Kleine und mittelgrosse US-Aktien sind ein wichtiger Vorlaufindikator für die amerikanische Wirtschaft und für den breiten Aktienmarkt. Weil ihr Geschäftserfolg stark vom Binnenmarkt abhängt, spüren sie Auf- und Abschwünge besonders früh.

Als aussagekräftige Börsenbarometer werden dafür die Aktienindizes Russell 2000 oder Russell 2500 herbeigezogen, welche die 2000 respektive 2500 kleinsten US-Unternehmen punkto Marktkapitalisierung abbilden. Zeigen sich hier Bremsspuren, spürt das bald auch der US-Gesamtmarkt. Und wenn Amerika hustet, bekommt Europa bald die Grippe, wie eine alter Börsenspruch lautet. 

Doch der Markt für Small und Mid Caps aus den USA erlebt in diesem Jahr ein ständiges Auf und Ab. Nach einem Zwischentief im August stieg der Russell 2000 im Oktober auf ein neues Allzeithoch und läuft derzeit mehr oder weniger seitwärts. Im Vergleich zum viel beachteten S&P 500 hinkt er derzeit gar etwas hinterher (siehe Chart). Für Investoren rund um den Globus ist deshalb die Frage interessant, wie es mit dem wichtigen Börsenbarometer weiter geht.

Russell 2000 (blau) und S&P 500 (rot) seit Anfang 2017 (Quelle: finance.google.com)

Steuerreform im Fokus

Laut Fondsmanager Thorsten Becker vom britischen Vermögensverwalter JO Hambro stehen die Zeichen immer noch auf Wachstum. Viel hänge jedoch davon ab, wie die weitere Entwicklung in den USA vor allem auch politisch ablaufen werde, zum Beispiel bei der US-Steuerreform, wie er im cash-Video-Interview sagt.

Deutliche Steuerreformen wie sie Donald Trump immer wieder angekündigt, würden den inlandorientierten Unternehmen am meisten helfen. "Denn die offizielle Steuerrate von 35 Prozent wird fast nur von diesem Firmensegment bezahlt", sagt Becker. Die multinationalen Unternehmen hingegen finden immer wieder Möglichkeiten, über Holdings und Schlupflöcher die Steuern stark zu drücken. Laut neusten Informationen soll die Unternehmenssteuer künftig auf 20 Prozent sinken.

 

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Reform schlussendlich durchkommt, schätzt Fondsmanager Becker als hoch ein. Viele Trump-Wähler seien bisher enttäuscht worden, und mit Blick auf die Zwischenwahlen im kommenden Jahr wäre ein Erfolgserlebnis willkommen: "Das bedeutet, auf Donald Trump und den Republikanern lastet besonders viel Druck."

Hohe Bewertungen und starkes Wachstum

Andere Marktbeobachter sind skeptischer, was die Aussichten für den Russell 2000 betrifft. Sie verweisen meist auf die bereits stattliche Bewertung. Je nach Quelle ist von aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGV) in der Region um 100 die Rede. Für das kommende Jahr liegt der KGV-Konsens bei etwas mehr als 20. Das bedeutet: Die bereits hohen Unternehmensgewinne müssen in Zukunft deutlich Fahrt aufnehmen.

Wie Thorsten Becker im Video-Interview sagt, zeige der Markt zwar historisch hohe Bewertungen. Aber dafür seien die Erwartungen ans Gewinnwachstum mit 20 Prozent viel besser als in anderen Märkten. Neben der Steuerreform würden auch Infrastrukturprojekte vor allem den Binnenmarkt und somit die kleineren Unternehmen begünstigen.

Auf Ebene der Einzeltitel mag Becker momentan vor allem Banken. Schon lange hält er die Aktie der First Republic Bank im Portfolio. Eine Privatbank, die bei Mitarbeitern von Google und Amazon besonders beliebt sei, starkes Wachstum aufweise und von einem guten Management geführt werde. Der Titel braucht derzeit allerdings Nerven. In diesem Jahr beträgt das Kursplus bloss 3 Prozent, über die letzten 52 Wochen gerechnet sind es immerhin 30 Prozent.

Aus dem Bereich der Technologie-Aktien empfiehlt Becker Rapid7, ein junges Unternehmen, das auf die Sicherheitsaspekte von E-Mails spezialisiert ist. "Etwa 90 Prozent der Cyberattacken läuft über E-Mails, aber erst etwa 2 bis 3 Prozent der Investitionen für die Sicherheit findet dort statt", sagt der Fondsmanager. An der Börse ist die Aktie bereits sehr beliebt. Die Performance seit Anfang Jahr: plus 50 Prozent.