In den letzten zwei Tagen zog der Kurs der Rieter-Aktie kräftig an. Alleine gestern Mittwoch legte der Textilmaschinenhersteller fast 5 Prozent an Börsenwert zu. Begleitet wurden die Avancen von Berichten, wonach ein grosser Käufer am Markt tätig sei.
Keine 24 Stunden später hat dieser geheimnisvolle Käufer nun einen Namen: Wie einer Offenlegungsmeldung an die Schweizer Börse SIX entnommen werden kann, hat der Grossaktionär Luc Tack seine Beteiligung am Winterthurer Traditionsunternehmen zuletzt auf gut 15 (zuvor 11,7) Prozent ausgebaut.
Im Sommer 2021 kam es zum Eklat
Für Beobachter kommt dieser Schritt unerwartet, wurde der gebürtige Belgier Mitte August letzten Jahres doch aus dem Verwaltungsrat von Rieter rausgeworfen. Auch sein Mitverwaltungsrat Stefaan Haspeslagh musste damals gehen, wurde den beiden doch vorgeworfen, interne Informationen rund um den Verkauf von Geschäftsaktivitäten durch Saurer für eigene Zwecke missbraucht zu haben.
Nach dem erzwungenen Rücktritt der beiden Verwaltungsräte ging an der Börse zeitweise sogar die Angst um, dass sich Tack bei Rieter auch aus dem Aktionariat zurückziehen könnte. Vor diesem Hintergrund überrascht die nun bekannt gewordene Beteiligungserhöhung umso mehr. Wie es heisst, könnte der Belgier seit dem Überschreiten der meldepflichtigen 15-Prozent-Schwelle sogar noch weitere Aktien zugekauft haben.
Rieter einer der letztjährigen Börsenüberflieger
Was genau der Grossaktionär genau im Schilde führt, ist nicht bekannt. Allerdings ist Tack substanziell an der belgischen Picanol-Gruppe beteiligt. Der diversifizierte Industriekonzern ist neben der Land- und Wasserwirtschaft auch im Textilmaschinengeschäft tätig. Alleine schon deshalb gäbe es durchaus Anknüpfungspunkte zwischen der Picanol-Gruppe und Rieter. Stadler-Rail-Patron Peter Spuhler hätte wohl aber ein entscheidendes Wort mitzureden, kontrolliert er über seine PCS Holding AG doch schon seit Jahren 22 Prozent am Unternehmen.
Wie die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einem Kommentar schreibt, befreit die Beteiligungserhöhung die Aktie von Rieter von der Unsicherheit eines Ausstiegs. Nun stelle sich die Frage, ob es sich um eine rein finanzielle Beteiligung handle oder ob und wie zügig Picanol die strategische Absicht einer Zusammenführung ihrer Webmaschinen mit dem Spinnereiunternehmen Rieter verfolge. Die ZKB stuft die Aktie trotz eines rechnerischen Aufwärtspotenzials von 20 Prozent zum fairen Wert nur mit "Marktgewichten" ein.
Kostete eine Rieter-Aktie zum Zeitpunkt des Rücktritts Tacks aus dem Verwaltungsratsgremium Mitte August vergangenen Jahres in der Spitze noch 240 Franken, wurden zuletzt Kurse von 190 Franken und weniger bezahlt. Dennoch zählte Rieter im Jahr 2021 mit einem Plus von fast 90 Prozent zu den besten Aktien aus der Schweiz.