Die deutliche Korrektur an den Aktienmärkten hält die Anleger nun schon seit fast acht Wochen in Atem. Der wichtigste Börsenleitindex der Welt, der Dow Jones in den USA, hat diese Woche erneut 2,5 Prozent verloren. Damit steht er punktemässig wieder am gleichen Ort wie zu Jahresbeginn.
Auch in der Schweiz kamen viele Aktien unter die Räder. Bei aller Aufregung darf aber nicht vergessen werden, dass der Schweizer Leitindex SMI im internationalen Vergleich die letzten Wochen noch einigermassen gut überstanden hat. Seit dem Beginn des Börsengewitters Anfang Oktober hat er lediglich 6 Prozent verloren. Der deutsche Leitindex Dax dagegen erleidet in der gleichen Zeit einen Taucher von 13 Prozent und steht heute auf dem tiefsten Stand seit fast zwei Jahren:
Dem Swiss Market Index (SMI) kommt in diesen Tagen seine defensive Ausrichtung zugute. Das heisst: Weniger konjunktursensible Aktien wie Roche, Novartis und Nestlé - und auf solche Aktien setzen Anleger in stürmischen Börsenzeiten - haben im Index eine hohe Gewichtung und stützen ihn in diesen Tagen. Die Umschichtung der Anleger auf solche Aktien begann schon im Sommer und hätte durchaus schon als Warnsignal für die Turbulenzen der letzten Wochen gelten können. Die Aktie von Nestlé konnte ab Mitte Oktober zwischenzeitlich nochmals fast 10 Prozent zulegen und notiert nahe an einem Allzeithoch.
cash-Guru Alfred Herbert geht davon aus, dass die defensiven Aktien weiterhin gefragt bleiben. "Es ist eigentlich ideenlos, aber man muss nichts Neues empfehlen. Es sind Novartis, Roche sowie die Versicherungstitel wie Swiss Re und Swiss Life", sagt Herbert im cash-Börsen-Talk auf die Frage, welche Aktien er im heutigen Börsenumfeld noch empfehlen könne.
Zurückhaltend ist Herbert mit Aktienempfehlungen aber generell, weil er mit weiteren Rückschlägen rechnet. Das momentane Börsengewitter sei bloss eine "Weiterführung einer Korrektur in Raten." Denn die Probleme werden nicht so bald vom Tisch sein: Handelsstreit zwischen China und den USA als internationales Grossproblem, dann europaspezifisch die unklaren Auswirkungen des Brexit und der Haushaltstreit zwischen Italien und der EU.
Aktien zu fest abgestraft?
Gerade der US-Handelsstreit mit China lässt an der Börse seit längerem Rezessionsängste hochleben. Und tatsächlich scheint es so, als habe das globale Wirtschaftswachstum den Höhepunkt überschritten. Die Industriestaaten-Organisation OECD geht davon aus, dass die globale Wirtschaftsleistung in den beiden kommenden Jahren nur noch um 3,5 Prozent zulegen werde. Im Frühsommer war sie noch von 3,7 Prozent ausgegangen. Im Falle eines Zusammentreffens mehrerer Risiken könnte die Landung härter werden als erwartet, schreibt die OECD und meint damit vor allem die Handelsstreitigkeiten.
Durchaus möglich ist aber, dass viele konjunktursensible Aktien in den letzten Monaten zu übel abgestraft wurden. Auch an der Schweizer Börse kamen in den letzten Monaten vielen klein- und mittelkapitalisierte Aktien arg unter die Räder und verloren teils bis zur Hälfte ihres Wertes. Arbonia, Ems-Chemie, VAT Group oder Georg Fischer sind nur einige Beispiele.
Für langfristig orientierte Anleger ist aber gerade eine Aktie wie Georg Fischer auf dem heutigen Niveau durchaus attraktiv, sagt Alfred Herbert im cash-Börsen-Talk. Herbert selber hat kürzlich auch "gegen den Trend Aktien von Sulzer gekauft". Die Aktie des Winterthurer Industriekonzerns hat seit Juli fast 30 Prozent auch deshalb verloren, weil es mit dem Rohölpreis in den letzten Wochen fast in derselben Grössenordnung nach unten ging. Sulzer erwirtschaftet etwa 45 Prozent seiner Umsätze in der Ölindustrie. Laut Herbert spricht der Erneuerungsbedarf der Ölfirmen für ein Aktienengagement bei Sulzer.
Die Hände lässt Herbert hingegen von grossen US-Technologie-Aktien, da habe es "zu grosse Unabwägbarkeiten". Der Druck der Regierung Trump auf die Firmen im Silicon Valley werde wohl nicht abnehmen, zudem träten bei vielen Firmen offensichtliche Wachstumsprobleme zutage, wie etwa bei Facebook.
Die grossen US-Tech-Aktien waren lange Zeit hauptverantwortlich für die Aufschwungphase der US-Börsen. Gerade die Aktie des Anlegerlieblings Apple hat in den letzten acht Wochen 23 Prozent verloren. Der FANG+ Index, der die zehn bekanntesten Tech-Werte an der US-Börse wie Facebook, Amazon, Netflix oder Alphabet zusammenfasst, befindet sich seit dieser Woche in einem Bärenmarkt.
Im cash-Börsen-Talk äussert sich Alfred Herbert auch zur Entwicklung von Gold und Silber und sagt, auf welches der beiden Edelmetalle er setzt.
Der Fang-Index ist nun im Bärenmarkt#Facebook #Amazon #Netflix #Google #FANG #Bärenmarkt https://t.co/7qvVPAcj6k pic.twitter.com/kFS4KQ8GgQ
— cash (@cashch) 20. November 2018