Die Vorwürfe gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin entbehrten jeder Grundlage, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. In einem Interview des Magazins "Der Spiegel" hatte Nawalny Putin vorgeworfen, hinter dem Giftanschlag zu stehen. Der Kreml-Kritiker hält sich nach seiner Entlassung aus der Charité weiterhin in Deutschland auf.

Peskow sprach von beleidigenden Äusserungen gegen Putin, die "auch nicht hinnehmbar" seien. In Russland stehen auf Beleidigungen des Präsidenten Strafen. Nawalny versuche, sich auf eine Stufe mit Putin zu stellen, sagte der Kremlsprecher. "Die echten Konkurrenten des Präsidenten im politischen Kampf sind andere Menschen und Kräfte." Wen genau er meinte, liess er offen. Experten betonen immer wieder, dass es an politischem Pluralismus in Russland fehle und Putin auch keine Konkurrenz aufkommen lasse.

Interessiert an Aufklärung

Zugleich bekräftigte Peskow, dass Russland interessiert sei an einer Aufklärung des Falls um den "Berliner Patienten", wie er Nawalny nur nennt. Dafür seien Informationen jener Stellen nötig, die Spuren einer Vergiftung gefunden haben wollten. Russland bezweifelt, dass Nawalny vergiftet wurde und wirft dem Westen ein Schauspiel vor. Peskow lud Nawalny zur Rückkehr ein, um seine Genesung in Russland zu vollenden. Zuerst hätten russische Ärzte sein Leben gerettet.

Nach Darstellung Peskows erhält Nawalny direkte Anweisungen des US-Geheimdiensts CIA - nicht zum ersten Mal. "Wahrscheinlich arbeitet nicht der Patient mit den westlichen Geheimdiensten zusammen, sondern die westlichen Geheimdienste arbeiten mit ihm." Der Kreml hält es auch für möglich, dass westliche Geheimdienste Nawalny vergiftet haben, um Russland international an den Pranger zu stellen. Wegen der CIA-Vorwürfe kündigte Nawalny prompt an, Peskow zu verklagen.

Nawalny war am 20. August während eines Inlandsflugs in Russland zusammengebrochen und später zur Behandlung nach Deutschland gebracht worden. Wochenlang lag er dort im künstlichen Koma. Nach dem Befund eines Bundeswehr-Speziallabors wurde er mit dem Kampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet. Das sollen auch Labors in Frankreich und Schweden bestätigt haben. Mit Spannung werden aktuell die Untersuchungsergebnisse der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) erwartet. Danach drohen Russland neue Sanktionen.

(AWP)