(aktualisierte und ergänzte Version des Artikels vom 27.12.16)
Ein ereignisreiches Börsenjahr ist zu Ende. Ein Börsenjahr auch, das mehrmals weniger turbulent verlief als angenommen. Brexit, Trump-Wahl und Renzi-Referendum wurden an den Finanzmärkten jeweils sehr rasch verdaut. Und doch beendet die Schweizer Börse das Jahr mit einem satten Minus: Der Swiss Market Index (SMI) verliert im 12-Monats-Vergleich knapp 6,4 Prozent. Seit 2011 hat der Schweizer Leitindex kein ähnlich schlechtes Jahr mehr erlebt. Der breit gefasste Swiss Performance Index verliert 2016 nur 1,2 Prozent.
Das hat seinen Grund: 2016 ging als ein Börsenjahr in die Geschichte ein, in dem sich Nebenwerte viel besser entwickelten als grosskapitalisierte Aktien wie Nestlé (-3 Prozent), Novartis (-15 Prozent) oder Roche (-16 Prozent). Das schlechte Abschneiden dieser drei Schwergewichte, die für rund 60 Prozent der SMI-Performance verantwortlich sind, ist der Hauptgrund für die negative Jahresbilanz der Schweizer Börse.
Wie sieht es diesbezüglich für nächstes Jahr aus? Die Pharma-Aktien Novartis und Roche gelten nach dem "Annus horribilis" vielerorts als Einstiegskandidaten. Mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen von 15 haben die Titel zumindest auf der Bewertungsseite Aufholpotenzial. Und Donald Trump soll Pharmafirmen an der längeren Leine halten als es seine Konkurrentin Hillary Clinton angedroht hatte. Allerdings ist derzeit noch nicht viel von einem Trump-Effekt zu spüren. Auch weil viele Anleger in Erwartung eines höheren Wirtschaftswachstums derzeit mehr auf konjunktursensitive als auf defensive Aktien setzen.
Bankaktien finden nicht aus dem Tief
Das müsste eigentlich auch den Banken in die Karten spielen. Doch auch die Grossbankaktien Credit Suisse (-33 Prozent) und UBS (-19 Prozent) haben ein Jahr zum Vergessen hinter sich. Trotz jüngster Zinserhöhung in den USA befinden sich die Zinsen auf globaler Ebene immer noch im Keller. Das drückt den Geldhäusern auf die Marge und erschwert ihnen zudem die dringend nötigen Umbauarbeiten. Ausstehende Bussen in unbekannter Höhe lassen die Investoren zusätzlich zurückschrecken. Ebenfalls ein schlechtes Jahr zogen die Uhrenhersteller Richemont und Swatch ein - seit 17 Monaten befinden sich die Schweizer Uhrenexporte im Sinkflug.
Die SMI-Siegerstory schlechthin schreibt die Biotech-Aktie Actelion. Übernahmephantasien haben die Basler in den letzten Wochen regelrecht in die Höhe katapultiert. Actelion ist rund 60 Prozent mehr wert als vor zwei Monaten. Jetzt noch einsteigen oder nicht? In der aktuellen Brautschau ist es unmöglich, den nächsten Schritt vorherzusehen. Die vielen kursierenden Gerüchte machen die Titel spekulativ und risikoreich. Aber eine Übernahme von Actelion wird immer wahrscheinlicher.
Eher rational zu begründen sind die Kursgewinne der Industrietitel ABB (+19 Prozent) und Geberit (+20 Prozent). ABB-Aktionäre können sich nach Jahren des Kurszerfalls gar wieder über Preise von mehr als 20 Franken freuen. Inwiefern die beiden Unternehmen von Donald Trumps angekündigtem Infrastrukturprogramm profitieren werden, ist ungewiss. Klar ist jedoch, dass Europas grösster Sanitärtechniker Geberit schon lange auf operativer Ebene überzeugt, sich mit Blick auf das vierte Quartal aber eher vorsichtig äusserte.
Beste und schlechteste Aktien im SMI 2016
Top-Aktien | Performance seit 01.01.16 in % | Flop-Aktien | Performance seit 01.01.16 in % |
Actelion | +58 | Credit Suisse | -33 |
Geberit | +20 | UBS | -19 |
ABB | +19 | Roche | -16 |
Zurich | +8 | Novartis | -15 |
SGS | +7 | Swisscom | -10 |
LafargeHolcim | +7 | Swatch | -10 |
Swiss Life | +5 | Richemont | -7 |
Syngenta | +2 | Adecco | -4 |
Givaudan | +1 | Julius Bär | -3 |
Nestlé | -3 | Swiss Re | -3 |
Quelle: cash.ch (Stand 30.12.16)
Wie bereits angedeutet, kommen die wahren Schweizer Überflieger-Aktien 2016 aus der zweiten Reihe. Industriewerte wie Adval Tech, Arbonia Forster oder Bobst beenden das Jahr mit mehr als 57 Prozent Kursgewinn. Firmen, die sich offenbar gut mit dem starken Schweizer Franken arrangieren können und die in bestimmten Nischen zu den Marktführern gehören.
Ungewöhnlich für ein Finanzinstitut steht ganz oben in der Tabelle die Westschweizer Privatbank Banque Profil de Gestion (+216 Prozent). Nach einem verhaltenen Jahresstart stiegen die Titel im vierten Quartal sehr stark an. Zwar kehrte die Bank unlängst wieder in die Gewinnzone zurück. Aber häufig standen die Kurssprünge nicht im Zusammenhang mit Neuigkeiten. Allein in der letzten Börsenwoche des Jahres gewannen die Aktien fast 40 Prozent. Das zeigt, wie stark die spekulativen Einflüsse auf den Kursverlauf sind und wie stark sich die Kurse bei dünnen Volumen bzw. geringer Anzahl ausstehender Aktien bewegen – dementsprechend vorsichtig sollten sich Anleger auch in Zukunft verhalten.
Geschäft mit Lebensmitteln läuft rund
Daneben sorgte auch der Nahrungsmittelsektor für eine beeindruckende Performance (Nestlé ausgenommen). Orior (Convenience-Food, +22 Prozent), Bell (Fleischerverarbeitung, +30 Prozent) und die Milchverarbeiter Emmi (+36 Prozent) und Hochdorf (+86 Prozent) können nicht zum ersten Mal überzeugen. Im Fall von Hochdorf steckt viel Kursfantasie im Konzernumbau von Magermilchpulver in Richtung margenstarke Babynahrung.
Ganz hinten schliesslich reihen sich bekannte und weniger bekannte Sorgenkinder ein. Da sind einerseits die Finanztitel von Leonteq (-62 Prozent). Unlängst wurde der Kursrückgang des Derivat-Spezialisten nach einer Gewinnwarnung (dies nur eine Woche nach dem Investorentag) noch akzentuiert. Vorsicht ist auch beim Meyer Burger (-89 Prozent) angebracht. Der Solar-Zulieferer braucht immer wieder frisches Geld, die Aktie ist nicht einmal mehr einen Franken wert. Auch die angeschlagene Accu-Holding (-98 Prozent) steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Die Aktien werden ab dem 3. Januar 2017 bis auf weiteres vom Handel an der Schweizer Börse suspendiert. Accu ist laut SIX nicht mehr in der Lage, die Aufrechterhaltungspflichten zu erfüllen.
Zehn beste und schlechteste Aktien im SPI 2016
Top-Aktien | Performance seit 01.01.16 in % | Flop-Aktien | Performance seit 01.01.16 |
Banque Prof. Gestion | +216 | Accu Holding | -98 |
Hochdorf | +86 | Meyer Burger | -89 |
Bachem | +77 | Swissmetal | -76 |
Bobst | +70 | Leonteq | -62 |
Logitech | +66 | Orascom | -50 |
Arbonia | +59 | Gottex | -47 |
SNB | +58 | Kuros | -45 |
Adval Tech | +57 | EFG International | -43 |
Aevis Victoria | +52 | Santhera | -41 |
Goldbach | +47 | Perfect | -40 |
Quelle: cash.ch (Stand 30.12.16)