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Noch am letzten Freitag schien auch der Schweizer Aktienmarkt völlig immun gegen die fast stündlich eintreffenden Hiobsbotschaften rund um die von China ausgehende Coronavirus-Pandemie. Am gestrigen Montag brachen dann aber sämtliche Dämme: Der Swiss Market Index (SMI) ging - im Gleichschritt mit anderen Börsenbarometern rund um den Globus - um fast 4 Prozent tiefer aus dem Handel. Die Aktien einiger ganz besonders betroffener Unternehmen gerieten noch deutlicher unter die Räder.

Plötzlich erinnert man sich wieder, dass die betroffenen chinesischen Provinzen bei vielen Schweizer Unternehmen nicht mehr aus der Wertschöpfungskette wegzudenken sind. Die Folgen der Coronavirus-Pandemie gehen damit vermutlich über eine blosse Nachfragedelle hinaus - zumal das Virus nicht mehr länger nur in China grassiert. Und noch etwas Weiteres ist nicht zu unterschätzen: Die dortigen Probleme treffen ein bis über beide Ohren verschuldetes und durch den Handelskrieg der letzten Jahre geschwächtes Wirtschaftssystem.

Dass der Schweizer Aktienmarkt nach den schmerzhaften Kursverlusten nicht zur erhofften Gegenbewegung ansetzt, daran trägt das Indexschwergewicht Novartis eine Mitschuld. Berichte rund um schwere Nebenwirkungen bei mit dem Augenmedikament Beovu behandelten Patienten kosten den SMI zur Stunde um die 70 Punkte. Die amerikanische Guggenheim fackelt nicht lange und stuft die Aktien des Basler Pharmakonzerns von "Buy" auf "Neutral" herunter.

Für die Banken und ihre Strategen fallen diese unternehmensspezifischen Probleme nicht weiter ins Gewicht. Alles nur halb so schlimm, so verlautet aus diesen Kreisen. Wie die Experten von J.P. Morgan schreiben, sollten uns die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie nur kurz begleiten und schon bald wieder ausgestanden sein. Sie sehen im jüngsten Kursrückschlag - wie könnte es auch anders sein - eine günstige Kaufgelegenheit. Vor allem europäische Bankaktien haben es den für die amerikanische Investmentbank tätigen Strategen sichtlich angetan.

Kritisch wirds beim SMI dann, wenn das Börsenbarometer unter 10'200 Punkte abtaucht (Quelle: www.cash.ch)

Ins selbe Horn blasen am heutigen Dienstag die Berufskollegen von Julius Bär. Auch sie raten zum Zukauf von Aktien, sollten die Kurse weiter purzeln. Ihres Erachtens dürften sich die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zwar ins zweite Quartal hineinziehen, mehr dann aber nicht.

Vermutlich werden die Aktienanleger in den kommenden Tagen auf eine harte Probe gestellt. Dass die Banken und ihre Strategen nach dem Kursdebakel vom gestrigen Montag mit einer kräftigen Gegenbewegung rechnen und zum Kauf von Aktien in Schwächen raten, überrascht mich nicht. Schliesslich ist diese Berufsgruppe für ihren Zweckoptimismus berüchtigt. Ausserdem ging dieses Rezept ("Buy the dip") in den letzten Jahren stets auf. Doch was ist, wenn die kräftige Gegenbewegung ausbleibt - oder sich als blosses Strohfeuer erweist?

Ich erhoffe mir schon von den nächsten Tagen wichtige Anhaltspunkte für den weiteren Jahresverlauf. Noch wurde beim SMI nicht allzuviel Porzellan zerschlagen. Das wäre wohl erst dann der Fall, sollte das renommierte Börsenbarometer irgendwann unter 10'200 Punkten aus dem Handel gehen.

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Die Übernahmepläne von AMS für Osram Licht waren von Beginn weg ein ziemlich gewagtes - und für einige Kommentatoren gar ein an Grössenwahn grenzendes - Unterfangen. Da gibt es nichts schönzureden.

Selbst nach grosszügiger Nachbesserung des ursprünglichen Barangebots wurden dem Sensorenhersteller aus dem österreichischen Unterpremstätten keine 60 Prozent der Aktien angedient. Angeblich befinden sich die übrigen 40 Prozent mehrheitlich im Besitz mächtiger Hedgefonds. Und die sind sowieso nur auf eines aus - das schnelle Geld. Mittlerweile kosten die Aktien von Osram Licht fast 48 Euro. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...

Ursprünglich wollte AMS-Chef Alexander Everke seine Aktionäre schon in wenigen Wochen um zusätzliche Gelder fragen. 1,65 Milliarden Euro muss er mittels einer Bezugsrechtsemission einsammeln. So wollen es zumindest die kreditgebenden Banken.

Das wäre alles machbar. Zumindest unter gewöhnlichen Umständen. Doch nun fliegt Everke alles um die Ohren. Alleine am gestrigen Montag gingen die Aktien seines Arbeitgebers im Zuge der von China ausgehenden Wachstumsängste um fast 8 Prozent tiefer aus dem Handel. Seit dem Vorabend der Jahresergebnisveröffentlichung betrachtet, errechnet sich sogar ein Minus von mehr als 20 Prozent.

Die AMS-Aktien haben seit der Jahresergebnisveröffentlichung von vor drei Wochen mehr als 20 Prozent eingebüsst (Quelle: www.cash.ch)

Ein gefundenes Fressen für die Leerverkäufer. Denn die wissen nur zu gut: Je tiefer die Kurse fallen, desto mehr neue Aktien zu noch tieferen Kursen muss AMS ausgeben, um die 1,65 Milliarden Euro einzusammeln.

Bleibt nicht zuletzt auch für die Aktionäre zu hoffen, dass Firmenchef Alexander Everke die Geister, die er rief, wieder loswird...

 

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