Etwa vier Fünftel der in diesem Jahr in Europa begebenen Unternehmensanleihen von Unternehmen ausserhalb des Bankensektors hoher Bonität notieren unter ihrem Ausgabepreis - vor einer Woche hatte der Anteil noch bei unter 50 Prozent gestanden.
Die düstere Statistik unterstreicht die gravierenden Auswirkungen des sogenannten Reflation Trades auf Bondinvestoren - der Wette also, dass die wirtschaftliche Erholung sich beschleunigt und die Teuerung nach oben schnellt. Dabei reagieren Schuldtitel mit hoher Bonität und deshalb typischerweise längerer Laufzeit empfindlicher als Ramschanleihen auf die Gefahr höherer Zinssätze. Dieses Laufzeitrisiko trifft die Anleger in diesem Jahr hart.
"Das Laufzeitrisiko ist schon jetzt ein Problem, das man an der Underperformance der zinssensitiven Teile des Marktes erkennt, und das wird zunehmen", sagt Vincent Benguigui, ein Portfoliomanager bei Federated Hermes, das 625 Milliarden Dollar verwaltet.
Die Gesamtrendite von auf Euro lautenden Investment-Grade-Anleihen seit Jahresbeginn ist in dieser Woche von minus 0,56 Prozent am Montag auf minus 0,96 Prozent gesunken. Vor einem Monat lag die so bestimmte Rendite seit Jahresbeginn laut den Bloomberg Barclays Indizes bei minus 0,3 Prozent. Dagegen hat der weniger zinssensitive Junk-Bond-Markt um 2,2 Prozent zugelegt.
Zinsrisiko ist Haupttreiber
Das Zinsrisiko ist der Haupttreiber für die Verluste bei Unternehmensanleihen. Die Zinsaufschläge für die meisten Neuemissionen aus diesem Jahr haben sich laut Bloomberg-Daten gegenüber dem Start verengt. Die durchschnittliche Risikoprämie von hochwertigen Euro-Anleihen gegenüber sichereren Staatsanleihen liegt bei 83 Basispunkten. Das ist der niedrigste Stand seit mehr als drei Jahren.
Einige Hedgefonds haben bereits begonnen, angesichts der Gefahr steigender Zinsen und überzogener Bewertungen Wetten auf fallende Unternehmensanleihen einzugehen. Die Short-Positionen in Ramschanleihen sind auf den höchsten Stand seit 2008 gestiegen, und die Wetten auf fallende Investment-Grade-Bonds sind auf dem höchsten Stand seit Anfang 2014.
Anleihen, die kurz nach der Emission an Wert verlieren, könnten Anleger möglicherweise davon abhalten, aggressiv für neue Deals zu bieten. Damit bleibt nur eine realistische Hoffnung auf Gewinne, wenn man nicht in hochverzinsliche Anlagen gehen will: Die Papiere zu halten und den Coupon zu kassieren.
"Im Moment heisst es mehr oder weniger Halten", sagt Martin Hasse, ein Portfoliomanager bei MM Warburg, der 76 Milliarden Euro verwaltet.
(Bloomberg)