Die Zins- und Inflationserwartungen könnten von den Konjunkturdaten immer wieder durchgeschüttelt werden, erklärten Marktteilnehmer. Nach dem unerwartet deutlichen Preisauftrieb für die US-Konsumenten habe die Abschwächung auf Herstellerebene am Vortag geholfen, die Gemüter wieder etwas zu beruhigen, hiess es bei der Credit Suisse. Davon ungeachtet wächst aber die Überzeugung der Experten, dass die US-Notenbank ihren restriktiven Zinskurs weiterfährt, selbst wenn das Wachstum leidet. Sie rechnen nun damit, dass die Fed den Leitzins bis auf 4,5 Prozent anheben wird. "Ich denke es wird an der Schweizer Börse seitwärts weitergehen. Ich wüsste nicht, wo die Impulse nach oben herkommen sollten", sagte ein Händler.
Der SMI schloss um 0,07 Prozent tiefer auf 10'746,70 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, rutschte um 0,43 Prozent ins Minus auf 1636,41 Zähler, während der breite SPI um 0,24 Prozent auf 13'747,95 Zähler sank. 17 SLI-Werte gaben nach, 12 legten zu und ABB schlossen unverändert.
Das Interesse richtete sich auf die drei defensiven Schwergewichte: Roche wurden von einer Kaufempfehlung der Credit Suisse um 1,8 Prozent nach oben gezogen. Die CS-Analysten erhöhten das Rating auf "Outperform" von "Neutral". Der Pharmakonzern investiere im Branchenvergleich stark in Forschung und Entwicklung, und der Innovationserfolg dürfte das Unternehmen längerfristig vor der Konkurrenz schützen.
Dagegen hat Credit Suisse die Aktien von Novartis (-0,4%) auf "Underperform" von "Neutral" zurückgestuft. Die Analysten befürchten, dass Novartis unterdurchschnittlich wachsen dürfte. Zusätzlich auf den Kurs drückte eine Untersuchung der Weko wegen des möglichen Einsatzes von Sperrpatenten.
Nestlé (-0,3%) setzten die Talfahrt nach ihrem Kurseinbruch von 2,7 Prozent am Vortag fort. Händler erwähnten neben einer Verkaufsempfehlung von Exane BNP die bevorstehenden Indexanpassungen als mögliche Gründe für den gestrigen Kurstaucher.
Ohne Roche wäre der SMI noch deutlich tiefer im roten Bereich gelandet. Dies zeigte sich daran, dass der SLI, in dem die Schwergewichte stärker gekappt sind, viel mehr nachgab als der SMI.
Die grössten Verlierer unter den Blue Chips waren Straumann (-4,2%), die am Nachmittag die Talfahrt beschleunigten. Auch Techwerte und konjunktursensible Titel wie Temenos (-3,4%), Sika (-3,3%) oder VAT (-3,2%) erlitten deutliche Kursverluste. Gerupft wurden auch die Kurse von Lonza (-2,9%), Sonova (-2,4%) oder der beiden Luxusgüterhersteller Swatch und Richemont (je -2,2%).
Die Titel des Liftherstellers Schindler verloren 1,2 Prozent, nachdem Morgan Stanley die Empfehlung auf "Equal Weight" von "Overweight" abgestuft hatte.
Auf der anderen Seite zeigten SGS (+1,2%) hinter Roche die kräftigsten Gewinne unter den grosskapitalisierten Konzernen. Allerdings waren sie lange um über 2 Prozent im Plus gelegen. Dahinter folgten die Finanzwerte UBS (+0,7%) und Swiss Re (+0,6%). Der Rückversicherer profitierte von einer Kurszielerhöhung durch die UBS.
Am breiten Markt tauchten Clariant (-4,3%). Sie litten laut Händlern darunter, dass die US-Konkurrenten Dow und Eastman vor einem schwächeren dritten Quartal gewarnt hatten und die deutsche Chemieindustrie die Produktion wegen der Energieversorgung drosseln will. Zur Rose (-10%) sackten weiter ab und schlossen mit 36 Franken auf dem tiefsten Stand aller Zeiten.
jb/tp
(AWP)