Während sich die Bewertungen vieler risikobetonteren Anlageformen als überzogen herausstellen dürften, liegt die Volatilität in der Nähe von Rekordtiefs. Man muss nicht darüber spekulieren, wie sich die neue Coronavirus-Situation weiterentwickeln wird – es gibt genug Faktoren, die in der neuen Woche zu einer starken Risikoaversion führen werden.

Die Krankheit hat sich global ausgebreitet und die chinesischen Behörden erklärten am Sonntag, dass die Virusübertragungen zunehmen. Da es Anzeichen dafür gibt, dass die Krankheit schon lange vor dem Auftreten von Symptomen ansteckend sein kann, könnte sich mit zunehmenden Fällen die Lage in den nächsten Tagen weiter zuspitzen.

Vor weniger als zwei Wochen argumentierte ich in dieser Kolumne, dass nur ein Black-Swan-Ereignis an den teuren Aktienmärkten zu einer Abwärtskorrektur führen würde, da sich am Horizont kein offensichtlicher negativer Impulsgeber abzeichnete. Dieser Ausbruch hat das Potenzial, ein solches Ereignis zu sein. 

Im Gegensatz zu Nahostkonflikt oder Nordkoreas Raketentests dürfte Corona ein Katalysator mit Wirkung sein. Der Grund: Für Kleinanleger steht das Thema im Mittelpunkt. Filme wie Outbreak und Contagion haben gezeigt, dass die Angst vor einem Virusausbruch in der breiten Bevölkerung einen Nerv trifft. Es ist eine verständliche Phobie, die an die eigene Haustür reichen kann – anders als Konflikte, die in der Ferne ausgetragen werden.

Stimmungsumschwung: Eine Frage von Tagen oder gar Wochen

Ein grosser Teil der chinesischen Wirtschaft ist zum Erliegen gekommen: Restaurants und andere öffentliche Orte sind geschlossen, der Verkehr blockiert und öffentliche Veranstaltungen werden abgesagt. Und das geschieht in einer Zeit, die normalerweise von starkem Konsum geprägt ist, was nicht nur das Wachstum der Binnenwirtschaft belastet, sondern auch weltweit spürbare Auswirkungen hat. Schliesslich ist China für viele Volkswirtschaften der Wachstumsmotor.

Die Nachricht von der Ausbreitung des Virus liess aufhorchen, zumal die Volatilität der Vermögenswerte auf neue Tiefststände gesunken war und viele Märkte – von Aktien bis zu Anleihen – mit historisch extremen Bewertungen gehandelt wurden. Investoren haben gutes Geld verdient und haben nun einen triftigen Grund, Gewinne mitzunehmen.

Die Strategie der meisten Trader wird nicht ausgefeilt sein. Muss sie auch nicht: Es wird darum gehen, das Risiko zu verringern und den Verschuldungsgrad abzubauen. Vermögenswerte mit einer zuvor überdurchschnittlichen Entwicklung werden nun darunter leiden, auch wenn der direkte wirtschaftliche Zusammenhang nicht offensichtlich ist.

Das mag zwar alles sehr pessimistisch klingen, aber die Geschichte hat gezeigt, dass eine spätere Markterholung nach solchen Ereignissen V-förmig und plötzlich erfolgt. Das wird jedoch erst dann geschehen, wenn der Ausbruch eingedämmt ist und die Angst vor einer globalen Pandemie nachlässt. Es ist klar, dass wir noch mindestens ein paar Tage von diesem Stimmungsumschwung entfernt sind, und möglicherweise auch noch ein paar Wochen.

Mark Cudmore ist ein Makro-Stratege, der für Bloomberg News schreibt.