Deutschland bekommt praktisch kein Erdgas mehr aus Russland. Der russische Staatskonzern Gazprom lässt alle Lieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 bis auf Weiteres ruhen - angeblich wegen technischer Probleme. Der Kreml machte die Sanktionspolitik für den Gas-Lieferstopp verantwortlich. Vermutet wird aber, dass Kremlchef Wladimir Putin den Westen - und insbesondere Deutschland - im Konflikt um die Ukraine noch mehr unter Druck setzen will.
Europaweit und auch hierzulande verzeichneten vornehmlich stark konjunkturabhängige Branchen wie der Automobil- und der Chemiesektor deutliche Verluste. Gerade letzterer benötigt viel Gas für die Produktion. Die Aktien der BASF verloren vier Prozent. Dax-Schlusslicht waren Mercedes-Benz mit minus 6,8 Prozent.
"Zwar sind die Gasspeicher hierzulande gut gefüllt. Allerdings stellt sich die Frage, vor allem wenn im Winter der Gasverbrauch deutlich steigt, wie diese gefüllt werden sollen und ob es ausreichende Alternativen geben wird", schrieb Analyst Christian Henke vom Handelshaus IG.
Angesichts des Gas-Lieferstopps aus Russland hatte der europäische Erdgaspreis an der Energiebörse in Amsterdam vor allem am Vormittag deutlich angezogen. Dadurch erhöhten sich die Bezugspreise auf den eng vernetzten Energiemärkten weiter. Am Nachmittag kam der Erdgaspreis dann wieder etwas zurück. Die hohen Gaspreise und die zunehmenden Lieferbeschränkungen lasteten vornehmlich auf den Aktien des grössten deutschen Gasimporteurs Uniper , die auf ein Rekordtief fielen und zum Handelsschluss elf Prozent verloren. Experten zufolge könnte der Konzern bald weitere Staatshilfen brauchen.
Zudem sorgte für Gesprächsstoff, dass die Ampel-Koalition Bürgerinnen und Bürger angesichts steigender Preise mit einem dritten Unterstützungspaket entlasten will. Eine geplante Massnahme ist, dass für einen gewissen Basisverbrauch an Strom ein vergünstigter Preis gelten soll. Finanziert werden soll die Preisbremse, indem übermässige Gewinne am Strommarkt abgeschöpft werden sollen. Mit Blick auf Eon seien die Vorschläge positiv, die Menschen bei den Stromrechnungen zu entlasten, schrieb Analyst Peter Crampton von der britischen Investmentbank Barclays.
Eon fokussiert sich auf Vertrieb und Netze, wohingegen RWE vor allem in der Stromerzeugung aktiv ist. Die Aktien von RWE erholten sich von anfänglich hohen Verlusten und schlossen leicht im Plus. Eon gewannen als bester Dax-Wert ein Prozent. Härter traf die Aussicht auf die Abschöpfung übermässiger Gewinne die Anteilsscheine des Solar- und Windpark-Betreibers Encavis , die um 3,7 Prozent abrutschten. Die geplante Abgabe könnte den Unternehmensgewinn belasten, hiess es von der DZ Bank.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank zum Wochenauftakt um 1,53 Prozent auf 3490,01 Punkte. In Frankreich ging es ebenfalls bergab. In London gelang dem britischen Leitindex noch der Sprung ins Plus. Wegen eines Feiertags nicht gehandelt wird am Montag in den USA.
Die Erdgaskrise drückte am Montag den Euro erstmals seit fast 20 Jahren zeitweise unter die Marke von 0,99 US-Dollar. Nach dem Börsenschluss wurde die Gemeinschaftswährung zu 0,9921 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 0,9920 (Freitag: 0,9993) Dollar festgesetzt, der Dollar damit 1,0081 (1,0007) Euro gekostet.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 1,47 Prozent am Freitag auf 1,45 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,25 Prozent auf 131,86 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,89 Prozent auf 147,69 Punkte./ajx/nas
--- Von Achim Jüngling, dpa-AFX ---
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