Die Inflationsrate in den USA ist im Mai mit 8,6 Prozent im Jahresvergleich auf den höchsten Stand seit über 40 Jahren geklettert, wie das US-Arbeitsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Dieser überraschende Anstieg hat die Renditen von Staatsanleihen in die Höhe getrieben, den Dollar weiter gestärkt und den Abwertungsdruck an den Aktienmärkten nochmals erhöht. Der zinssensitive US-Technologieindex Nasdaq 100 verlor am Freitag 3,6 Prozent.
Dass die US-Notenbank Fed am Mittwoch die Leitzinsen um 50 Basispunkte erhöht, wird am Markt schon als gesetzt betrachtet. Händler sehen die Chancen, dass die Fed die Zinsen im Juli um einen dreiviertel Prozentpunkt anhebt, bei 50:50. Derweil sagt Barclays als erste grosse Bank vorher, dass ein solcher Schritt bereits in dieser Woche erfolgen könnte.
Eine aggressivere Fed in der Inflationsbekämpfung und die drohende Konjunktureintrübung ergeben eine brisante Mischung, mit der die Aktienmärkte in den kommenden Monaten zu kämpfen haben. Der Abwertungsdruck dürfte insbesondere für Wachstumswerte anhalten. Doch es gibt Möglichkeiten, wie Anlegerinnen und Anleger auch bei fallenden Kursen Geld verdienen können:
VIX-Wette:
Wenn es Marktturbulenzen gibt, dann wird dies an der Kursentwicklung des "VIX" offensichtlich. Hinter dem vielfach genannten Kürzel steckt die Chicago Board Options Exchange (CBOE). Der "Volatility Index" drückt die erwartete Schwankungsbreite beziehungsweise Volatilität des S&P 500 für die nächsten 30 Handelstage aus. Fällt der S&P 500, steigt in der Regel der VIX und vice-versa.
Da Absicherungsgeschäfte mit der "Anlegerangst" möglich sind, ergibt dies für Anlegerinnen und Anleger Chancen. Diese bestehen beispielsweise darin, VIX-ETF (Exchange Traded Funds) zu kaufen. Diese bilden den Wertverlauf von VIX-Futures nach. Ein bekannter börsengehandelter Fonds ist dabei der "iPath Series B S&P 500 VIX Short-Term Futures ETN (VXX)".
Investoren, die an VIX-ETF interessiert sind, sollten ihre Anlage generell nur für kurze Zeitperioden tätigen. Denn es fallen Rollkosten an, wenn von einem Kontrakt auf den nächsten umgestellt wird. Zudem muss man sich dessen bewusst sein, dass diese ETF die Performance des VIX nicht ideal wiedergeben. Der Ein- und Ausstieg ist daher sehr anspruchsvoll.
Put-Warrants:
Mit einem Put-Warrant haben Anlegerinnen und Anleger das Recht, innerhalb einer bestimmten Frist eine vereinbarte Menge Titel zu verkaufen, und zwar zu einem anfänglich festgelegten Preis, dem sogenannten "Strike". Dafür bezahlt man eine Prämie. Der Kurs des Put-Warrants steigt, wenn der Kurs der Basiswerts sinkt. Bei steigenden Kursen hingegen verliert der Besitzer eines Put-Warrants.
Der Wert der Warrants wird nicht nur vom Kursverlauf des Basiswerts gesteuert. Auch die Restlaufzeit oder die Volatilität beeinflussen den Preis. Dabei gilt: Je geringer die Restlaufzeit, desto günstiger der Warrant. Und je höher die Volatilität, desto teurer der Warrant.
Daher tätigt man ein Absicherungsgeschäft mit einem Put-Warrent wohlweislich in ruhigen Marktphasen. Ideal sind zudem Warrants mit einer Fälligkeit in zwölf oder 18 Monaten. Warrants mit kürzeren Laufzeiten sind nur dann sinnvoll, wenn kurzfristig mit einer starken Kursentwicklung in die eine oder die andere Richtung gerechnet wird.
Eine Übersicht über Put Warrents auf Indizes wie den Nasdaq 100 sowie auf Einzeltitel finden Sie hier.
Mini-Future:
Der Käufer eines Mini-Future muss den Basiswert, sprich den Nasdaq 100 oder SMI, nur zu einem geringen Teil selbst finanzieren. Den Restbetrag, den sogenannten Finanzierungsanteil, übernimmt der Emittent. Gibt nun der Basiswert kräftig nach, profitieren Anleger überproportional. Je höher der Finanzierungsanteil, desto grösser der Hebeleffekt.
Da das Fremdkapital verzinst wird, belastet der Emittent dem Anleger Finanzierungskosten, indem er das Finanzierungslevel täglich anpasst. Anders als bei klassischen Futures ist bei Mini-Futures die Laufzeit nicht begrenzt. Weiter müssen Anleger bei Mini-Futures nie Geld nachschiessen, denn die Instrumente verfügen über eine automatische Verlustbarriere: den Stop Loss Level. Erreicht der Basiswert den Stop Loss Level, verfällt der Mini-Future sofort. Der Emittent berechnet dann den Restwert und zahlt diesen - sofern noch etwas übrig bleibt - aus.
Ein Beispiel für einen Mini-Future auf den Nasdaq 100 finden sie hier.
Short-ETF:
ETF bilden meist einen Börsenindex wie zum Beispiel den Nasdaq 100 ab. Ein Short ETF setzt hingegen darauf, dass der der zugrundeliegende Basiswert sinkt. Konstruiert sind Short ETF mit Derivaten wie Warrants, Futures und Swaps und sind unter anderem deswegen beliebt, weil sie weniger risikoreich erscheinen als Leerverkäufe und im Vergleich zu klassischen Fonds günstigere Bedingungen bieten.
Short-ETF eigenen sich aber nicht als langfristiges Investment, da diese in aller Regel auf täglicher Basis berechnet werden und daher den Kursverlauf des Basiswerts nicht 1:1 abbilden. Wenn die Short-ETF zusätzlich gehebelt sind, können die Einnahmen zusätzlich gesteigert werden - aber das Gleiche gilt für etwaige Verluste.
Ein Beispiel für einen dreifach gehebelten Short ETF auf den Nasdaq 100 finden Sie hier.
Leerverkäufe:
Beim Leerverkauf veräussert eine Anlegerin oder Anleger Wertpapiere, Devisen oder Waren, die er zum Zeitpunkt des Verkaufs gar nicht hat - er leiht sie sich zunächst nur. Der Leerverkäufer hofft, die Basiswerte später für einen günstigeren Preis zu erstehen. Haben diese in der Zwischenzeit tatsächlich an Wert verloren, kann er die Differenz zwischen Kaufpreis und Kurswert als Gewinn einstreichen.
Das Risiko von Verlusten bei Leerverkäufen ist relativ hoch. Denn wenn die Kurse der geliehenen Aktien nicht wie erwartet fallen, muss sich der Verkäufer dennoch zum Ende der Leihfrist mit den entsprechenden Titeln eindecken, um seine Lieferpflicht zu erfüllen. Damit realisiert er Verluste. Daher ist diese Praxis eher etwas für gewiefte Finanztaktiker. Für Leerverkäufe braucht man zudem einen Kapitalpuffer, eine sogenannte Sicherheitsmarge.