In der Nacht haben gegen Franken gehandelte Dollar eine wichtige Grenze unterschritten: Der Kurs der amerikanischen Währung fiel zeitweise unter 90 Rappen. Ganz überraschend passierte dies nicht, denn der Dollar ist schon seit Monaten schwach.

Gründe dafür sind einerseits die Coronaviruspandemie und die damit einhergehende Wirtschaftskrise in den USA. Zudem ist das Haushaltsdefizit nochmals enorm ausgeweitet worden. Grundsätzlich gestützt werden könnte der Dollar zwar dadurch, dass der "rebound" in der weltgrössten Volkswirtschaft teils positiver ausfällt als gedacht. Vor allem die Beschäftigungszahlen entwicklen sich besser als befürchtet.

Fed-Inflationspolitik hat Folgen

Als Bremsklotz erweist sich allerdings die Geldpolitik: Die Notenbank Federal Reserve (Fed) hat vergangene Woche ihr Inflationsziel relativiert und so angedeutet, dass die ultralockere Geldpolitik noch länger andauern könnte. Währungsanalysten sehen darin einen weiteren Schritt für eine längerfristige Schwächung des Dollars. 

In den vergangenen zehn Jahren gab es drei Phasen, in denen die US-Währung unter 90 Rappen gefallen war. Zunächst im Sommer und Herbst 2011, als der Kurs bis fast auf 70 Rappen fiel. Es war die Zeit der starken Frankenaufwertung auch zum Euro, die zur Einführung der Kursuntergrenze bei 1,20 Franken durch die Nationalbank führte. Infolge der dann einsetzenden Aufwertung des Euros zum Franken wertete auch der Dollar zum Franken wieder auf.

Der Dollar-Franken-Kurs seit 1. September 2010 (Grafik: cash.ch).

Eine zweite längere Dollar-Schwäche zum Franken zeigte sich im Frühling und Frühsommer 2014 mit einem Tiefstwert von 0,8728. Nochmals einen Knall gab es einige Monate später: Auf gut 86 Rappen fiel der Kurs, als die Nationalbank die Euro-Untergrenze am 15. Januar 2015 fallenliess. Zwischendurch aber hat sich sich der Dollar in den vergangenen zehn Jahren durchaus robust gezeigt, mit einem Zehn-Jahres-Höchst bei 1,0344 im Dezember 2016.

Treiber der US-Währung waren die robuste Wirtschaftsentwicklung in den USA sowie die damaligen Zinserhöhungen der Notenbank Federal Reserve (Fed). Zudem wiesen die USA trotz des relativ starken Dollar in den vergangenen zehn Jahren eine positive Leistungsbilanz im Handel mit dem Rest der Welt aus. Normalerweise belastet eine starke Währung den Export – in den vergangenen Jahren profitierten die USA aber vor allem von der Förderung von Schiefergas und -öl.

Indem die Fed aber die Zinsen seit Anfang 2019 wieder massiv gesenkt hat, verlor der Dollar einen wichtigen Vorteil gegenüber anderen Währungen: eine hohe Zinsdifferenz. 

«Es fehlt ein Trigger»

Für die nächsten Monate sieht Simon Lustenberger, Anlagestratege bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), die Lage alledings nüchtern. "Auf die nächsten drei Monate betrachtet hat der Dollar nur ein minimes Erholungspotenzial." Zwar sei der Dollar im Moment überverkauft, was man an den vielen Short-Positionen sehe - während es auf den Euro viele Long-Positionen gebe.

"Zudem würde ein Fiskalpaket, wie wir es vor den US-Präsidentschaftswahlen im November noch erwarten, prinzipiell stützend wirken für den Dollar", sagt Lustenberger. 

Doch mittelfristig fehle für eine Dollaraufwertung ein fundamentaler "Trigger". Auch die wieder gesenkten Zinsen der Fed hätten ihre Auswirkungen: "Die Zinskonvergenz und die Überbewertung gemessen an der Kaufkraftparität belastet die amerikanische Währung weiterhin."