Der Schweizer Aktienmarkt ist am Freitag von den News zu einer neuen, viel ansteckenderen Coronavirus-Variante auf eine rasante Talfahrt geschickt worden. Die Meldungen zur neuen Variante hätten die Investoren an den Börsen weltweit aufgeschreckt und Gewinne seien ins Trockene gebracht worden, hiess es im Handel. Die Sorge am Markt war gross, dass über das Wochenende weitere beunruhigende Nachrichten die Stimmung an den Finanzmärkten zusätzlich eintrüben könnten.
In die grassierende vierte Infektionswelle platze nun eine Mutation, welche die wochenlange Sorglosigkeit an der Börse krass zutage treten lasse, sagte ein Händler.
Die neue, zuerst in Südafrika aufgetretene Variante gilt als wesentlich aggressiver als die derzeit dominierende Delta-Variante und die heutigen Impfstoffe könnten weniger gut davor schützen. Es wird im Kampf gegen die Pandemie ein herber Rückschlag befürchtet.
Das Thema Corona drängte am "Black Friday" alles andere in den Hintergrund, während in den USA nur ein verkürzter Handel lief. In der Schweiz sackte der Leitindex SMI zu Handelsbeginn um mehr als 2 Prozent bis auf 12'157 Punkte ab.
In der Folge wurden die Verluste ein wenig eingegrenzt, zu Handelsende büsste der SMI jedoch erneut deutliche 2,01 Prozent auf 12'199,21 Stellen ein. Im Vergleich zur Vorwoche resultierte ein Abschlag von 2,8 Prozent.
Luxusaktien leiden
Auch der SLI, der die 30 wichtigsten Aktien umfasst, liess Federn und sank um 2,25 Prozent auf 1963,70 Punkte. Der breite SPI brach derweil um 1,89 Prozent auf 15'600,34 Zähler ein. Im SLI standen am Ende 26 Verlierer 4 Gewinnern gegenüber.
Die wachsenden Coronasorgen machten sich auch im Volatilitätsindex VSMI bemerkbar: Das Sorgenbarometer der Schweizer Börse kletterte um über 40 Prozent in die Höhe. Und am Devisenmarkt wurden "sichere Häfen" wie der Schweizer Franken angesteuert. Der Euro fiel auf 1,0440 und der US-Dollar auf 0,9225 Franken zurück. Ausserdem gaben die Ölpreise stark nach.
Die Anleger trennten sich vor allem von den Papieren von Firmen, die unter neuerlichen Corona-Lockdowns und Reisebeschränkungen besonders leiden werden. Dazu zählen die Luxusgüteraktien von Swatch (-7,1 Prozent) und Richemont (-5,1 Prozent). Für die Uhren- und Schmuckverkäufer sind eine gute Stimmungslage unter Konsumenten sowie das Tourismus-Shopping von besonderer Wichtigkeit.
Im breiten Markt fielen die Papiere des Reisedetailhändlers Dufry (-12 Prozent) und des Flughafens Zürich (-6,9 Prozent) den Sorgen um die globale Tourismusindustrie zum Opfer. Die Schweiz schickt wegen der Sorge vor der Ausbreitung der neuen Variante Reisende aus Staaten wie Südafrika, Hongkong, Israel oder Belgien in Quarantäne.
Auf dem Verkaufszettel standen bei den Blue Chips auch eine Reihe von Finanztiteln wie UBS (-5,8 Prozent), Swiss Re (-4,2 Prozent), Julius Bär (-3,9 Prozent), Zurich Insurance (-3,3 Prozent) oder CS (-3,5 Prozent). Händler verwiesen auf die derzeit stark rückläufigen Renditen, die den Finanzsektor belasten. Und auch Verwerfungen an den Börsen drücken besonders auf die Kurse von Banken und Versicherungen.
Zykliker unter Druck
Desweiteren kamen mit den wachsenden Konjunkturängsten auch Zykliker stark unter Druck: ABB büssten 4,2 Prozent, Holcim 3,0 Prozent oder Adecco 3,3 Prozent ein. Einen Rücksetzer von über 3 Prozent musste auch Alcon hinnehmen.
Nur bedingt boten die Schwergewichte Nestlé (-1,3 Prozent) und Roche (-1,0 Prozent) dem SMI eine Stütze. Novartis büssten gar 2,4 Prozent ein. Im Vorfeld des Investorentages der nächsten Woche warnten UBS-Analysten bei Novartis vor einer schwachen Umsatzentwicklung.
Die wenigen Gewinner wurden vom Computerzubehörhersteller Logitech (Aktie: +4,0 Prozent) angeführt, dessen Produkte für den Gebrauch im Home-Office rege bestellt werden. Lonza gewannen 3,1 Prozent. Der Hersteller des Wirkstoffs für den Moderna-Impfstoff gilt ebenfalls als Gewinner der Krise.
Auch am breiten Markt wurden mögliche Nutzniesser der Coronakrise gesucht: So sprangen die Aktien des Laborausrüsters Tecan (+4,9 Prozent) ebenso an wie die Papiere der Online-Apotheke Zur Rose (+8,6 Prozent) oder des Pharmazulieferers Polypeptide (+6,4 Prozent).
(AWP)