Die EZB hat erstmals seit über zehn Jahren den Leitzins um 50 Basispunkte und damit stärker erhöht als zuvor in Aussicht gestellt. Händler begrüssten den Schritt als notwendig, um der hohen Inflation entgegenzutreten. Er komme aber etwas spät.
Positiv aufgenommen wurde, dass Russland nach der Wartung von Nord Stream 1 wieder Gas über die Pipeline liefert. Dagegen beunruhigte die Entwicklung in Italien, wo die Regierung von Mario Draghi auseinandergebrochen ist. Die Stimmung wurde auch vom starken Rückgang des Philly-Fed-Index in den USA etwas getrübt, hiess es weiter. Ansonsten hätten sich die Marktteilnehmer vor allem damit beschäftigt, die zahlreichen Firmenergebnisse zu verarbeiten.
Der SMI schloss nach einem volatilen Verlauf um 0,68 Prozent fester bei 11'134,74 Punkten und damit auf Tageshoch. Der 30 Titel umfassende SLI, bei dem die grössten Titel nicht mit dem ganzen Gewicht gerechnet werden, legte 0,74 Prozent zu auf 1715,81 Zähler und der breite SPI 0,74 Prozent auf 14'368,03 Punkte. 21 der 30 Blue Chips schlossen höher und neun tiefer.
Zu den Verlieren im SLI zählten mit Roche (-0,5 Prozent) und Givaudan (-1,6 Prozent) zwei Unternehmen, die über ihren Geschäftsgang berichtet haben. Der Pharmakonzern hat mit seinen Halbjahreszahlen die Erwartungen zwar übertroffen, allerdings war das Papier in den letzten Wochen gut gelaufen. Analysten sprachen daher auch von Gewinnmitnahmen. Zudem überraschte Roche mit einer Personalie: CEO Severin Schwan wird im März 2023 seinen Posten an den heutigen Diagnostik-Chef Thomas Schinecker übergeben und als Nachfolger von Christoph Franz das VR-Präsidium übernehmen.
Givaudan hat zwar den Umsatz deutlich gesteigert, aber wegen Preissteigerungen bei den Rohstoffen einen Margenrückgang hinnehmen müssen. Einige Analysten stellten die Nachhaltigkeit des Wachstums beim Aromen- und Riechstoff-Hersteller in Frage.
Den stärksten Abschlag bei den Blue Chips verbuchten Temenos (-3,0 Prozent). Das Softwarehaus veröffentlichte nach Börsenschluss den Quartalsbericht.
Dagegen waren ABB (+1,6 Prozent) klar im Plus. Der Technologiekonzern hat mit dem Zwischenbericht vor allem bei der Marge über den Erwartungen abgeschnitten. Zudem zieht sich ABB total aus Russland zurück und wie am Vorabend mitgeteilt wird die Turbo-Charging-Tochter Accelleron von ABB abgespalten und Anfang Oktober an der Schweizer Börse SIX kotiert.
Grösste Gewinner waren aber mit VAT (+5,0 Prozent), Partners Group (+2,9 Prozent), Sonova (+3,2 Prozent), Straumann (+2,7 Prozent), Alcon (+2,3 Prozent), Sika (+1,8 Prozent) und Geberit (+2,6 Prozent) Aktien, die im Vorjahr stark gelaufen waren und danach stark korrigiert hatten. "Hier griffen die Schnäppchenjäger zu", sagte ein Händler.
Zudem Gewinnern der EZB-Beschlüsse zählten laut Händlern Bankaktien wie: UBS (+1,5 Prozent) und Julius Bär (+1,5 Prozent), die die Gewinne ausweiten und CS (-0,7 Prozent) die Verluste wenigstens ein wenig eingrenzen konnten.
SGS (+2,5 Prozent) erholten sich weiter von ihren Abgaben nach Halbjahreszahlen am Dienstag. Kühne + Nagel gewannen vor der Ergebnisvorlage am Montag um 1,2 Prozent.
Im breiten Markt fällten Anleger klare Urteile bezüglich der vorgelegten Zwischenberichte: So schlossen etwa Bossard (+8,2 Prozent), CPH (+2,0 Prozent) und Medmix (+4,6 Prozent) fester. Dagegen büssten Bystronic (-11 Prozent) und Dormakaba (-0,9 Prozent) sowie die Finanzhäuser Cembra (-7,3 Prozent), EFG (-0,4 Prozent) und Leonteq (-11 Prozent) deutlich tiefer. Addex legten 74 Prozent zu nach der Meldung, dass die liquiden Mittel für den Weiterbetrieb bis Ende Jahr reichten.
(AWP)