Anders als angekündigt ist durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 seit Samstag kein Gas mehr aus Russland nach Deutschland geflossen. Da die Schweiz einen Grossteil des Gases aus Deutschland bezieht und das Land einer der wichtigsten Handelspartner ist, spüre sie rasch, wenn es der deutschen Wirtschaft schlechter gehe, sagt ein Händler.
Dazu kommen die Zinssorgen. Denn die US-Notenbank Fed werde noch längere Zeit einen restriktiven Zinskurs verfolgen. Der am Freitag veröffentlichte Bericht zeigte nur eine geringe Abkühlung am heiss gelaufenen US-Jobmarkt. Zudem steht am Donnerstag eine Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) bevor. Sowohl vom Fed als auch von der EZB wird eine starke Zinsanhebung um bis zu 75 Basispunkte erwartet. Da die US-Börsen am Montag wegen eines Feiertags (Tag der Arbeit) geschlossen bleiben, könnte sich das Geschehen im Tagesverlauf allerdings noch etwas beruhigen, meint ein Händler. Kaum Einfluss hätten die hiesigen Konjunkturzahlen, heisst es. Dabei ist die Schweizer Wirtschaft im zweiten Quartal 2022 mit 2,8 Prozent etwas stärker als erwartet gewachsen.
Der SMI büsst bis um 11.10 Uhr 1,39 Prozent ein auf 10'740,54 Punkte. Damit wird ein Teil der am Freitag erzielten kräftigen Kursgewinne des SMI von 2,14 Prozent wieder ausradiert, zu denen es nach den starken US-Jobdaten zunächst noch gekommen war.
Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fällt um 1,74 Prozent auf 1638,92 und der breite SPI um 1,45 Prozent auf 13'815,28 Zähler. Alle 30 SLI-Titel geben nach.
Stark unter Druck stünden Aktien aus dem Technologiebereich oder von zyklischen Unternehmen, die auf viel Energie angewiesen seien, sagt ein Händler. So führen die seit längerem schwächelnden Aktien des Chipherstellers Ams Osram (-4,0 Prozent) die Verlierer an. Aber auch die Anteile des Vakuumventilherstellers VAT (-3,5 Prozent), des Computerzubehörherstellers Logitech (-3,1 Prozent) und des Softwarehauses Temenos (-2,4 Prozent) geben klar nach.
Die Bauzulieferer Geberit, Holcim und Sika büssen um 3,2 bis 3,6 Prozent ein. Vor allem die Produktion des Zementherstellers Holcim gilt als sehr energieintensiv. Mit ABB (-3,0 Prozent) steht ein Anlagenbauer ebenfalls unter Druck. Aber auch Wachstumstitel wie Lonza (-2,8 Prozent), Straumann (-2,1 Prozent) und Sonova (-2,1 Prozent) werden verkauft.
Die Aktien der Banken rangieren ebenfalls in der unteren Tabellenhälfte. CS fallen um 3,4 Prozent. Dabei dürften die Berichte über die angebliche Zerschlagung des Investmentbankings zusätzlich für Unsicherheit und damit für Druck sorgen, meint ein Händler. Die Papiere von Julius Bär (-2,3 Prozent) und der Grossbank UBS (-1,5 Prozent) stehen ebenfalls auf den Verkaufszetteln.
Klar besser als der Gesamtmarkt schlagen sich Novartis (-0,2 Prozent), die die frühen Verluste fast aufholen können. Dahinter folgen die ebenfalls als defensiv geltenden Swisscom (-0,7 Prozent), der Pharmatitel Roche (-0,7 Prozent) und das Nahrungsmittelschwergewicht Nestlé (-1,3 Prozent).
Bei den Aktien der Versicherer halten sich Zurich (-0,6 Prozent) und Swiss Re (-1,1 Prozent) besser als Swiss Life (-2,1 Prozent).
Die Aktien der beiden Luxusgüterhersteller Swatch (-1,6 Prozent) und Richemont (-2,5 Prozent), die sich zuletzt wieder etwas erholen konnten, würden wieder aus den Depots gekippt. "Rezessionssorgen lassen auch hier grüssen", sagt ein Händler. Erschwerend kämen die zunehmenden Spannungen mit China und Taiwan hinzu.
Auf den hinteren Rängen stehen Von Roll (-1,5 Prozent) nach Zahlen unter Druck. Bei Zur Rose (-2,1 Prozent) würden bereits wieder Gewinne eingestrichen nach der technischen Erholung zum Vorwochenschluss, sagt ein Händler.
Dätwyler fallen um 4,8 Prozent und damit mehr als sie am Freitag gestiegen sind. Die Industriefirma hat das Schweizer Start-up CTsystems zu einem nicht genannten Preis gekauft.
(AWP)