Vom selbstgewählten Exil in Dubai aus führt Isabel dos Santos einen juristischen Kampf gegen Angolas Regierung, während Gerichtsanordnungen ihre Unternehmen erschüttern. In Luanda sind die Regale in den Candando-Supermärkten mehr als halbleer. Eine Bierfabrik südlich der Hauptstadt läuft mit 30 Prozent ihrer Produktionskapazität. Der Betrieb des grössten Zementherstellers des Landes ist ebenfalls erlahmt.

All diese Unternehmen werden von dos Santos kontrolliert, der die angolanische Staatsanwaltschaft vorwirft, der Wirtschaft des südwestafrikanischen Landes während der 38-jährigen Herrschaft ihres Vaters Verluste in Höhe von mehr als 5 Milliarden Dollar (4,2 Milliarden Euro) beschert zu haben.

José Eduardo dos Santos trat 2017 zurück und machte Platz für seinen langjährigen Verbündeten Joao Lourenco. Innerhalb weniger Monate wandte sich Lourenco gegen die Familie und feuerte Isabel als Vorsitzende der staatlichen Ölgesellschaft Sonangol. Zwei Jahre später froren die Behörden ihr inländisches Privatvermögen ein.

Kampf des Nachfolgers gegen Dos-Santos-Familie

Der darauf folgende erbitterte Kampf zwischen Lourenco und der einst mächtigsten Familie des Landes hat einige der grössten Unternehmen Angolas in Mitleidenschaft gezogen und zu Kreditausfällen geführt, die zu einer Übernahme der Unternehmen der Milliardärin führen könnten. Der Zusammenstoss fiel mit fünf Jahren wirtschaftlicher Rezession in Angola, dem zweitgrösstem Ölproduzenten Afrikas, und einer der höchsten Inflationsraten des Kontinents zusammen.

"Die Höhe der Wertvernichtung, die jetzt stattfindet, geht in die Hunderte und Aberhunderte von Millionen Dollar", sagte Dos Santos, 48, in einem Interview in Dubai, wo sie jetzt lebt. "Diese Unternehmen sind stark von diesen Anordnungen zum Einfrieren des Vermögens betroffen", ebenso wie von der "furchtbaren angolanischen Wirtschaft", sagte sie.

Vor dem Einfrieren der Vermögenswerte gebot dos Santos über Aktiva von etwa 2,4 Milliarden Dollar, was sie nach Bloomberg-Berechnungen zur reichsten Frau in Afrika machte. Sie besass ein Viertel von Unitel, Angolas grösster Mobilfunkgesellschaft, sowie Anteile an einem privaten Kreditinstitut, einer Bierfabrik, einer Kabelfirma und einer Supermarktkette.

Vermögen in Portugal

Sie tätigte auch bedeutende Investitionen in Portugal, Angolas ehemaligem Kolonialherrn, in dem ein beträchtlicher Teil ihres Vermögens liegt.

Die Regierung beschuldigt Dos Santos mit Blick auf ihre 18-monatige Tätigkeit bei Sonangol des Missmanagements und illegaler Transaktionen mit Staatsunternehmen. Eine Untersuchung läuft. Im Bericht "Luanda Leaks" führt das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) aus, Dos Santos habe ihr Vermögen durch fragwürdige Geschäfte mit dem angolanischen Staat gemacht.

Dos Santos bestreitet jegliches Fehlverhalten und sagte, dass ein von ihr beauftragtes Ermittlerteam die vom ICIJ zitierten Dokumente als Fälschung entlarvt habe.

Das ICIJ steht indessen zu den Ergebnissen seiner Luanda-Leaks-Untersuchung, der Genauigkeit seiner Berichterstattung und der Authentizität der Dokumente, die diese untermauerten, wie der geschäftsführende Herausgeber Fergus Shiel in einer E-Mail-Antwort auf Fragen erklärte.

Verdacht der Kleptokratie

"Als Tochter eines Präsidenten werde ich immer sehr genau unter die Lupe genommen", sagte Dos Santos. "Ich habe immer gesagt, wenn mein Vater seine Kinder privilegieren und ungeheuer reich hätte machen wollen, dann wäre die einfachste Möglichkeit gewesen, Ölrechte oder Konzessionen oder Handelsverträge im Ölsektor zu vergeben. Ich habe nie etwas im Ölgeschäft aufgebaut."

Angolas Regierung schätzt, dass während dos Santos’ Herrschaft mehr als 24 Milliarden Dollar (20 Milliarden Euro) geplündert wurden. Auch der Internationale Währungsfonds hatte bemängelt, dass der Staat seine Öleinnahmen nicht ordnungsgemäss verbucht habe.

Isabels Halbbruder, Jose Filomeno dos Santos, wurde im August zu fünf Jahren Haft verurteilt, nachdem er der Veruntreuung und des Betrugs für schuldig befunden wurde. Gegen das Urteil hat er Berufung eingelegt. Gegen dos Santos’ Ehemann Sindika Dokolo wurde in Angola wegen seiner Geschäftspraktiken ermittelt, bevor er im Oktober starb. Isabel muss sich bislang noch nicht vor Gericht verantworten.

Ein Sprecher von Generalstaatsanwalt Helder Pitta Groz verwies Fragen an das Büro des Staatspräsidenten, wo ein Sprecher nicht auf drei Nachrichten mit der Bitte um Stellungnahme reagierte. Lourenco sagte in einem Interview mit der Deutschen Welle Anfang 2020, dass es keine Verhandlungen mit Personen geben werde, die der Korruption beschuldigt werden. Eine Schonfrist sei 2018 abgelaufen. Am 15. April sagte Pitta Groz laut der in Luanda ansässigen Zeitung Jornal de Angola, dass die Ermittlungen gegen dos Santos wegen der Komplexität der ihr vorgeworfenen Vergehen lange dauern werden.

Rückführung von Vermögenswerten

"Der angolanische Staat nutzt jetzt die rechtlichen, gerichtlichen, diplomatischen und anderen Mittel, die ihm zur Verfügung stehen, um die effektive Rückführung" von Vermögenswerten, die aus dem Land genommen wurden, zu gewährleisten, sagte Wirtschaftskoordinationsminister Manuel Nunes Junior in einer schriftlichen Antwort auf Fragen von Bloomberg News. In Gerichtsverfahren könne die freiwillige Rückführung von Vermögenswerten dabei berücksichtigt werden.

Der IWF lobte in einem Bericht vom Januar die Bemühungen der Regierung in Luanda, die Korruption zu bekämpfen und Vermögenswerte wiederzuerlangen. Das 4,5-Milliarden-Dollar-Programm des Währungsfonds mit dem Land läuft in diesem Jahr aus. Auf dem Korruptionsindex von Transparency International rangiert Angola noch immer auf Platz 142 von 180.

(Bloomberg)