Vielleicht spricht sie bloss das aus, was andere nur denken. Vielleicht liegt sie auch total falsch. Fest steht: Kaum ein CEO eines anderen Schweizer Unternehmens hat sich in diesen Tagen skeptischer und misstrauischer über den möglichen weiteren Konjunkturverlauf geäussert als Magdalena Martullo-Blocher von Ems-Chemie. Sie äusserte sich an der Jahresmedienkonferenz der Industriegruppe. Eine Konjunkturwende stehe durchaus im Raum, denn normalerweise nehme die Börse die wirtschaftlichen Entwicklungen ein halbes Jahr vorweg, sagte sie.

"Es ist nicht zu früh, so etwas zu prognostizieren. Es besteht das Risiko für eine Konjunkturänderung", antwortet Martullo-Blocher im Video-Interview mit cash auf die Frage, ob sie nicht etwas allzu pessimistisch sei mit ihrer Einschätzung. Sie habe ihre Mitarbeiter weltweit schon beim Jahreswechsel davor gewarnt, was derzeit das Thema an den Börsen ist: Steigendes Preis- und Lohnniveau und damit womöglich früher steigende Zinsen.

An den Börsen hatte sich eine Blase aufgebaut auch aufgrund von einwandfreien Wirtschaftsdaten wie den Einkaufsmanagerindizes weltweit, so Martullo-Blocher. "Doch wenn alles wächst und super gut ist, bin ich immer gleich skeptisch", sagt die SVP-Nationalrätin im cash-Interview weiter. Bei Ems sei man wegen der jüngsten Turbulenzen an den Märkten zwar nicht verunsichert, "aber wir verfolgen dies genau, es ist für uns ein Vorreiter für die Konjunktur."

Derzeit deutet allerdings noch nichts auf einen Abschwung in den USA hin. Das Wachstum der Wirtschaft geht ins neunte Jahr in Folge, die Konjunktur dürfte sich auch 2018 und 2019 überdurchschnittlich entwickeln. Und auch im Januar wurden in der Weltwirtschaftslokomotive 200'000 Arbeitsplätze geschaffen, die Löhne stiegen so stark wie seit 2009 nicht mehr.

Die Lohnentwicklung führte jüngst aber zu einem starken Anstieg der Renditen für US-Staatsanleihen und schürte bei Investoren die Erwartung einer restriktiveren Geldpolitik. Sollte der Börsenabsturz weiter gehen, könnte dies auch zu einem Rückgang der Konsumausgaben und der Unternehmensinvestitionen führen.

Steigende Rohstoffpreise schnell an Kunden weitergeben

Das sieht auch Martullo-Blocher so. "Sollte die Börse weiter fallen, dann werden wir den Konjunkturwechsel haben. Wir stellen uns darauf ein mit Effizienzprogrammen." Sowieso werde derzeit bei Ems-Chemie "der Speck" abgeschnitten, laut Martullo-Blocher geschieht dies alle sieben bis acht Jahre. Voll wirksam werde die Verschlankungskur bei Ems-Chemie im Geschäftsjahr 2019.

Dabei hat Ems-Chemie die positive Umsatz- und Ergebnisentwicklung der Vorjahre auch im Geschäftsjahr 2017 fortgesetzt, wie am Freitag bekannt wurde. Der Umsatz stieg um 8,2 Prozent auf rund 2,1 Milliarden Franken. Damit überschritt das auf Polymere und Spezialchemikalien ausgerichtete Unternehmen erstmals die Marke von 2 Milliarden Franken. Der Konzerngewinn erhöhte sich um 6,3 Prozent auf 484 Millionen Franken. Die Gewinnmargen gingen allerdings leicht zurück.

Die gestiegenen Rohstoffpreise haben zum Umsatzplus beigetragen, weil Ems-Chemie im letzten Jahr zeitweise im Zwei-Wochen-Rhythmus die Produktpreise erhöhte. Angesichts einer drohenden Konjunkturabschwächung will Ems-Chemie die steigenden Rohstoffpreise weiter schnell an die Kunden weitergeben. "Wir geben also eher Gas, um noch zu sichern, was wir können", sagt Martullo-Blocher.

An der Schweizer Börse steigt die Aktie von Ems-Chemie am Freitag in einem fallenden Gesamtmarkt um 2 Prozent. Während der letzten wilden Börsentage hat der Titel fast 10 Prozent verloren. Die Steigerung seit Anfang 2012 beträgt fast 300 Prozent. Die Dividende wird um 1 Franken auf 18 Franken erhöht. Davon profitieren jeweils am meisten die drei Töchter von Christoph Blocher: Magdalena Martullo-Blocher und ihre Schwester Rahel Blocher halten 61 Prozent,  Miriam Blocher rund 9 Prozent an Ems-Chemie.

Im cash-Video-Interview äussert sich Magdalena Martullo-Blocher ausführlich zum Börsenabsturz und zur Entwicklung bei Ems-Chemie.