Indische Touristen seien im Durchschnitt sehr jung, redeten gut Englisch und hätten eine stark wachsende Mittelschicht, sagte der Jungfraubahnen-Chef in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Pessimistisch gab sich der im Sommer abtretende Kessler bezüglich der US-Touristen. «Die Unsicherheit, für die die US-Regierung sorgt, ist Gift für den Tourismus», sagte er. So seien essenzielle Dinge wie Vertrauen und Respekt im Verhältnis zu den USA durch die Zollpolitik leider verloren gegangen.

Anhaltender Gruppentourismus

Die Zeiten des Gruppentourismus seien derweil keineswegs vorbei - auch wenn nach der Pandemie alle gesagt hätten, dieser komme nicht zurück, sagte Kessler sagte. «Wir hatten 2024 fast genauso viele Gruppen bei uns wie in unserem Rekordjahr 2019.» Ähnlich verhalte es sich auch mit dem Verkauf von Luxusartikeln wie Uhren auf dem Jungfraujoch.

Der Chef der Jungfraubahnen wehrte sich auch gegen den Vorwurf, den Übertourismus zu fördern. Vor 15 Jahren haben das Unternehmen 500 Leuten Arbeit gegeben, heute seien es über 1000. Zudem zahle es inzwischen 20 Millionen Franken Steuern pro Jahr, wovon die Gemeinden profitiere wie auch die Bevölkerung. «Wir haben also Wohlstand in die Region gebracht.»

Schweizer Absicherungsmentalität

Dass mit der Erneuerung der Firstbahn das nächste grosse Infrastrukturprojekt anstehe, zeige, dass die «Produktpipeline besser ist als die von manchem Pharmaunternehmen.» Das sei auch gut so, weil sich mit den vielen Regulierungen Projekte oft verzögerten.

Generell sei eines der grössten Probleme des Landes der «fehlende Entscheidungswille in den Behörden», kritisierte er. In der Schweiz pflege man inzwischen eine «Absicherungsmentalität». «Jede Fachstelle will sich nur noch absichern, dass ja nicht noch eine unvorhergesehene Kritik einer Umweltorganisation kommt. Projekte dauern somit länger und sind viel aufwendiger.»

Nach seinem Ausscheiden Mitte Juni strebe er, wie bekannt, das Amt als Präsident von Swiss Ice Hockey an und auch weitere Funktionen könne er sich vorstellen, so Kessler. «Was ich mir aber nicht vorstellen kann, wäre in den Verwaltungsrat irgendeines anderen Tourismusunternehmens zu gehen», sagte der 63-jährige.

(AWP)