Von 1,0464 am 17. Mai bis auf 1,0880 Franken pro Euro am heutigen Freitag: Die europäische Gemeinschaftwährung hat sich in den letzten drei Wochen gegen den Franken sprunghaft aufgewertet. Ein Niveau von fast 1,09 Franken pro Euro wurde letztmals Ende Dezember 2019 verzeichnet.
Kursverlauf des Euro zum Franken in den letzten zwölf Monaten (Quelle: cash)
Hauptgrund für den Anstieg des Euro sind die Massnahmen der Politik und der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie im Euroraum. Die EZB stockt, wie sie am Donnerstag bekanntgab, ihr Corona-Notkaufprogramm für Anleihen um 600 Milliarden Euro auf 1,35 Billionen Euro auf. Die Mindestlaufzeit des Kaufprogramms wird zudem um ein halbes Jahr bis Ende Juni 2021 verlängert.
Die EZB-Wertpapierkäufe helfen Staaten wie Unternehmen. Sie müssen für ihre Papiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als grosser Käufer am Markt auftritt. Die Risikoaufschläge auf italienischen Staatsanleihen verringerten sich unmittelbar nach der Bekanntgabe der EZB denn auch um mehr als 15 Basispunkte, und der Euro wertete sich auf.
Bereits letzte Woche hatte die Europäische Kommission mit der Ankündigung eines überraschend grossen Fiskalpakets für eine Aufwertung beim Euro gesorgt. Dazu kommt die bessere Stimmung an den Finanzmärkten. Der deutsche Börsenleitindex Dax beispielsweise hat in den letzten vier Wochen rund 19 Prozent zugelegt.
Experten warnen indes vor einer länger anhaltenden Eurohausse: "Die jüngste Erholung stimmt uns skeptisch", schreibt die Zürcher Kantonalbank in einem Kommentar am Freitag. "Insbesondere sehen wir in der Eurozone das volle Ausmass der Coronakrise noch nicht in den Arbeitslosenstatistiken und den Firmeninsolvenzen widerspiegelt." Die Bank erwartet, dass die Gemeinschaftswährung aufgrund anhaltend grosser wirtschaftlicher Unsicherheit über die Sommermonate wieder unter Abgabedruck kommen wird.
Fakt ist: Die EZB ist mit ihrer Geldpolitik seit Jahren im Krisenmodus. Die EZB-Kaufprogramme für Anleihen belaufen sich mittlerweile auf 2,8 Billionen Euro. Die Ankündigungen der Anleihekäufe "halfen" dem Euro gegenüber dem Franken jeweils nur kurzfristig.
Eine Erleichterung ist die derzeitige Frankenabwertung aber für die Schweizerische Nationalbank (SNB). Sie musste in den letzten Monaten wieder massiv an den Devisenmärkten intervenieren (sprich: Fremdwährungen kaufen), damit sich der Franken nicht zu stark aufwertet. Die Währungsreserven erhöhten sich im Mai um weitere 15,3 Milliarden Franken auf einen Rekordstand von 816,3 Milliarden Franken.
Die SNB kämpft seit Jahren gegen einen zu starken Franken. Seit 2009 hat sie rund eine halbe Billion Franken in den Devisenmarkt gepumpt. Dennoch stieg der Franken in einem Jahrzehnt um etwa 30 Prozent, vor allem wegen der wiederkehrenden Krisen im Euroraum.
Entgegengesetzte Entwicklung: Euro-Franken-Kurs (Linie) und SNB-Devisenreserven seit 2008. Quelle: Bloomberg.