Nachdem die Märkte in den letzten Tagen nur den Weg nach unten kannten, fassten die Anleger nun wieder Mut und griffen angesichts der tiefen Preise und der Hoffnung auf eine baldige Annäherung zwischen den Kriegsparteien Russland und Ukraine zu. Nach einem freundlichen Start und danach längerer Seitwärtsbewegung hat der Leitindex SMI seine Gewinne am späteren Nachmittag weiter ausgebaut und machte seine Verluste der letzten beiden Tage wieder mehr als wett.

Hoffnung machte den Anlegern unter anderem die Aussicht darauf, dass in die festgefahrenen Gespräche zwischen Russland und der Ukraine Bewegung zu kommen scheint, wie Händler sagten. So wollen sich die Aussenminister der Ukraine und Russlands am Donnerstag in der Türkei treffen. Zudem deutete die ukrainische Regierung an, nicht mehr auf einer sofortigen Nato-Mitgliedschaft zu beharren und Russland strebt offenbar keinen Machtwechsel in der Ukraine mehr an. Dennoch sei es weiterhin zu früh, um Entwarnung geben zu können, hiess es am Markt. "Politische Börsen sind extrem wankelmütig und hoch volatil", sagte ein Händler. Sobald sich die Nachrichtenlage eintrübe, dürften die Aktienkurse auch wieder fallen.

Der SMI schloss 3,95 Prozent höher bei 11'493,36 Zählern. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, gewann 4,27 Prozent auf 1812,21 und der breite SPI 4,16 Prozent auf 14'630,48 Punkte hinzu. Von den 30 wichtigsten Titeln schlossen 29 im grünen Bereich, die Hälfte davon mit Gewinnen von mehr als 5 Prozent.

Damit reihte sich der SMI in den allgemeinen Aufwärtstrend an den wichtigsten europäischen Börsen ein. Der deutsche DAX etwa schloss 6,9 Prozent, der französische CAC 40 6,4 Prozent und der britische FTSE 2,6 Prozent höher. Dass sich die Gemüter wieder ein Stück weit beruhigt haben, zeigte auch der als "Angstbarometer" geltende Volatilitätsindex VSMI, der im Vergleich zum Vortag um über 10 Prozent sank.

Zulegen konnten an der Schweizer Börse unter anderem diejenigen Titel, die in den letzten beiden Tagen starke Verluste einstreichen mussten - und das waren fast alle. An erster Stelle gelang es Richemont mit einen gewaltigen Sprung von 12,6 Prozent, die jüngsten Kurseinbussen wieder auszugleichen. Auch die Titel des Konkurrenten Swatch (+8,1 Prozent) waren wieder sehr gesucht. An zweiter Stelle schlossen Temenos mit einem Plus von 9,6 Prozent.

Als einziger Blue Chip verbuchte Geberit nach der heutigen Zahlenvorlage einen Kursverlust von 1,8 Prozent. Die Gewinnzahlen 2021 seien zwar gut, hiess es am Markt, die Unsicherheiten bezüglich Rohmaterialkosten, Lieferketten und Kundenverhalten seien allerdings nur schwer abschätzbar. Auch bemängelten manche Analysten die hohe Exposure von Geberit in Europa.

Dass der Schweizer Markt im Vergleich zum DAX oder zum CAC nicht ganz so stark aufholen konnte, ist den beiden Pharma-Schwergewichten geschuldet. Vor allem Novartis (+1,7 Prozent) bremsten mit unterdurchschnittlichen Gewinnen den Gesamtmarkt aus, Roche gewann mit 3,0 Prozent ebenfalls weniger als der Gesamtmarkt. Das dritte Schwergewicht im Bunde, Nestlé, legte hingegen überdurchschnittlich zu und schlossen mit einem Plus von 4,4 Prozent.

In den hinteren Reihen fielen Aryzta besonders positiv auf mit einem Plus von 18,2 Prozent. Das Unternehmen hatte am Montag eine Woche früher als geplant über seinen Geschäftsgang 2021 informiert. Dies auch deshalb, weil die Anleger zuvor verängstigt auf die steigenden Weizenpreise reagiert und die Titel des Bäckereikonzerns verkauft hatten. Aryzta beruhigte sie allerdings mit der Information, dass das Unternehmen für den Rest des laufenden Geschäftsjahres (bis Ende Juli) noch genug Weizen auf Vorrat habe. Mit dem aktuellen Schlusskurs von 0,94 Franken liegen die Titel allerdings immer noch weit zurück im Vergleich zum Jahreshöchstkurs von 1,18 Franken.

Im breiten Markt zeigten sich auch weitere Firmen überdurchschnittlich fest, die in den letzten Tage zu den grössten Verlierern gehört hatten: Dufry (+10,7 Prozent) setzen die Vortagesgewinne fort und auch VAT (+7,8 Prozent) waren stark gesucht. Rieter gewannen nach Zahlen moderate 0,7 Prozent.

(AWP)