Der Rohstoffhändler Mercuria Energy Group mit Sitz in Genf hatte im vergangenen Sommer einen Vertrag über den Kauf von Kupfer im Wert von 36 Millionen US-Dollar abgeschlossen. Lieferantin war eine Firma in der Türkei.
Aber als die Ladungen in China ankamen, war alles, was die Empfänger fanden, Behälter voller bemalter Steine. Eigentlich hätten es 6000 Tonnen Kupfer sein sollen, abgepackt in 300 Behältern. Doch es waren gezackte Pflastersteine, sprühlackiert, die wie halbveredelte Metall aussehen sollten.
A big Swiss commodity trader agreed to buy $36 million of copper, but when the cargoes arrived all it found were containers full of painted rocks https://t.co/5uE0pXg1Cr
— Bloomberg (@business) March 10, 2021
Mercuria - das umsatzmässig viertgrösste Schweizer Unternehmen - gibt an, die Firma sei Opfer eines Betrugs geworden. Der bizarre Fall wirft tatsächlich ein Schlaglicht auf die Anfälligkeit von Frachtbetrug in einer verschwiegenen Branche, selbst wenn Sicherheitschecks die Norm sind. Bereits in den Jahren 2014 und 2015 nahm Mercuria Rückstellungen zur Deckung potenzieller Verluste vor, nachdem Behörden im Rahmen von Betrugsermittlungen Metalllieferungen im chinesischen Hafen von Qingdao beschlagnahmt hatten.
Wie lief der jüngste Vorfall genau ab? Gemäss Sinan Borovali, einem für Mercuria tätigen Anwalt in der Türkei, hatte das Handelshaus im letzten Juni Kupfer der türkischen Firma Bietsan Bakir gekauft. Das Kupfer wurde ursprünglich in eine erste Lieferung von Containern geladen, bevor sie von einer Inspektionsfirma gecheckt wurden. Anschliessend wurden an den Behältern Siegel angebracht, die zur Verhinderung von Betrug verwendet werden.
Im Schutz der Dunkelheit
Im Schutz der Dunkelheit, so wird jedenfalls angenommen, wurden die Behälter laut Borovali geöffnet und das Kupfer durch Pflaster und die echten Siegel durch falsche ausgetauscht. Das soll bei jeder Lieferung geschehen sein.
Als die Schiffe auf See waren, zahlte Mercuria die 36 Millionen Dollar in fünf Raten. Der Betrug wurde erst entdeckt, die Schiffe im chinesischen Hafen von Lianyungang in diesem Monat ankamen. Es waren insgesamt acht Schiffe auf dem Weg nach China.
Die türkische Polizei nahm im Zusammenhang mit der Kuperlieferung nach China nun 13 Personen in Gewahrsam. Mercuria, eine der fünf grössten unabhängigen Ölhändlerin der Welt, sucht in beiden Fällen vom türkischen Kupfer-Lieferanten Bietsan Wiedergutmachung, und zwar vor einem türkischen Gericht und in einem britischen Schiedsverfahren.
Ebenso wurde Strafanzeige eingereicht wegen Frachtsubstitution und Versicherungsbetrugs. Denn Mercuria stellte zudem fest, dass nur einer von sieben Verträgen der türkischen Firma, welche die Fracht versicherte, echt war.
Mehrere Anrufe in Bietsan-Büro im türkischen Tekirdag durch die Agentur Bloomberg blieben unbeantwortet. Es gilt die Unschuldsvermutung.
"Es wurden Verdächtige in Gewahrsam genommen, von denen angenommen wird, dass sie es sind in verschiedenen Weise in diesen Fall von organisiertem Verbrechen beteiligt sein sollen", wird Mercuria in einer schriftlichen Erklärung zitiert, in welcher Mercuria auch der Istanbuler Abteilung für Finanzkriminalität dankt.
(Bloomberg auf Basis von Medienartikeln, Interviews und Gerichtsunterlagen)