim Robo Advisor nicht, das Anlagegeschäft erfolgt elektronisch. Der Vorteil: tiefe Kosten. Und mit den niedrigen Mindest-Investments richten sich Robo Advisor, ein Kind der Digitalisierung, klar auch an jüngere Kunden.
In der Schweiz verrechnen die Anbieter TrueWealth, Elvia eInvest oder der Investomat der Kantonalbank von Glarus pauschal zwischen 0,5 und 0,6 Prozent Gebühren auf dem verwalteten Vermögen. Auch bei weiteren in der Schweiz tätigen Robo-Advisors liegt diese Grundlagen-Gebühr in einem ähnlichen Rahmen (siehe Tabelle).
Anlageberatungen und vor allem Vermögensverwaltungsmandate bei Privat- und Grossbanken sind dagegen eine kostspieligere Dienstleistung: Ein Aktienmandat von 500'000 Franken zieht im Schnitt gut 7000 Franken Kosten mit sich, was 1,4 Prozent des angelegten Vermögens entspricht. Das Angebot dort richtet sich aber auch an wohlhabende Kunden, die für diesen Preis eine engmaschige Beratung und Betreuung durch die Bank wünschen. Die Faustregel besagt noch immer: Mit weniger als einer halben Million wird man bei Privatbanken nicht Kunde.
Anlageberatung ist teurer
Neben der teuren Vermögensverwaltung gibt es günstigere Anlageberatungs-Packages, mit denen vor allem Kantonal- und Regionalbanken Kunden gewinnen wollen. Die preislich tiefsten Anbieter wie die Basler Kantonalbank und ihre Tochter Bank Cler verlangen für ein Anlageberatungs-Mandat pauschal 1000 Franken. Dieser Betrag relativiert sich mit der Höhe des verwalteten Vermögens: Wenn aber davon ausgegangen wird, dass Robo Advsiors auch schon Kunden mit vier- und tiefen fünfstelligen Anlagevermögen anziehen sollen, ist das Bank-Angebot klar teurer.
Mit den Kosten wiederum verbunden ist die Art der Anlagen, in die das System investiert. Die meisten Robo Advisors investieren nur in ETF, die sie in der Regel von grossen Anbietern beziehen. Von den unten aufgelisteten Anbieter erlauben nur VZ Finanzportal, SaxoSelect und Descartes Finance die Investition in Einzeltitel.
ETF oder Exchange Traded Funds bilden Indices nach, seien es Aktien-Barometer wie den SMI oder den Dax, aber auch Indices auf anderen Anlagekategorien. ETF werden typischerweise "passiv" verwaltet, also ohne zuständigen Fondsmanger. Damit sind sie generell günstiger als Fonds, wo die aktive Bewirtschaftung der Investments höhere Kosten verursacht.
Zusätzliche Kosten sind unvermeidlich
Doch Vorsicht: Auch bei Robo-Advisory kommen (nebst Steuern) zusätzliche Kosten auf die Kunden zu. Bei ETF ist wie bei anderen Fonds die so genannte TER fällig, also die Total Expense Ratio, die eine Reihe von Fondskosten im Lauf eines Geschäftsjahres umfasst. Diese Gebühr – teilweise wird einfach von "Produktkosten" gesprochen - umfasst je nach Anbieter zwischen 0,18 und 0,3 Prozent. Wer manuell in den Anlageprozess eingreifen will, zahlt dafür beispielsweise bei der GLKB oder Swissquote zusätzlich.
Klar muss aber auch sein: Wer in aktiv verwaltete Fonds investiert ist, wie das bei der klassischen Vermögensverwaltung üblich ist, bezahlt in aller Regel eine deutliche höhere TER. Diese Kosten rangieren zwischen 1 bis 1,5 Prozent, bei prestigeträchtigen Fonds sind sie noch höher.
Unterschiedliche Ansätze
Der Begriff Robo Advisor ist streng genommen eigentlich nicht ganz passend. Unter dem "Roboter" zu verstehen sind Algorithmen und mathematische Systeme, welche die Anlagenverwaltung steuern. Auch "Advisory", sprich Beratung, gibt es im klassischen Sinne nicht. Der Kunde soll dem System vertrauen und nicht einem physischen Bankberater.
Der Kunde muss dafür zumindest sein Risiko selbst abschätzen können. Ermittelt wird dies mithilfe eines Fragebogens. Auf den Websites der Anbieter findet sich dazu auch Erklärmaterial: Aktien haben in aller Regel ein höheres Risiko, Anleihen ein tieferes, Rohstoff oder Immobilieninvestments sowie Barbestände dienen der Ausbalancierung und Diversifizierung des Portefeuilles. Einige der Anbieter verfügen über ein Demo-Konto, wo eine Anlage zunächst einmal simuliert werden kann.
Unterschiede tun sich auf, was die Verfeinerung der Anlagestrategie betrifft:
- TrueWealth, Elvia eInvest wie auch Digifolio und Simplewealth investieren gemäss Risikoprofil des Kunden in eine Reihe feststehender ETF. Dabei findet ein automatisches Rebalancing statt. Das heisst, durch Zu- und Verkäufe zu gewissen Zeitpunkten werden die ursprüngliche Struktur des Portefeuilles und das Risiko-Rendite-Profil erhalten. Der Kunde muss sich vor allem damit auseinandersetzen, was für ein Risiko er eingehen will, alles andere erfolgt automatisiert. Swissquote deckt nach eigenen Angaben die gängigen Asset-Klassen ab und macht dies hauptsächlich mit ETFs und Aktien.
- Der GLKB-Investomat arbeitet mit thematischen ETF, während SaxoSelect verschiedene Portfolios anbietet. Auch Selma Finance verfügt über Wahlmöglichkeiten. Das VZ Finanzportal bietet ETF, Aktien sowie auch aktiv verwaltete Fonds wie auch ein Risikomanagement über den Robo Advisor an. Der Kunde muss bei solchen Angeboten eine gewisse Auswahl treffen und sich mit bestimmten Einzelanlagen oder Anlageklassen eingehender beschäftigen. Möglich ist aber auch, während der Laufzeit des Kontos die Investments zu verändern.
- Descartes Finance wirbt mit einer digitalen Verwaltung über eine Reihe von Finanzinvestments, unter anderem auf den Modellen von Asset Managern. Die Kunden sind dazu aufgefordert, ihre Strategien selber zu gestalten. Descartes Finance dürfte angesichts des Mindestbetrags von 20'000 Franken auch vestärkt daran interessiert sein, eine tendenziell finanzmarktaffinere Kundschaft anzuziehen.
Anbieter | Mutter- gesellschaft | Depotbank | Mindestbetrag (Fr.) | Gebühren/Jahr | Zusätzliche Kosten/ Gebühren |
Truewealth | BLKB | Saxo Bank CH | 8500 | 0,5% | TER |
Elvia e-Invest | Allianz Suisse | Saxo Bank CH | 5000 | 0,55% | TER |
Investomat GLKB | Glarner KB | Glarner KB | 5000 | 0,6% | TER/Manuelle Eingriffe |
Swissquote ePrivate Banking | Swissquote | Swissquote | 10'000 | 0,5%* | Manuelle Eingriffe |
VZ Finanzportal | VZ Holding | VZ Depotbank | Je nach Anlage*** | 0,55 -1,25%** | TER/Börsengebühr |
SaxoSelect | Saxo Bank | Saxo Bank CH | 20'000 | 0,85% | Produktkosten |
Digifolio | BLKB | BLKB | 5000 | 0,75% | Produktkosten |
Descartes Finance | - | UBS / Vontobel | 20'000 | 0,3 - 0,8% | Fonds/Depot |
Simplewealth | - | Interactive Brokers (USA) | 5000 | 0,5% | Fonds |
Selma Finance | - | Saxo Bank CH | 5000 | 0,72% | TER |
*plus Admin-Gebühr, abhängig von Vermögen / **ab 1 Mio. Vermögen z.T. Staffeltarife / ***500, 10'000 oder 50'000 Franken
Angaben: Moneyland/cash.ch
Geschützt sind Robo-Advisory-Kunden übrigens durch die Depotbanken, auf denen die Vermögen liegen. Diese sind Finma-reguliert. Neben tiefen Kosten hat man mit Robo Advisory gute Chancen, in Sachen Rendite aktiv gemanagte Anlagestrategien zu schlagen. Dennoch ist die Welt der automatisierten Anlage noch ein sehr kleiner Markt.
Das Vergleichsportal Moneypark hat nur von einzelnen Anbietern ungefähre Angaben zur Höhe der verwalteten Vermögen erhalten, die sich aber in maximal dreistelliger Millionenhöhe befinden. Lediglich das VZ Finanzportal gibt an, die Vermögen reichten an die zwei Milliarden Franken heran. Damit sind Robo Advisors noch keine grosse Konkurrenz für Geschäfts- und Privatbanken. Zum einen haben viele Kunden kein Vertrauen in eine "Maschine", zum anderen sind in der Schweiz vor allem ältere Anlagekunden puncto Bankbeziehungen äusserst konservativ. Schaut diese Kundengruppe in den nächsten Jahren aber verstärkt auf den Preis, könnte Robo Advisory in Zukunft deutlichen Zulauf erhalten.
Schon heute gibt es Finanzmarktbeobachter, welche wohlhabende Privatkunden in einigen Jahren bei den Robo Advisors sehen. Verstärkt wird der Trend durch die junge Kundschaft, die zu Digitalisierungsprodukten naturgemäss ein näheres Verhältnis hat als die ältere Generation.