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Pünktlich zur Adventszeit treffen aus Bankenkreisen die ersten Börsenausblicke fürs neue Jahr ein. Bei einigen Banken liessen sich die Strategen für einmal etwas mehr Zeit als sonst – was man ihnen angesichts der ungewissen wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie nicht übelnehmen sollte.

Die gute Nachricht zuerst: Die allermeisten Banken trauen den Aktienmärkten auch im kommenden Jahr steigende Kurse zu. Die schlechte Nachricht: Aufgrund der schier erdrückenden Dominanz der hiesigen Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis machen viele Strategen einen grossen Bogen um den Schweizer Aktienmarkt.

Denn ganz egal, ob sich die seit drei Wochen zu beobachtenden Umtauschoperationen aus Wachstums- in Substanzwerte als nachhaltig erweisen oder wieder versiegen - die Aktien aus der Pharma- und der Nahrungsmittelindustrie zählen sowieso zu den Verlierern. Das wiederum lässt unseren Heimmarkt im Hinblick auf das kommende Jahr zu einem völligen Nebenschauplatz verblassen.

Während sich die Banken und ihre Strategen bereits mit dem nächstjährigen Börsengeschehen beschäftigen, brennt den hiesigen Marktakteuren eine ganz andere Frage unter den Fingernägeln: Was erwartet uns in der Zeit bis Ende Jahr?

Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Spricht man in diesen Tagen zwei Experten darauf an, erhält man – zumindest gefühlt - drei Meinungen.

Entwicklung des Swiss Performance Index über die letzten 10 Jahre (Quelle: www.cash.ch)

Die Strategen der französischen Investmentbank Oddo sehen in der momentanen Kursschwäche bei Technologie- und Pharmaaktien eine taktische Kaufgelegenheit. Im selben Atemzug warnen sie davor, bei den bereits gut gelaufenen Bankaktien jetzt einzusteigen. Die Befürchtung der Experten: Unliebsame Überraschungen, wenn sich die Europäische Zentralbank (EZB) Mitte Dezember zur Dividendenpolitik ihrer Geschäftsbanken äussert.

Darf man dem für Kepler Cheuvreux tätigen Chris Potts Glauben schenken, dann könnte das Jahresendrally in diesem Jahr gar ganz ausbleiben. Auch er sieht die Aktien aus der Pharma- und Nahrungsmittelindustrie daher in den nächsten Wochen überdurchschnittlich gut im Markt liegen. Für ihn wäre das allerdings bloss eine letzte Gelegenheit, um den Anteil solcher Aktien im Wertschriftenportefeuille zu reduzieren.

Für die Berufskollegen von Julius Bär steht ein ganz anderes Titelsegment im Vordergrund: Sie setzen auf Aktien von Unternehmen, die entweder von Konjunkturpaketen oder aber von der Zeit nach Covid-19 profitieren. Dazu zählen die Strategen hierzulande etwa die Kiosk-Betreiberin Valora, den Aufzugsspezialisten Schindler oder den schweizerisch-schwedischen Industriekonzern ABB.

Die Aktien von Valora konnten in den letzten Wochen kräftig Boden gutmachen (Quelle: www.cash.ch)

Von einer ungewöhnlichen Beobachtung weiss die Deutsche Bank in einem Kommentar zu berichten. Hätten die Aktienmärkte im Sommer noch mit Kursgewinnen auf positive Neuigkeiten reagiert, negative Neuigkeiten hingegen überraschend gut weggesteckt. Neuerdings würde positiven Neuigkeiten jedoch mit stagnierenden Kursen und negativen Neuigkeiten mit Kursverlusten begegnet, so halten die Autoren fest. Sie schliessen daraus auf eine gewisse Sättigung der Aktienanleger. Auch wenn die deutsche Grossbank es nicht explizit schreibt, so lässt sie zumindest durchblicken, dass zu viele Köche selbst an der Börse den Brei verderben.

Aussergewöhnliche Zeiten erfordern aussergewöhnliche Massnahmen, so lautet ein weiteres Sprichwort. Umso mehr überraschen mich die vielen verschiedenen Rezepte der Banken und ihrer Strategen für die Zeit bis Ende Dezember.

Vorzugsweise halte ich mich weiterhin an meine Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2020. Mit einem Plus von fast 10 Prozent (Stand: Dienstag bei Handelsende) konnten letztere den Abstand zum knapp gehaltenen Swiss Performance Index (SPI) zuletzt kontinuierlich ausbauen. Und das trotz einer hohen taktischen Barmittelquote. Allerdings sind auch meine Aktienfavoriten kein Patentrezept, sollte das Jahresendrally in diesem Jahr tatsächlich ins Wasser fallen...

 

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