Grundsätzlich ist es immer noch Standard, das vor allem konservative Anleger ihre riskanteren Anlagen absichern. JPMorgan-Marktstratege John Normand schrieb in einem Kommentar für seine Kunden aber, dass zyklische Anklageklassen in einem Nullzinsumfeld eventuell zu schwierig abzusichern seien. Investoren bevorzugten es stattdessen, Geld einfach in Barbeständen zu belassen. Damit habe die weltweit betriebene Notenbankpolitik des lockeren Geldes eine weitere, unbeabsichtigte Auswirkung.

"Defensive Anlageklassen liefern gerade die schwächste Performance in den Aktien-Verkaufsphasen der vergangenen zehn Jahre ab", sagte Normand. Damit falle auch der Schutz durch Absicherungen besonders schwach aus. Wenn Investoren Anlagen absichern, auf Business-Englisch hedgen, kombinieren sie Anklageklassen mit unterschiedlichem Risikoprofil. Idealerweise sind Absicherungen gegenläufig zu den abgesicherten Investments. Dies soll Schwankungen an den Märkten ausgleichen.

 

 

Mehr noch: Normand geht davon aus, dass die Mittel aus der riesigen "Geldwand" - gemeint das billige Notenbankgeld – zwangsläufig in Aktien, Obligationen und in die Schwellenländer fliessen werde. Und das billige Geld werde wohl "für immer" sehr reichlich vorhanden sein.

In den USA hat der breiter gefasste Aktienindex S&P 500 etwa 8 Prozent seit seinem Rekordstand von Anfang Spetember verloren. Investoren sind unsicher geworden, weil die Bewertungen gestiegen sind, in vielen Länder die Coronavirus-Infektionen wieder ansteigen und neue lockdown-artige Beschränkungen erlassen werden. Ausserdem stürmt der amerikanische Präsidentenwahlkampf in die heisse Phase.

 

Der Kurs Euro-Franken seit Anfang Juni: Die Schwankungen verlaufen in einem relativ engen Band (Grafik: cash.ch).

Dies sind Voraussetzungen, in denen sichere Häfen normalerweise gefragt sind und diese Anlageklassen oft auch besser performen. Doch die einschlägigen Anlaufstellen für Investoren bewegen sich nur wenig, oder sie sind gar gefallen: Amerikanische Staatsanleihen, Gold, der Yen gegen den Dollar, oder eben auch der Franken gegen den Euro.

So hat ist Unze Gold seit ihrem Rekordhoch bei über 2000 Dollar im August wieder unter 1900 Dollar gefallen. Auch die Renditen von zehnjährige US-Staatsanleihen sind wieder gesunken. Der Franken und der Yen haben jeweils nicht so stark aufgewertet wie in früheren Phasen der Unsicherheit. Aus Schweizer Optik kann noch hinzugefügt werden, dass die Renditen von 10-jährigen Bundesobligationen - auch sie sind ein sicherer Hafen - sich über den Sommer und den beginnenden Herbst in einem nicht allzubreiten Band seitwärts bewegt haben.

«Korrektur weit fortgeschritten»

Die Aussagen von Normand befeuern auch eine seit einiger Zeit geführte Diskussion: Jene, ob es noch opportun sei, an einer klassischen Anlageaufteilung von 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Obligationen festzuhalten. Auch diese Debatte hat massgeblich mit den Veränderungen zu tun, welche durch die Politik des billiges Geldes ausgelöst worden sind.

Hedges wie Yen gegen alle anderen Währungen, der Dollar gegen alle Schwellenland-Aktien oder Gold gegen den Dollar seien immer noch wichtig, schreibt JPMorgan. Diese hätten in 60 bis 80 Prozent der grösseren Schwächephasen des Marktes Gewinne geliefert. Allerdings: JPMorgan geht auch davon aus, dass die aktuelle Korrektur schon bald zu Ende ist.

Es gebe keinen Grund zur Annahme, dass der Oktober und der November bedeutende Marktrückgänge mit sich bringen würden – auch wenn die Unsicherheiten in der US-Politik noch eine Weile anhalten könne, so Marktstratege Normand. Gegeben, dass die Weltwirtschaft im vierten Quartal nicht unter der Trenderwartung wachse, könne man davon ausgehen, dass die Aktienmärkte zwei Drittel ihrer Korrekturphase schon durchlaufen hätten.

(Bloomberg/cash/mfo)