Die Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China verleiht dem Franken noch mehr Auftrieb. Am frühen Freitagmorgen lassen sogenannte Safe-Haven-Käufe den Franken im asiatischen Handel gegenüber dem Euro weiter steigen. Der Euro fällt vorübergehend auf 1,0950 Franken und damit auf den Stand von Juli 2017.
Darf man Charttechnikexperten Glauben schenken, dann hat das Währungspaar den Boden noch immer nicht erreicht.
Euro ist charttechnisch angeschlagen
Wie Mensur Pocinci und Alexis Chassagnade von Julius Bär schreiben, verläuft bei 1,0950 Franken eine wichtige charttechnische Schlüsselunterstützung. Wird diese nach unten verletzt, sehen die Autoren der Publikation "Technical Investment Strategy" den Euro auf 1,06 Franken zurückfallen. Dort notierte das Währungspaar letztmals Ende April 2017.
Seit gut einer Woche raten Pocinci und Chassagnade ihrer Leserschaft, Euro-Franken-Engagements zu veräussern. Das widerspricht früheren Empfehlungen der beiden Experten (cash berichtete).
Verlauf des Euro-Franken-Kurses seit 2015 (Quelle: Rolf Bertschi, Global Chart Outlook)
Ebenfalls vorsichtig gibt sich der früher für die Credit Suisse tätige und heute selbständige Rolf Bertschi in seiner wöchentlich erscheinenden Publikation "Global Chart Outlook". Auch er hält das Währungspaar für angeschlagen und wähnt es auf dem Weg in Richtung von 1,06 Franken. Allerdings macht Bertschi erst bei 1,09 Franken und nicht bei 1,0950 Franken eine entscheidende Unterstützungsmarke aus.
In einem Punkt sind sich die Charttechnikexperten jedoch einig: Selbst wenn der Euro nicht unter 1,0950 oder 1,0900 Franken tauchen sollte, bleibt die europäische Einheitswährung angeschlagen.
Anhaltspunkte für eine intervenierende SNB
Wie der im Mandat für die UBS Investmentbank tätige Michael Riesner ergänzt, hat die Situation seit April kontinuierlich eine Verschlechterung erfahren. Aufgrund der mittlerweile stark überverkauften Situation schliesst der bekannte Charttechnikexperte kurzfristige Erholungsversuche zwar nicht kategorisch aus. Solange der Euro aber nicht über 1,12 Franken zurückfindet, erwartet auch er in den Spätsommer hinein einen weiteren Rücksetzer in die Region von 1,08 bis 1,06 Franken.
Ein gewichtiges Wort mitzureden hat die Schweizerische Nationalbank (SNB). Wie sich von den zu Wochenbeginn veröffentlichten Statistiken zur Entwicklung der Franken-Sichtguthaben ableiten lässt, könnte die SNB zuletzt wieder mit Fremdwährungskäufen gegen eine weitere Aufwertung des Frankens interveniert haben. Beobachter warten nun ab, ob sich diese Vermutung am kommenden Mittwoch erhärten lässt, wenn die SNB über den Stand der Devisenreserven per Ende Juli informiert.
Die Interventionen kämen nicht von ungefähr, liegt der Euro-Franken-Kurs mittlerweile doch um gut 4 Prozent unter dem Stand von Ende April. Im Jahresvergleich errechnet sich sogar ein Minus von über 5 Prozent.