Claudio aus Zürich ist Privatanleger. Er ist kein Börsenprofi und handelt in seiner Freizeit ab und zu eigenständig mit Aktien, die er von Freunden empfohlen bekommt. So hat er zehn Aktien der Münchener Rück in seinem Depot, die mit einer Dividendenausschüttung von 8,60 Euro pro Aktie eine attraktive Dividendenrendite von 5 Prozent ergeben.

Doch als ihm die Dividende ausbezahlt wird, kommt das grosse Ärgernis: Anstatt den erhofften 86 Euro bekommt er nur 63,30 Euro. Er fühlt sich um die restlichen 22,70 Euro betrogen. Was Claudio nicht weiss:  Bei Dividenden ausländischer Aktien behält das jeweilige Herkunftsland eine Quellensteuer ein, die vor der Dividendenauszahlung bereits abgezogen wird.

Die Quellensteuer ist von Land zu Land unterschiedlich hoch und kann bis zu 30 Prozent - so etwa in Frankreich oder den USA - betragen. Im eingangs erwähnten Beispiel einer deutschen Aktie beträgt die Steuer 26,375 Prozent (siehe auch Tabelle unten). Für Anleger wie Claudio ist dies sehr ärgerlich, zumal die Dividende in der Schweiz bereits der Einkommenssteuer unterliegt.

Vollständige Rückforderung möglich, aber (oft) aufwändig

Doch das Geld ist nicht verloren. "Geschätzte 80 Prozent der Privatanleger wissen gar nicht, dass die Quellensteuer auf der Dividendenauszahlung zurückgefordert werden kann“, sagt Thomas Schwarze, Geschäftsführer von Furado, einer Firma, die sich auf die Rückforderung von Quellensteuer spezialisiert hat. Das Thema sei jedoch in den letzten zwei bis drei Jahren etwas aktueller geworden, da Anleger im anhaltenden Niedrigzinsumfeld eher auf solche Einnahmequellen angewiesen sind.

Aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen kann ein Teil der bereits abgezogenen Quellensteuer auf die in der Schweiz anfallende Einkommenssteuer angerechnet werden. Für die meisten Länder beträgt dieser Betrag 15 Prozent der Dividende. Dafür muss beim kantonalen Steueramt das Formular DA-1 (Antrag auf pauschale Steueranrechnung) ausgefüllt werden.

Komplizierter wird es beim Restbetrag: Dieser muss im Herkunftsland der jeweiligen Aktie zurückgefordert werden. Die Formulare zur Rückerstattung in einzelnen Ländern stellt die Eidgenössische Steuerverwaltung online zur Verfügung.

Der Prozess zur Rückerstattung unterscheidet sich von Land zu Land, auch innerhalb der EU: "Für Dividenden aus Deutschland und Frankreich muss der Privatanleger zwingend auf seine Depotbank zugehen, um die Quellensteuer zurückerstattet zu bekommen", so Schwarze. Relativ problemlos und ohne Konsultation der Bank sei die Rückerstattung hingegen aus Österreich, Schweden und Finnland möglich. "Auch in Italien ist es grundsätzlich einfach, jedoch kann die Rückerstattung sehr lange dauern." cash weiss von Fällen, wo die Rückerstattung aus Italien bis zu drei Jahre dauerte.

Rückforderung im Ausland lohnt sich nicht immer

Zurück zum Fall Claudio: Bei genauem Studieren des Dividendenbelegs merkt er, dass 26,375 Prozent seiner 86-Euro-Dividende - also 22,70 Euro - als Quellensteuer belastet wurden. Durch Ausfüllen des Formulars DA-1 und Beifügens des Dividendenbeleges bekommt er in der Schweiz relativ leicht 15 Prozent der Dividende - oder 12,90 Euro - zurück.

Um die verbleibenden 9,80 Euro von Deutschland einzufordern, setzt er sich mit seiner Hausbank in Verbindung. Diese sagt ihm, dass die Bank grundsätzlich ihre Kunden bei Rückforderungen unterstütze, in diesem Fall eine solche aber nicht sinnvoll sei. Aus Deutschland müsse ein Steuerausweis von der Lagerstelle für Münchener-Rück-Titel angefordert werden, was alleine schon mit Kosten von 100 Franken verbunden sei. Hinzu kämen noch weitere Aufwandsentschädigungen der Bank. Schlussendlich also ein Verlustgeschäft für Claudio. Er entscheidet sich deshalb dafür, auf die Rückforderung in Deutschland zu verzichten.

Ob sich eine Rückerstattung im Ausland lohnt, ist schlussendlich individuell abzuwägen. Grundsätzlich ist es dann sinnvoll, wenn ein hoher Dividendenbetrag vom gleichen Titel vorliegt und das Portfolio nicht zu fragmentiert ist. So oder so ist es empfehlenswert, sich bei der Hausbank nach der Möglichkeit eines Rückforderungsservices zu erkundigen. Denn: "Aktiv von sich aus bieten Banken dies in der Regel nicht an", weiss Schwarze aus seinen bisherigen Erfahrungen zu berichten.

Um Kosten zu sparen empfiehlt Schwarze, die Rückforderung der Quellensteuer nicht jährlich, sondern nur ungefähr alle drei Jahre zu beantragen. Denn eine Rückerstattung ist auch rückwirkend noch möglich, so dass die Quellensteuern mehrerer Jahre gleichzeitig angefordert werden können. Aber aufgepasst: Der Rückforderungsanspruch erlischt in den meisten Ländern nach vier bis fünf Jahren. Eine Ausnahme stellt Frankreich dar, wo die Rückforderung bereits innerhalb von zwei Jahren erfolgen muss.

Es gibt Länder ohne Quellensteuer

Wer solcherlei Probleme umgehen will und trotzdem in ausländische Dividendentitel investieren möchte, kann ganz einfach britische und australische Aktien erwerben. In diesen beiden Ländern fallen keine Quellensteuern auf Dividendenerträge an. Auch die Niederlande ist unkompliziert: Die anfallenden 15 Prozent können vollumfänglich in der Schweiz zurückgefordert werden.

Darüber hinaus bieten sich aktive Fonds an: "Hier ist es die Aufgabe der Fondsadministration, die Quellensteuer zurückzufordern", sagt Schwarze. Der Privatanleger muss daher von sich aus nichts unternehmen. Im Gegensatz zu dividendenausschüttenden passiven Fonds, so genannten ETF: Diese sind wie Aktien zu behandeln. Das heisst, der Privatanleger muss selber die Quellensteuer einfordern.

Dividendenbesteuerung ausländischer Aktien für Privatpersonen*

LandQuellensteuer, in %Rückforderbar in der Schweiz, in %Rückforderbar im Ausland, in %
Australien000
Deutschland26,3751511,375
Finnland301020
Frankreich301515
Grossbritannien000
Italien20155
Japan201010
Niederlande15150
Österreich251510
Schweden301515
Spanien21156
USA301515

*Angaben gelten für Beteiligungen von weniger als 10 Prozent.

Quelle: admin.ch