Kanada hat Cannabis vor anderthalb Monaten, am 17. Oktober, legalisiert. Nach Uruguay ist der nordamerikanische Staat unter dem ultraliberalen Premierminister Justin Trudeau das zweite Land der Welt, das diesen Schritt gemacht hat. Cannabis und Marihuana sind aber nur in staatlichen Länden unter gewissen Kontrollen erhältlich; Kanada verfährt auch bei Alkohol so. Das System wird manchmal mit dem Medikamentenverkauf verglichen, der in vielen Ländern Regulationen unterliegt.

Aber es geht den Kanadiern nicht nur ums Kiffen. Vor einigen Jahren schon begann das Land, Lizenzen an Firmen zu verteilen, die Cannabis für medizinische Zwecke anbauen. Etwa 125 Unternehmen verfügen über diese Genehmigungen. Ein Teil dieser Jungunternehmen ging an die Börse, und dort stellte sich der grosse Erfolg ein.

Eines der bekanntesten Unternehmen ist Canopy Growth. Der Kurs des Unternehmens hat sich bis vergangenen Oktober innert drei Jahren um das 26-fache erhöht. Bei Aurora Cannabis hat sich der Kurs innerhalb von zwei Jahren versiebenfacht. Der traditionelle kanadische Aktienmarkt reagierte monatelang nervös auf das Hin und Her der Neuverhandlungen um das nordamerikanische Handelsbündnis Nafta. Stahl- und Aluminiumwerte kamen wegen der US-Zollpolitik unter Druck. Die Cannabis-Titel an der Börse von Toronto zeigten sich von diesen politisch geprägten Unsicherheiten aber unberührt.

Der Kurs der Aktie von Canopy Growth seit Mitte 2016 (Grafik: cash.ch) 

Nun, de facto zeitgleich mit der Legalisierung Mitte Oktober, haben die «Weed-Aktien» massiv korrigiert. Bei Canopy Growth hat der Kurs um rund 40 Prozent korrigiert, bei Aurora Cannabis hat sich der Kurs fast halbiert. Ein Rückschlag bei diesen Aktien war erwartet worden, denn die Legalisierung bedeutet für die Branche eine Marktöffnung. Mitgespielt hat aber auch, dass zur Nafta mittlerweile Verhandlungsergebnisse vorliegen. Dies stärkt das Vertrauen der Anleger in traditionelle Aktien. Kurz: Bei den Cannabis-Titeln nahmen die Anleger die Gewinne mit.

Im Zusammenhang mit der Legalisierung von Cannabis macht ein weiteres Thema aus Kanada die Runde: Der Nachschub ist knapp. Das Onlineportal Market Watch hat mit Behörden und Verkaufsstellen in acht der zehn kanadischen Provinzen gesprochen. Überall wird berichtet, die Läden könnten nur eine kleine Menge Cannabis verkaufen. Im westlichen Landesteil British Columbia geht man laut Market Watch davon aus, dass der Engpass zwischen sechs und 18 Monaten andauern werde.

Auch die Zahlen von Cannabisproduzenten zeigten in den vergangenen Tagen, dass es noch wenig Absatz im eigenen Land gibt. Die Chefs von Canopy Growth und Aurora Cannabis schimpften über die Behörden, sie würden die Infrastruktur nicht richtig ausrollen. Die Provinzen hingegen werfen den Produzenten vor, nicht genug ‘Pot’ zu produzieren. Zusammen mit dem Kursverfall bei den entsprechenden Titeln heizt das Nachschubproblem nun die Diskussion an, ob Cannabis-Aktien ihren Hype hinter sich haben, oder ob die Korrektur die Gelegenheit zum Einstieg bietet.

Denn für das vierte Quartal – also dem ersten mit legalisiertem Cannabis-Verkauf – waren für die Produzenten Einnahmen in Höhe von einer Milliarde Kanada-Dollar (rund 750 Millionen Franken) erwartet worden. Zahlen, welche die hohe Faszination der Cannabis-Titel im kanadischen Markt bei Investoren mit erklären.

Befürworter von Cannabis-Aktien weisen aber darauf hin, dass der legale Verkauf in Kanada allein nicht das Geschäftsmodell der Cannabisfirmen sei. Da neben der Medizinbranche auch Getränke- oder Nahrungsmittelhersteller den «Stoff» suchen, ist die Cannabisbranche breit aufgestellt. Ausserdem spekulieren die Hersteller auf eine Legalisierung von Cannabis in den USA. Dort erlauben zwar einige Bundesstaaten den Verkauf, ein Bundesgesetz verbietet es aber. Also bevor man die kanadischen Cannabis-Aktien nach ihrem Kurssturz endgültig «raucht», gilt es den Markt noch etwas zu beobachten. Die Fantasien, welche die Legalisierung in Kanada zunächst bei den Aktien auslösten, sind allerdings verflogen.

(cash/mfo)