In einer kürzlich gehaltenen Rede stellte EZB-Präsident Mario Draghi klar, in welchem Kontext das zukünftige Handeln der EZB zu sehen ist. Draghi räumte ein, dass die Inflation im Euroraum von etwa 2,5% Mitte 2012 bis heute markant gesunken ist und aktuell auf dem viel zu tiefen Wert von 0,4% liegt. Er argumentierte, man könne nun nicht mehr davon ausgehen, dass die Kräfte hinter diesem Trend - sinkende Energie- und Nahrungsmittelpreise, hohe Arbeitslosigkeit, Ukraine-Krise - nur vorübergehend seien. Damit bereitet er geschickt das Terrain für ein entschlossenes Handeln zur Abwendung der Deflationsrisiken. Mit einer Palette von Massnahmen, die von der EZB im Juni vorgestellt worden war, will die EZB nach eigenen Angaben gegen die andauernd unter dem eigenen Zielwert liegende Teuerungsrate in der Währungsunion vorgehen:
- Geldspritzen zur Ankurbelung der Kreditvergabe durch Banken (TLTRO)
- Negative Zinsen auf Überschussreserven, welche Banken bei der EZB halten
- Käufe von verbrieften Firmenkrediten, womit die Bilanzen der die Kredite gebenden Banken entlastet werden
Geringe Nachfrage nach neuer EZB-Geldspritze
Die neuen Geldspritzen der Europäischen Zentralbank stossen nur auf geringes Interesse. Die Geschäftsbanken wollen sich viel weniger frisches Zentralbankgeld leihen als erwartet. Die Nachfrage der Banken bei der ersten von mehreren neuen Geldspritzen der EZB war gering. 255 Banken aus den Euro-Ländern bezogen Kredite über insgesamt 82 Milliarden Euro. Zuvor befragte Ökonomen hatten dagegen mit dem Abruf von gut 130-150 Milliarden Euro gerechnet.
Die nächste Geldspritze will die EZB im Dezember setzen. Sie will so die stockende Kreditvergabe in weiten Teilen der Währungsunion ankurbeln. Die Euro-Notenbank hatte bereits Ende 2011 und Anfang 2012 zwei aussergewöhnlich langlaufende Kredite vergeben und den Banken damit brutto rund eine Billion Euro zur Verfügung gestellt. Einen Grossteil dieses Geldes haben die Institute inzwischen an die EZB zurückgezahlt. Die EZB will mit den auf vier Jahre ausgelegten Ausleihungen, deren Höhe sich am Umfang der Kreditbücher der Banken orientiert, die Kreditvergabe an die Realwirtschaft fördern.
EZB-Bilanzsumme ist fremdgesteuert
Die Bilanzsumme der EZB erreichte 2012 einen Wert von über drei Billionen Euro und ist in zwei Jahren auf zwei Billionen Euro geschrumpft. Die EZB hat in der Vergangenheit eine quantitative Lockerung (QE) betrieben, welche nachfrage-orientiert ist. Andere Notenbanken haben hingegen auf angebotsorientierte QE gesetzt. Kauft zum Beispiel die US-Notenbank Fed Anleihen, so erhöht sie eins zu eins ihre Bilanzsumme und sie erhöht die Liquidität des Bankensystems, unabhängig davon, ob und wie die Geschäftsbanken handeln.
Im Euroraum war das Gegenteil der Fall! Die EZB setzte vorwiegend auf die Nachfrage der Geschäftsbanken. Sie stellte ihnen zu tiefen Zinsen Kredite zur Verfügung und so lange die Geschäftsbanken, wie 2010-2012, Kredite aufnahmen, stieg auch die Bilanzsumme der EZB. Damit sind es aber die Geschäftsbanken, welche QE steuern und einzig ihr Appetit nach Liquidität bestimmt die Ausweitung oder, wie 2012-2014, die Kontraktion der Bilanzsumme der EZB. Was hat die EZB in diesem Zeitraum gemacht? Die Augen waren stark auf Draghi's epochalen Bluff (whatever it takes, OMT) gerichtet und in dem Ausmass, wie sich die wirtschaftlichen Bedingungen stabilisierten und verbesserten, haben die Geschäftsbanken ihre Liquiditätshaltung zurückgefahren und Kredite an die EZB zurückbezahlt. Die Tatsache, dass seit Juni 2014 negative Zinsen auf Überschussliquidität bei der EZB bezahlt werden müssen, hat diesen Rückzahlungs-Trend beschleunigt. Zumindest teilweise muss sich die EZB den Vorwurf gefallen lassen, durch negative Zinsen die Verknappung der Liquidität zu begünstigen und statt quantitativer Lockerung (QE) quantitative Verschärfung (QT: Quantitative Tightening) zu betreiben.
Schwache Nachfrage
Was bedeuten nun die enttäuschenden 82 Milliarden Euro der ersten TLTRO-Tranche? Der niedrige Wert untermauert die These, dass die Firmen nach wie vor verhalten investieren wollen und Banken deshalb eine schwache Kreditnachfrage spüren. Er verstärkt die Markterwartung, dass die EZB nun mit grösserer Wahrscheinlichkeit auf angebotsorientierte Lockerungsmassnahmen setzen wird. Allerdings darf man nicht vorschnell urteilen und sollte die Zahlen der zweiten Tranche abwarten. Möglicherweise haben sich die Banken bei der ersten Tranche noch zurückgehalten, weil sie die Ergebnisse der Überprüfung der Bankenbilanzen durch die EZB abzuwarten wollen. Die Ergebnisse der umfassenden Untersuchung sollen am 26. Oktober veröffentlicht werden, kurz bevor die Notenbank die Aufsicht über die grössten Institute übernimmt.
EZB 2014-2016
Der Fokus auf angebotsorientierte Lockerungsmassnahmen wird sich verstärken. Das Programm wirkt allerdings nur, wenn die Käufe als permanent angesehen werden und die EZB die Bilanzsumme, wie von Draghi in Aussicht gestellt, tatsächlich wieder um eine Billion auf drei Billionen erhöhen kann. Dazu reicht das verfügbare Volumen von verbrieften Firmenkrediten bei weitem nicht aus und die EZB wird zusätzliche stimulierende Massnahmen aus dem Hut zaubern müssen. Die Zukunft wird zeigen, ob sie auch die Käufe von Regierungsanleihen, Aktien und zusätzlichen Finanzanlagen in Betracht ziehen wird. Der Widerstand rechtlicher und politischer Natur dürfte allerdings beträchtlich sein und von Ländern des Kerns wie Deutschland angeführt werden.
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