Die Corona-Pandemie stürzt die Welt in eine Rezession – das wird angesichts der schwerwiegenden Folgen und der noch nicht gestoppten Ausbreitung des Virus immer wahrscheinlicher. Viele Experten fordern, die Politik müsse mehr tun, um eine Weltwirtschaftskrise zu verhindern. Bewährte Krisenmechanismen – wie sie zuletzt in der globalen Finanzkrise eingesetzt wurden – reichen nicht mehr. Davor warnt auch der Anleihemanager Pacific Investment Management Company (Pimco).
Pimco-Chefökonom Joachim Fels glaubt nicht, dass sich die Börsen schnell wieder erholen werden. Nun müssten alle Finanz- und geldpolitischen Register gezogen werden, und um einen Zusammenbruch der Finanzmärkte zu verhindern; und zu vermeiden, dass aus der Rezession eine Depression wird.
"Die Geldpolitik wird zunehmend von fiskalischen Erwägungen dominiert – ein Trend, der schon seit einiger Zeit in Gange ist", sagt Fels. Finanzpolitische Massnahmen seien notwendig, denn die konventionellen Instrumente der Geldpolitik seien weitgehend erschöpft.
Geldpolitische Wirkung ist begrenzt
Die gute Nachricht: Regierungen und Zentralbanken reagieren nach anfänglichem Zögern mittlerweile mit Nachdruck. Die US-Notenbank Fed senkte am Sonntag die Zinsen um einen Prozentpunkt auf fast null – bereits zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen. Doch die Börsen reagieren bislang kaum – auch das zeigt, wie begrenzt die Möglichkeiten der Geldpolitik heute sind.
Andere Zentralbanken haben ebenfalls die Zinsen gesenkt: etwa in Australien und Grossbritannien; in Japan wird darüber nachgedacht. Die Europäische Zentralbank (EZB) pumpt zusätzliche Liquidität in den Markt. Bei den Zinsen hat sie hingegen kaum Spielraum, ebenso wenig wie die Schweizerische Nationalbank (SNB). Zudem würde eine weitere Senkung der rekordtiefen Zinsen Investitionen und Konsum wahrscheinlich ohnehin nicht ankurbeln.
Doch genauso müsse fiskalpolitisch gegengesteuert werden, um Einzelpersonen und Unternehmen in dieser Krise zu unterstützen – das halten auch Fels und viele andere Experten für wichtig. Und die Zentralbanken müssen dabei sicherstellen, dass Kredite bei Unternehmen und Haushalten auch ankommen.
Rezession oder Depression?
Denn die Lage ist ernst: Eine Rezession scheint angesichts des gleichzeitigen Nachfrage- und Angebotsschocks unausweichlich. Wie aber bleibt die Krise relativ kurzlebig? Wie lässt sich verhindern, dass sie sich nicht in eine wirtschaftliche Depression verwandelt? Die wäre nämlich dann gegeben, sollte die Rezession länger dauern als üblich und zu steigender Arbeitslosigkeit sowie vielen Firmen- und Bankenpleiten führen.
Nun sind die Regierungen gefragt: Neben Massnahmen gegen die weitere Ausbreitung der Pandemie müssen sie ihre Bürger und Unternehmen unterstützen, die von der Krise negativ betroffen sind. Dazu gehören Konjunkturpakete und Steuererleichterungen – wie bereits in einigen Ländern verabschiedet. Hongkong etwa schenkt jedem Bürger umgerechnet rund 1200 Franken.
In Europa haben einige Regierungen staatliche Garantien für Bankkredite an Unternehmen angekündigt. Die Folge: Viele ohnehin schon hoch verschuldete Staaten geraten noch tiefer in die Schuldenfalle, etwa Italien, und könnten im schlimmsten Fallen eine europäische Schuldenkrise auslösen.
Sicher ist: Die Zinsen bleiben noch sehr lange sehr niedrig und die Notenbanken werden alles daran setzen, um das Abrutschen in eine wirtschaftliche Depression zu verhindern. Die Frage ist nur, wie lange das gutgeht. Wenn irgendwann die Inflation steigt, müssten die Zentralbanken die Zinsen erhöhen.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf HZ.ch unter dem Titel: «Wann wird aus der Rezession eine Depression?».