Es hätte für Urs Rohner, Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse, bis Ende April ein Auslaufen ohne grossen Nebentöne werden können. Er hätte in seiner Rede an der Generalversammlung am Ende seiner Präsidentschaft, die er ohne grosse Fortüne führte, wohl auch Konzernleiter Thomas Gottstein ins Zentrum gerückt. Das Credit-Suisse-Urgewächs, der die Bank nach Skandalen, Rechtsfällen und Endlos-Diskussionen über zu hohe Bonifikationen wieder in ruhige Gewässer führen würde. Urs Rohner hätte vermutlich auch auf den gestiegenen Aktienkurs der Credit Suisse hingewiesen.

Doch nun wird Rohner seine Rede anpassen müssen. Denn die Credit Suisse hat mit einem neuen Skandal zu kämpfen – wieder einmal. Mit dem Kollaps von Greensill Capital und den Verbindungen zu den Fonds von Credit Suisse erleidet die Schweizer Bank einen Rückfall in alte Zeiten – wieder einmal.

Der Fall, bei dem - wieder einmal - intransparente Finanzprodukte und Risikokontrolle im Zentrum stehen, erfolgt ausgerechnet in einem Umfeld, das für Banken wegen steigender Marktzinsen endlich wieder besser wird. Sogar die skeptischsten Analysten empfehlen seit Monaten wieder Aktien von europäischen Banken – was sich in steigenden Kursen widerspiegelt.

Das gilt nicht mehr für die Credit Suisse. Seitdem die Bank Anfang März die Schliessung von vier Greensill-Fonds angekündigt hat, befindet sich die Aktie auf Talfahrt. Die CS-Aktie ist in den letzten zwei Wochen der einzige Titel mit einem Minus Titel im 36 Mitglieder grossen europäischen Bankenindex von Bloomberg. Die CS-Aktie verlor 8 Prozent, während der Index im gleichen Zeitraum im für Banken positiven Umfeld fast 6 Prozent zulegte. Die Barclays-Aktie stieg gar um 13 prozent.

Da geben Investoren eindeutige Signale. Hedge-Fonds-Manager haben auch offenmütig zugegeben, dass sie Short-Positionen gegen die Bank platziert haben. Sie wetten also auf einen weiter sinkenden Aktienkurs der Credit Suisse. In anderen Worten: Sie erwarten, dass der Greensill-Skandal die Bank wohl Hunderte von Millionen Franken kosten wird und – wieder einmal - jahrelange Rechtsstreitigkeiten mit sich bringt.

Die Greensill-Affäre ist ohne Zweifel Thomas Gottsteins grösster Reputationsschaden in seiner noch nicht einmal einjährigen Amtszeit als CEO der Credit Suisse. Und der Skandal ist noch nicht mal bereinigt. Es ist auch schon der zweite Flurschden. Bereits Ende des letzten Jahres überraschte Gottstein die Investoren mit der Mitteilung, ein noch offener Hypothekenstreit in den USA könnte der Grossbank eine Busse von bis zu 680 Millionen US-Dollar bescheren.

Unter Investoren sind nicht erst seit jetzt Zeichen von Resignation auszumachen. Denn immer, wenn man glaubt, die Credit Suisse habe ihre Probleme und Skandale hinter sich, kommen neue Probleme ans Licht. Und machmal hilft ein Ausflug in die Welt der griechischen Mythologie, um die Dinge zu erklären. Die Credit Suisse gleicht tatsächlich einer Hydra. Kaum hat man dem vielköpfigen Ungeheuer einen Kopf abgeschlagen, wachsen zwei neue nach. 

Der Greensill-Skandal bestärkt - wieder einmal - diejenigen Stimmen, welche in Aktien wie einer Credit Suisse keine langfristige Investition sehen und die sich fragen, ob die Bank tatsächlich im Interesse ihrer Eigentümer handelt. Dem ist nichts beizufügen.