Das Geschäftsjahr 2015 gilt für Arbonia mit einem Verlust von 177 Millionen Franken als Tiefst- wie auch als Wendepunkt. Denn der Bauzulieferer hat 2015 unter dem neuen Grossaktionär Michael Pieper eine tiefgreifende Restrukturierung gestartet. Pieper hob zu diesem Zweck seinen Kandidaten Alexander von Witzleben in die Position des Verwaltungsratspräsidenten und setzte diesen als interimistischen auch als CEO ein.
Begleitet war der mehrjährige Umbau von Portfoliobereinigungen, Akquisitionen, Produktionsverlagerungen und Investitionen. In die Gewinnzone fand Arbonia bereits 2016. In den folgenden Jahren tat sich das Unternehmen wegen der Neuorientierung aber schwer, den Gewinn signifikant zu steigern. Der Prozess wurde 2019 formal abgeschlossen.
Lange Durststrecke für Aktionäre
Die Arbonia-Aktien haben infolge der Umstrukturierungspläne von Ende 2015 bis Mitte 2017 ihren Wert von 10 auf 19 Franken beinahe verdoppelt. Als sich die abkühlende Weltwirtschaft 2018 zunehmend bemerkbar machte, fiel der Aktienkurs jedoch wieder in sich zusammen und pendelte bis 2020 zwischen 10 und 13 Franken hin und her.
Die Corona-Pandemie belastete zu Beginn den Aktienkurs stark und drückte ihn im März 2020 auf knapp 7 Franken hinunter. Danach ist jedoch eine Aufwärtsbewegung erfolgt, die bis heute anhält. Das Vor-Corona-Niveau überschritten die Aktien schon Ende Dezember.
Kursentwicklung der Arbonia-Aktien seit Anfang 2020 (Quelle: cash.ch).
Viele Anlegerinnen und Anleger zögern vermutlich noch mit einem Einstieg bei Arbonia. Die Berichterstattung über den Zulieferer für den Gebäudeausbau war in den Jahren wegen der Umstrukturierung tendenziell negativ - Stichwort Produktionsverlagerungen ins Ausland. Es gibt aber drei handfeste Argumente, warum sich ein Kauf lohnen könnte.
Fortlaufende Suche nach Optimierung
Das Management um Alexander von Witzleben versteht es, das Unternehmen fortlaufend zu optimieren: Arbonia hat im Corona-Jahr zwar organisch leicht an Wachstum eingebüsst, unter dem Strich aber mehr verdient und seine Ertragskraft gesteigert. Die EBITDA-Marge will das Unternehmen auch künftig über 11 Prozent halten.
Auch nach der abgeschlossenen Neuorientierung fürchtet man sich nicht vor starken Einschnitten. Der Bauzulieferer Arbonia hat sich erst kürzlich von der Fenstersparte getrennt und damit von rund einem Viertel des Geschäfts. Den Verkaufserlös von 350 Millionen Euro will das Unternehmen in die Stärkung der übrigen Bereiche stecken.
Weiter integriert Arbonia die Sanitär-Division mit ihren Duschwänden in die Division Türen. Ab Sommer 2021 teilt Arbonia sein Geschäft daher nur noch in zwei statt wie bisher in vier Divisionen ein. Somit verkleinert sich die Geschäftsleitung von ursprünglich sechs auf noch vier Mitglieder im Sommer.
Klimaschutz bringt Umsatzwachstum
Das Geschäft der Division Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik entwickelt sich für Arbonia zunehmend zum Hauptpfeiler. Erst Ende April verkündete das Unternehmen den Zukauf des serbischen Lüftungsbauer Termovent Komerc. Mit dem Kauf verstärkt Arbonia die Kompetenz im Bereich Innenraum-Luftqualität und Reinräume und erweitert seinen Fussabdruck in Osteuropa.
Arbonia will zudem von den staatlichen Massnahmen zum Klimaschutz profitieren. Diese sehen in zahlreichen europäischen Ländern steuerliche Abschreibungen und Förderungen für die Modernisierung von Häusern und vor allem Heizsystemen vor, um die CO2-Emissionen zu senken.
Der Konzern sieht sich denn auch als Anbieter ganzheitlicher Wärmesysteme, von der Wärmeerzeugung und Wärmeübertragung bis hin zur Energiespeicherung. In Tschechien wird 2021 ein neues Werk für Wärmepumpen gebaut, um die Produktionskapazität mindestens zu vervierfachen.
Kontinuität, Wachstum und Dividendenpolitik
Das Unternehmen erwartet für 2021 ein währungs- und akquisitionsbereinigtes Umsatzwachstum von 4 bis 5 Prozent. Auf Basis dieses Umsatzwachstums und der EBITDA-Marge von über 11 Prozent strebt das Unternehmen eine kontinuierliche Dividendenpolitik mit einer jährlichen Steigerung um etwa 10 Prozent an.
Vergangenes Jahr hatte Arbonia die Ausschüttung einer Dividende aufgeschoben, weil sich die Auswirkungen der Coronakrise im Frühling nicht abschätzen liessen. Ursprünglich waren 0,22 Franken pro Aktie als Ausschüttung geplant gewesen. Wegen des starken Ergebnisses sollen die Aktionäre dieses Jahr dafür in den Genuss einer doppelten Dividende von 0,25 Franken je Aktie plus die bereits im Vorjahr geplanten 0,22 Franken pro Aktie kommen.
Das Einhalten der eingeschlagenen Erfolgsspur erscheint auch von daher realistisch, da sich an der strategischen Ausrichtung in der Zukunft nichts Grundlegendes ändern wird. Zwar soll ab dem kommenden Jahr die Doppelfunktion von Alexander von Witzleben als Verwaltungsratspräsident und CEO durch eine Holdingstruktur ohne Doppelmandat ersetzt werden. Von Witzleben soll aber Verwaltungsratspräsident bleiben und wird den beiden CEOs der verbleibenden Divisionen die strategische Stossrichtung weiterhin vorgeben. Und der Grossaktionär Michael Pieper ist via seiner Artemis Holding mit 22 Prozent weiterhin an Arbonia beteiligt.
Arbonia hat sich in den letzten Jahren zu einem gesunden Unternehmen mit Wachstumschancen gemausert. Mit einer Eigenkapitalquote von 59 Prozent das Unternehmen ein sicheres Investment. Die Aktien eigenen sich auf dem aktuellen Niveau nicht nur für kurzfristige Kursrenditejäger, sondern auch für eine langjährige "Buy and Hold"-Strategie.