Nach SNB-Lesart bleibt der Schweizer Franken hoch bewertet. Derweil liege die Inflation nur knapp über null, während die Produktionsfaktoren in der Schweiz nicht voll ausgelastet seien, sagte Jordan weiter. "Es wäre falsch, jetzt der Welt zu signalisieren, dass die SNB als erste Zentralbank eine restriktive Politik ins Auge fasst."
Vor der Grösse der SNB-Bilanz, die die Billionengrenze im Februar überschritten hat, zeigt Jordan Respekt. Damit seien grosse finanzielle Risiken verbunden. Per se sei aber eine grosse Bilanz für die SNB kein Problem. "Wir können die Bilanz weiter ausdehnen, wenn dies geldpolitisch erforderlich ist", sagte Jordan.
Gefährliche Vermischung von Geld- und Fiskalpolitik
Mit Blick auf den Aufkauf grosser Mengen an Staatsanleihen durch Notenbanken wie die US-amerikanische Fed oder die EZB warnte Jordan vor einer Vermischung von Geld- und Fiskalpolitik. "Eine fiskalische Dominanz, also eine Situation, in der die finanzpolitischen Bedürfnisse bestimmen, wie stark die Geldmenge ausgedehnt wird und wie sich letztlich die Inflation entwickelt, wäre gefährlich."
Das Problem gemäss Jordan: "Wenn irgendwann eine Verschärfung der Geldpolitik und eine Erhöhung der Zinsen nötig werden, kann es zu Spannungen kommen zwischen der Geld- und der Fiskalpolitik." Diese Gefahr bestehe hierzulande nicht, da die SNB keine Schweizer Staatsanleihen kaufe.
Auch bei der Zusammenarbeit mit der Regierung und den Banken beim Covid-Kreditprogramm seien die Grenzen der Verantwortung stets klar definiert gewesen, fuhr Jordan fort. Und bezüglich Gewinnausschüttung machte er klar: "Es ist nicht selbstverständlich, dass die Nationalbank überhaupt in der Lage ist, Gewinne auszuschütten."
Da die Ausschüttungsreserve aktuell sehr hoch sei, könne die SNB den maximalen Betrag von 6 Milliarden Franken ausschütten. Es könne aber jederzeit vorkommen, dass die SNB grosse Verluste verbuchen müsse, insbesondere durch eine Aufwertung des Frankens, erklärte Jordan. "Vermindern künftig Verluste diese Reserve, gehen die Ausschüttungen automatisch zurück."
Unmittelbar geringe Inflationsgefahr
Den Sorgen vor einer weltweiten Inflation, befeuert durch über die Notenpresse finanzierte Staatsschulden und riesige Konjunkturpakete, tritt Jordan entgegen. Noch seien die Produktionskapazitäten aufgrund des Wirtschaftseinbruchs im 2020 noch nicht ausgelastet. "Die Wirtschaft kann also wachsen, und die Fiskalpolitik kann die Konjunktur stimulieren, ohne dass dies sofort zu inflationärem Druck führt."
In der mittleren und längeren Frist sei es aber möglich, dass ein inflationärer Druck entstehe. "Vor allem dann, wenn es zu Knappheit am Arbeitsmarkt und Unterbrüchen in den Lieferketten kommt oder wenn die Globalisierung ins Stocken gerät. Diese Faktoren seien aber schwierig zu prognostizieren.
Während die Fed in gewissen Situationen gemäss ihren Richtlinien ein Überschiessen der Teuerung über 2 Prozent toleriert, steht Jordan solchen Ideen skeptisch gegenüber. "Denn aus der Geschichte wissen wir: Wenn die Inflation einmal ausser Kontrolle gerät und dann wieder gesenkt werden muss, ist das meistens mit Rezessionen verbunden." Ein kurzfristiges Überschiessen sei aber kein Problem, sagte der SNB-Präsident.
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(AWP)