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Wer sich etwa zum Zeitpunkt des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine von Aktien trennte, dem dürften beim Blick auf das hiesige Börsentableau die Tränen in die Augen schiessen. Denn obwohl der Swiss Performance Index (SPI) auf unter 16'000 Punkten zurückgefallen ist, liegt das breit gefasste Börsenbarometer noch immer um fast 14 Prozent über den damaligen Jahrestiefstständen. Einige Einzelaktien konnten seither sogar noch deutlicher Boden gutmachen.
Allerdings dürfte sich die Freude darüber bei gar manchem Fondsmanager und Vermögensverwalter in Grenzen halten, hinkt dem breiten Markt doch gnadenlos hinterher, wer keine Valoren von Nestlé, Roche und Novartis im Portefeuille hat – oder den drei Indexschwergewichten bloss ein unterdurchschnittliches Gewicht beimisst.
Als Fondsmanager oder Vermögensverwalter den Schweizer Aktienmarkt zu schlagen war in den letzten Jahren eigentlich gar nicht mal so schwierig – sofern man denn frei in seiner Titelwahl war. Das Erfolgsrezept schien denkbar einfach: Man mache einen grossen Bogen um die genauso "trägen" wie auch "langweiligen" Valoren von Nestlé, Roche und Novartis und setze stattdessen auf jene aufstrebender Wachstumsunternehmen wie etwa Straumann oder die Partners Group. So überraschte nicht, dass die hiesigen Indexschwergewichte ein Mauerblümchen-Dasein fristeten und gleichzeitig Millionen und Abermillionen in die Aktien von Straumann, Partners Group und Co flossen.
Bilanz der letzten Jahre
Jahr | Aktienfavoriten | SPI |
2013 | +40,1 Prozent | +23,9 Prozent |
2014 | +11,4 Prozent | +15,2 Prozent |
2015 | + 4,1 Prozent | + 2,4 Prozent |
2016 | - 3,7 Prozent | - 1,7 Prozent |
2017 | +23,6 Prozent | +20,1 Prozent |
2018 | - 19,1 Prozent | - 8,8 Prozent |
2019 | +25,4 Prozent | +30,6 Prozent |
2020 | + 9,8 Prozent | + 3,1 Prozent |
2021 | +10,0 Prozent | +23,4 Prozent |
2022* | - 6,6 Prozent | - 5,7 Prozent |
* Kurse vom 29. April 2022
Doch damit scheint nun Schluss. Nicht nur, dass die Indexschwergewichte in den letzten Wochen ihre Muskeln spielen liessen – vielmehr sind die Aktien vieler der zuvor frenetisch gefeierten Wachstumsunternehmen weit oben auf der diesjährigen Verliererliste zu finden. Das entbehrt nicht einer gehörigen Portion Ironie.
Ich muss mich diesbezüglich übrigens selber ein bisschen bei der Nase neben. Von den drei hiesigen Schwergewichten hat es bloss Novartis auf die Liste meiner Schweizer Aktienfavoriten für 2022 geschafft – und das seit März auch bloss mit einer Gewichtung von 10 Prozent. Dass ich mich dabei in guter Gesellschaft befinde, bietet da keinen Trost. Ich bin wirklich ziemlich enttäuscht über das schwache Abschneiden einiger meiner Aktienfavoriten. Beim Tracker-Zertifikat heisst es nunmehr schon seit Wochen: Einen Schritt vor – und einen wieder zurück. Ziemlich zermürbend...
Während sich bei meinen Schweizer Aktienfavoriten seit Ende Dezember ein Minus von 6,63 Prozent errechnet, schnitt der um 5,73 Prozent tiefere SPI etwas besser ab.
Aktuelle Positionen Aktienfavoriten
Titel | Anzahl | Einstand | akt. Wert* | Erfolg | G/V |
Barmittel | 4'156,32 | ||||
Credit Suisse N | 1'294 | 8,58 | 8'693,09 | - 2'411,68 | - 21,72 Prozent |
Holcim N | 312 | 46,62 | 15'022,80 | + 477,36 | + 3,28 Prozent |
Logitech N | 128 | 74,46 | 8'248,32 | - 1'282,84 | - 13,46 Prozent |
Novartis N | 113 | 80,50 | 9'775,63 | + 679,30 | + 7,47 Prozent |
Zurich Insurance N | 23 | 400,70 | 10'255,70 | + 1'001,80 | +10,83 Prozent |
Cembra Money N | 117 | 66,14 | 8'301,15 | + 545,13 | + 7,03 Prozent |
Helvetia N | 65 | 107,49 | 8'190,00 | + 1'203,15 | +17,22 Prozent |
Oerlikon N | 1'303 | 8,99 | 9'127,51 | - 2'489,69 | - 21,43 Prozent |
Stadler Rail N | 208 | 38,99 | 7'384,00 | - 726,32 | - 8,96 Prozent |
Zur Rose N | 47 | 179,02 | 5'668,20 | - 2'745,59 | -32,63 Prozent |
Total | 94'822,72 | - 6,63 Prozent |
* Schlusskurse vom 29. April 2022
Wenigstens darf ich behaupten, mit einem Plus von knapp 17 Prozent den dividendenstarken Valoren von Zurich Insurance den diesjährigen Gewinner aus dem Swiss Market Index (SMI) berücksichtigt zu haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass der Dividendenabgang vom April schon jemals so schnell wieder wettgemacht werden konnte wie in diesem Jahr.
Morgen Dienstag werden dann auch die Aktien von Helvetia ex der letztjährigen Dividende in Höhe von 5,50 Franken je Stück gehandelt. Mal schauen, wie lange es dauert, bis dieser Dividendenabgang wieder aufgeholt ist. Am Freitag gab der Versicherer bekannt, dass die SST-Quote Ende Dezember 260 Prozent (zuvor 193 Prozent) betragen habe. Die Abkürzung "SST" steht übrigens für Swiss Solvency Test. Von dieser Quote lässt sich auf das Überschusskapital schliessen. Dieses wiederum ist für die künftige Dividendenpolitik eines Versicherungsunternehmens von zentraler Bedeutung. Zum Vergleich: Bei Zurich Insurance lag die SST-Quote Ende Dezember bei 212 Prozent (zuvor 182 Prozent).
Das gilt insbesondere für ihre Jahresvorgaben, wobei mir die von Oerlikon noch ein bisschen ambitionierter erscheinen als jene von Logitech. Nicht auszudenken, was diesen Aktien für ein Kursfeuerwerk winken würde, sollten die beiden Unternehmen auf ein solides Quartal zurückblicken und an ihren Jahresvorgaben festhalten.
Meine beiden Sorgenkinder bleiben Credit Suisse und Zur Rose. Die Credit Suisse blickt auf eine ziemlich bewegte Generalversammlung zurück. Die teilnehmenden Aktionärinnen und Aktionäre verpassten den Verantwortlichen einen Denkzettel und verweigerten ihnen die Entlastung für das Geschäftsjahr 2020. Völlig zu Recht, wie ich finde. Wer üppige Saläre und Boni bezieht, soll auch für die milliardenschweren Verluste im Zusammenhang mit dem Kollaps des Investment-Vehikels Archegos oder den Skandal rund um den australischen Financier Lex Greensill geradestehen.
Wie wir spätestens seit der Veröffentlichung der Erstquartalszahlen wissen, hat die Grossbank ein Ertragsproblem – und damit auch ein Kostenproblem. Doch nicht nur an den Erträgen gemessen, auch an der Börse ist die Credit Suisse mit einer Kapitalisierung von gerade mal 17 Milliarden Franken leider nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ich wäre nicht überrascht, wenn der gedrückte Aktienkurs in angelsächsischen Bankenkreisen Begehrlichkeiten wecken würde. Auch dass sich oppositionelle Finanzinvestoren bei der Grossbank einnisten, halte ich für denkbar.
Bei Zur Rose sind die Probleme – anders als bei der Credit Suisse – nicht hausgemacht. Vielmehr muss die Versandapotheke für die Unzulänglichkeiten des deutschen Gesundheitswesens in Sachen Digitalisierung büssen. Dass nun aber Bewegung in die Sache kommen soll, hat in den letzten Tagen erste Leerverkäufer dazu bewegt, ihre Wetten gegen die Aktien von Zur Rose zu schliessen. Denn je schneller unser nördlicher Nachbar elektronische Medikamentenrezepte einführt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Versandapotheke zum Überbrücken der Durststrecke noch einmal neues Eigenkapital benötigt.
Weiterhin angetan haben es mir allerdings vor allem die Aktien von Holcim. Am vergangenen Dienstag widmete ich dem Baustoffhersteller aus dem steuergünstigen Zug eine ganze Kolumne. Prädikat: Unbedingt lesenswert.
Was die jüngsten Kursgewinne bei den Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis anbetrifft, glaube ich nicht, dass diese von Dauer sein werden. Zuletzt floss viel Geld in diese Titel, versprechen diese doch Schutz – sowohl vor der Teuerung als auch vor einer Eintrübung des Wirtschaftsumfelds. Gerade die beiden Pharmagiganten aus Basel bieten tatsächlich einen Schutz vor der unheilvollen Kombination aus ausufernder Teuerung (hohe Preisgestaltungsmacht) und darbender Wirtschaft (von der Konjunktur weitestgehend unabhängige Absatzmärkte, solide Bilanzen) – auch als Stagflation bekannt.
Man braucht jedoch keine 30 Jahre an der Börse verbracht zu haben, um erahnen zu können, dass es sich bei der Kursstärke der letzten Wochen um ein vorübergehendes Phänomen handeln dürfte. Für gewöhnlich werden die Schwergewichte von internationalen Grossinvestoren für einige wenige Wochen als "sicherer Hafen" missbraucht – nur um danach gleich wieder wie eine heisse Kartoffel fallengelassen zu werden. Spätestens ab dann dürfte es um die relative Entwicklung meiner Schweizer Aktienfavoriten für 2022 wieder besser bestellt sein...
Transaktionen Aktienfavoriten 2022
Datum | Titel | Anzahl | Kurs | Total | ||
30.12.2021 | Oerlikon N | Kauf | 1'060 | 9,43 | Franken | 9'995,80- |
30.12.2021 | Zur Rose N | Kauf | 22 | 230,57 | Franken | 5'072,54- |
30.12.2021 | Cembra N | Kauf | 113 | 66,14 | Franken | 7'473,82- |
30.12.2021 | Stadler Rail N | Kauf | 188 | 39,94 | Franken | 7'508,72- |
30.12.2021 | Helvetia N | Kauf | 70 | 107,49 | Franken | 7'524,30- |
30.12.2021 | Logitech N | Kauf | 97 | 77,32 | Franken | 7'500,04- |
30.12.2021 | Credit Suisse N | Kauf | 1'122 | 8,907 | Franken | 9'993,65- |
30.12.2021 | Zurich IG N | Kauf | 25 | 400,70 | Franken | 10'017,50- |
30.12.2021 | Holcim N | Kauf | 322 | 46,62 | Franken | 15'011,64- |
30.12.2021 | Novartis N | Kauf | 186 | 80,67 | Franken | 15'004,62- |
07.03.2022 | Oerlikon N | Kauf | 223 | 6,63 | Franken | 1'478,49- |
07.03.2022 | Zur Rose N | Kauf | 29 | 133,65 | Franken | 3'875,85- |
07.03.2022 | Stadler Rail N | Kauf | 22 | 30,08 | Franken | 661,76- |
07.03.2022 | Helvetia N | Verkauf | 8 | 96,65 | Franken | 773,20+ |
07.03.2022 | Logitech N | Kauf | 34 | 65,52 | Franken | 2'227,68- |
07.03.2022 | Credit Suisse N | Kauf | 190 | 6,46 | Franken | 1'227,40- |
07.03.2022 | Zurich IG N | Verkauf | 3 | 380,80 | Franken | 1'142,40+ |
07.03.2022 | Holcim N | Verkauf | 11 | 40,16 | Franken | 441,76+ |
07.03.2022 | Novartis N | Verkauf | 86 | 75,92 | Franken | 6'529,12+ |
08.03.2022 | Novartis N | Kauf | 3 | 74,21 | Franken | 222,63- |
08.04.2022 | Zurich IG N | Kauf | 1 | 438,50 | Franken | 438,50- |
08.04.2022 | Oerlikon N | Kauf | 42 | 6,78 | Franken | 284,76- |
24.04.2022 | Cembra N | Kauf | 4 | 70,55 | Franken | 282,20- |
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