Viele Schweizerinnen und Schweizer träumen vom Eigenheim. Doch die steigenden Immobilienpreise führen dazu, dass immer weniger Menschen diesen Traum verwirklichen können. Wer trotzdem ein Haus bauen oder kaufen möchte, muss daher vermehrt auf Schenkungen und Erbvorbezüge hoffen. Diese Form der Immobilienfinanzierung ist denn auch auf dem Vormarsch.

Grundsätzlich gibt es drei Varianten, wie Eltern ihren Kindern zu Lebzeiten den Traum von Eigenheim ermöglichen können:

1) Erbvorbezug - Im Normalfall mit Ausgleichspflicht

Die Eltern können einen Teil ihres Erbes vor ihrem Ableben auszahlen. Dieser Erbvorbezug kann neben einer Geldauszahlung auch bedeuten, dass die Immobilie der Eltern oder ein Grundstück zu Lebzeiten auf eines der Kinder übertragen wird. Da der Erbvorbezug unabänderlich ist, sind die begünstigten Erben nicht zur Rückzahlung verpflichtet. Auch müssen sie keinen Zins entrichten. 

Es besteht aber eine Ausgleichspflicht bei der Erbteilung. Diese dient der Gleichberechtigung aller Erben. Geldbeträge werden zum Nominalwert ausgeglichen. Eine Verzinsung oder Teuerung wird nicht berücksichtigt. Anders verhält es sich bei Sachwerten, beispielsweise Immobilien. Hier ist der Verkehrswert massgebend. Oder der Erlös, wenn die Immobilie vor dem Tod veräussert wurde. Hat die Immobilie im Laufe der Zeit an Wert gewonnen, muss dieser vom vorbeziehenden Erbe zusätzlich ausgeglichen werden. 

Beispiel: Ein alleinstehender Vater von zwei Töchtern hat einer der Töchter einen Erbvorbezug von 200'000 Franken ausbezahlt. Bei seinem Tod beträgt sein Vermögen noch 400'000 Franken. Der Erbvorbezug wird zum Nachlass hinzugerechnet, um den Anspruch der Töchter zu ermitteln. Vom Nachlassvermögen von 600'000 Franken stehen beiden je 300'000 Franken zu, sofern der Vater im Testament keine anderslautende Regelung getroffen hat. Der Tochter, die einen Erbvorbezug von 200'000 Franken bekommen hatte, stehen somit nur noch 100'000 Franken zu. Übersteigt der Erbvorbezug den Anteil am Erbe, muss der Empfänger seinen Miterben die Differenz zurückzahlen.

Die Ausgleichspflicht kann aber auch umgangen werden. Erblasser können eine ausdrückliche Erklärung abgeben, dass der Erbvorbezug nicht auf das Erbe angerechnet werden soll. Doch die gesetzlichen Pflichtteile dürfen dabei nicht verletzt werden. Der Pflichtteil beträgt für direkte Nachkommen aktuell noch drei Viertel des gesetzlichen Erbanspruchs. Ab dem 1. Januar 2023 verkleinert sich dieser auf 50 Prozent.

Als neues Vermögen müssen Erbvorbezüge von den Erwerbenden versteuert werden. Zusätzlich kann eine kantonale Schenkungssteuer zum Zeitpunkt der vorzeitigen Erbschaft anfallen. Für Deklaration und Begleichung ist der Empfänger verantwortlich. Massgebend für die Besteuerung und Bezugsort für die Steuer ist der Wohnsitzkanton des Erblassers. Die direkten Nachkommen sind in fast allen Kantonen von der Steuer befreit. Bei der Übertragung von Grundeigentum ist zudem zu beachten, dass allenfalls Grundstückgewinnsteuern und in einzelnen Kantonen auch Handänderungssteuern anfallen könnten.

2) Schenkung - Bei der Immobilie dem Erbvorbezug gleichgestellt

Eine Schenkung ist eine "lebzeitige unentgeltliche Zuwendung eines Vermögenswertes". Das Geschenk soll demzufolge im Erbfall nicht berücksichtigt werden. Schenkungen unterliegen allerdings der Ausgleichspflicht, wenn es sich um Zuwendungen mit Ausstattungscharakter handelt, die der Existenzbegründung, -sicherung oder -verbesserung dienen. Darunter fällt auch die Finanzierung von Wohneigentum. In diesem Fall wird die Schenkung dem Erbvorbezug gleichgestellt. 

Will der Erblasser die Ausgleichspflicht aufheben, muss er dies im Testament ausdrücklich erklären. Wurden Pflichtteile am Erbe verletzt, müssen diese aber bei der Nachlassteilung ausgeglichen werden, selbst wenn die Ausgleichspflicht explizit ausgeschlossen wurde. Schenkungen müssen die Nachkommen als neues steuerbares Vermögen ausweisen. Ebenfalls kann analog einem Erbvorbezug eine einmalige Schenkungssteuer fällig werden.

Die gemischte Schenkung stellt ein Sonderfall dar - beispielsweise beim Abtreten einer Liegenschaft an die Nachkommen. Dabei zahlen die künftigen Erben zwar einen Kaufpreis, dieser liegt aber unter dem Wert der Immobilie. Beim Erbfall muss der geschenkte Anteil gegenüber den Miterben zusammen mit der Wertsteigerung der Immobilie ausgeglichen werden. Auch bei der gemischten Schenkung können Erblasser die Erwerbenden im Testament von der Ausgleichungspflicht befreien oder deren Höhe beschränken.

3) Darlehen - Für den Familienfrieden

Die dritte Möglichkeit, die Nachkommen beim Hauskauf zu unterstützen, ist ein Darlehen. In den Darlehensvertrag gehören insbesondere Zinssatz, Laufzeiten sowie Kündigungsfristen. Während bei Erbvorbezug und Schenkung das Geld in das Vermögen der Kinder übergeht, verbleibt es bei einem Darlehen als Guthaben im Vermögen der Eltern. 

Sterben die Eltern, vererben sie die Darlehensforderung den Erben. Sie wird Teil des Nachlassvermögens. Das Geld muss dann entweder an die Erbengemeinschaft zurückgezahlt werden oder wird direkt mit dem Erbanspruch der Person verrechnet, die das Darlehen erhalten hat. Gegenüber dem Erbvorbezug oder der Schenkung weist das Darlehen gewichtige Vorteile auf: Das Vermögen bleibt bei einem selbst und kann im Bedarfsfall gesamthaft oder zu einem Teil jederzeit wieder zurückverlangt werden. Zudem sorgt ein Darlehen in der Regel für wenig Zwietracht unter den künftigen Erben, da das Vermögen der Eltern nicht angetastet wird.

Für die Kinder kann es steuerlich von Vorteil sein, dass bei einem Darlehen das Geld weiterhin den Eltern gehört. Diese müssen allfällige Zinsen als Einkommen und den Darlehensbetrag als Vermögen versteuern. Die Kinder können hingegen die Schuld und die Zinsen stattdessen vom steuerbaren Vermögen und Einkommen abziehen.

Erbvorzug und Schenkungen tangieren Ergänzungsleistungen

Eltern sollten indes auch an sich denken, wenn sie Geld oder Vermögenswerte zu Lebzeiten an ihre Kinder übertragen. Höhe und Art der Unterstützung sollten wohlüberlegt sein, um im Alter selbst über genügend Vermögen verfügen zu können und nicht in Not geraten zu müssen. Insbesondere fallen im Alter Kosten für Gesundheit oder Pflege stark ins Gewicht. 

Falls dann die Rente aus AHV und beruflicher Vorsorge zusammen mit dem verbliebenen Ersparten nicht ausreichen, sind Pflegebedürftige oftmals auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Wenn die Behörde den Anspruch auf Ergänzungsleistungen beurteilt, rechnet sie vorzeitig vermachtes Vermögen zum noch vorhandenen hinzu - für jedes seither vergangene Jahr werden 10’000 Franken weniger Vermögen angerechnet.

Das kann dazu führen, dass Eltern wegen eines Erbvorbezugs oder einer Schenkung keine Ergänzungsleistungen erhalten. Gutsituierte Kinder sind dann unter Umständen gesetzlich verpflichtet, bedürftige Eltern zu unterstützen. Zudem gilt seit diesem Jahr, dass Ergänzungsleistungen nach dem Tod zurückerstattet werden. Und zwar von dem Teil des Erbes, der 40'000 Franken übersteigt. Eltern, die ihre Kinder beim Hauskauf unterstützen wollen, schlafen daher auch bezüglich den Ergänzungsleistungen mit einem Darlehen besser: Dieses können sie zurückverlangen, sollten sie darauf angewiesen sein.

ManuelBoeck
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