Wettertechnisch ist der August 2021 in der Schweiz nicht gerade der Hit: Es ist kalt und regnet immer wieder. Börsentechnisch hingegen lief es besser. So hat der SMI in den ersten drei Handelstagen des Monats bisherige Rekordhochs übertroffen. Auch die Wall-Street-Börsen Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 halten sich auf hohen Kurslevels. Im Fall des S&P 500 hat es gar ein neues Rekordhoch gegeben.
Geht es nach der Meinung vieler am Markt, wird aus dem August noch ein schlechter Monat. Zunächst sind im Moment alle möglichen Risiken da: Die Ausbreitung des Coronavirus, ein befürchtes Abflauen der Konjunktur in China (cash berichtete), eine grössere Investorenskeptis nach sehr guten Halbjahreszahlen (cash berichtete auch darüber) bis zu einem drohenden Ende der Industriemetall-Rally - und natürlich eine möglicherweise bald straffere Geldpolitik.
Vor allem aber: Im August ist traditionell die Liquidität an den Märkten dünn. Dies macht Investoren nervös. Einige machen sich auch Sorgen, weil am Ende des Monats ein Verfalldatum für Optionen und Futures liegt.
Märkte schauen auf Entwicklung seit 1987
Seit 1987 hat sich der August in der Tat als jeweils schlechtester Monat des Jahres im Dow Jones erwiesen. Im Schnitt sind die Kurse in den vergangenen 34 Jahren im August um 0,7 Prozent zurückgegangen, während sie sich in den anderen Monaten um 0,9 Prozent erhöhten. Ein Blick auf die SMI-Kursverläufe durch cash.ch hat ergeben, dass der Schweizer Blue-Chip-Index in 13 der vergangenen 20 Jahre im August jeweils negativ performt hat. Das Bild scheint sich auf den ersten Blick zu bestätigen.
Am US-Aktienmarkt, wo seit Jahrzehnten Statistiken geführt werden, sind die August-Baissen aber ein relativ neues Phänomen. Untersuchungen zeigen, dass in den 90 Jahren vor 1987 der August häufig einer der besten Monate für den Aktienhandel war. Die monatliche Performance in den neun Jahrezehnten nach der Schaffung des Dow Jones betrug 1,8 Prozent, gegenüber 0,4 Prozent in den jeweils übrigen 11 Monaten. Dies haben die Autoren Josef Lakonishok und Seymour Smidt in ihrer Arbeit "Are Seasonal Anomalies Real? A Ninety-Year Perspective" festgehalten.
Wall-Street-Haudegen Jim Cramer hat einen Tipp
Kolumnist Mark Hulbert von US-Börsenportal marketwatch.com hat deshalb eine Theorie, weshalb sich die Muster vor gut drei Jahrzehnten geändert haben: "Muster am Aktienmarkt funktionieren oft plötzlich nicht mehr, wenn zu viele Investoren ihrer bewusst sind", schreibt er. Anders ausgedrückt: Die Angst vor dem August hat etwas von einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Wenn dann noch eine schwächere Liquidität und allgemeine Sorgen wegen exogenen oder markteigenen Schocks bestehen, braucht es nicht mehr viel, um Kurse nach unten zu schicken.
Und wer "Sell in May and Go Away" beherzigt, schaut auf den September. Erst dann sollen nach dem zweiten Teil dieses Börsenspruch die Investoren an den Markt zurückkommen: "But Remember to Come Back in September."
Darüberhinaus ist es aber so oder so umstritten, ob Monats-Muster überhaupt seriöse Indikatoren für Kurseinschätzungen sein sollen. Den bekannten New Yorker Börsianer Jim Cramer hält dies aber nicht davon ab, auf seinem Blog ein bisschen zu lästern: "Ich mag den August nicht, weil da immer etwas dahinschwindet." Der altgediente Wall-Street-Haudegen hält aber auch einen Rat bereit, wie man den August angehen solle: "Für die Trader: Ich würde etwas Geld aus dem Markt nehmen. Für die Anlegerinnen und Anleger: Wartet doch, bis ihr bessere Preise bekommt, ausser, wenn eure Aktien schon getroffen worden sind."