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Die Aktienkurse steigen und mit ihnen der Appetit auf Aktien. Doch nicht nur das: Auch sind die Anleger wieder bereit, grössere Risiken einzugehen. Viele können gar nicht anders, zwingt sie die "Politik des billigen Geldes" doch geradezu zu einer höheren Aktienquote, zu Anleihen von minderer Schuldnerqualität und solchen mit längeren Laufzeiten sowie zu alternativen Anlagen - beispielsweise aus dem Private-Equity-Bereich. Anders lässt sich angesichts der mageren Zinsen nämlich kaum noch eine Rendite erzielen.

Allerdings bleiben die aggressivsten Käufer von Aktien - wen wunderts - die Unternehmen selbst. Wer etwas von sich hält, ruft ein Aktienrückkaufprogramm ins Leben. Und das mit bloss einem Ziel: Die Anzahl ausstehender Aktien zu verringern. Die Rechnung ist denkbar einfach: Wenn sich der Gewinn auf weniger Titel verteilt, steigt der Gewinn je Aktie.

Dass es auch anders geht zeigt Straumann. Seit Jahren investiert der Weltmarktführer unter den Dentalimplanatehersteller im grossen Stil ins eigene Geschäft, wenn es sein muss mittels ergänzender Firmenübernahmen. Und das mit Erfolg wie ein Blick auf die beeindruckende Aktienkursentwicklung verrät. Dass die Dividendenrendite bei mageren 0,6 Prozent liegt und das Unternehmen keine Aktienrückkäufe tätigt, scheint kaum jemanden zu stören.

An der Leitbörse in New York verschulden sich die Unternehmen sogar, damit sie sich ihre Aktienrückkäufe überhaupt leisten können. Wie die amerikanische Investmentbank Merrill Lynch schreibt, kauften die in New York kotierten Unternehmen alleine zwischen Januar und März dieses Jahres eigene Aktien mit einem Marktwert von 270 Milliarden Dollar zurück. Das entspricht im Jahresvergleich einer Zunahme um 22 Prozent. Man braucht kein Profi zu sein, um zu erahnen, dass diese "Bilanzoptimierung" auf Dauer nicht gut gehen kann.

Bilanz der letzten Jahre

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+4,1 Prozent+2,4 Prozent
2016-3,7 Prozent-1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018-19,1 Prozent-8,8 Prozent
2019*+18,8 Prozent+19,2 Prozent

* Schlusskurse vom 30. April 2019

Wie Erhebungen der britischen Barclays zeigen, waren Aktienfonds die Gegenpartei der besagten Unternehmen. Im März stiessen Aktienfonds unter dem Strich für umgerechnet gut 12 Milliarden Dollar europäische Aktien ab, seit Jahresbeginn sogar fast für 47 Milliarden Dollar. Das will so gar nicht zu den steigenden Kursen passen.

Fragt sich also, wer, bitteschön, neben den Unternehmen denn sonst noch im grossen Stil als Käufer von Aktien in Erscheinung tritt. Die Antwort ist schnell gefunden. Es sind die Leerverkäufer. Gerade an der Leitbörse in New York ziehen sich letztere immer mehr aus ihren Wetten zurück. Erhebungen der New York Stock Exchange zufolge laufen noch Wetten in Höhe von 2,3 Prozent der ausstehenden Aktien gegen die im S&P 500 Index berücksichtigten Unternehmen. Das wiederum entspricht einem neuen historischen Tiefststand.

Auch am Schweizer Aktienmarkt sind die Leerverkäufer in der Defensive - wie das Kursfeuerwerk bei zuvor stark leerverkauften Aktien wie jenen von Geberit, AMS oder der VAT Group zeigt.

Wie Nachhaltig diese Mischung aus Aktienrückkäufen und aggressiven Deckungskäufen kapitulierender Leerverkäufer ist, wird sich zeigen müssen. Zumindest in New York lassen sich immer häufiger "ungesunde" Beobachtungen machen. So wird die dortige Rekordjagd von einer nurmehr geringen Anzahl Einzelaktien getragen - zuletzt gerade mal noch von 36 der 500 im S&P 500 Index vertretenen Titel. Nicht selten sind solche Extremwerte ein schlechtes Omen - im Fachjargon spricht man in diesem Zusammenhang auch von "negativen Divergenzen".

Was mich ebenfalls stutzig macht: Schweizer Grosskonzerne geizen bei ihrer Berichterstattung immer öfter mit wichtigen Detailinformationen. Dadurch lassen sich aktuelle Ergebnisse kaum noch mit früheren vergleichen - oder aber die veröffentlichten Zahlenkränze lassen sich erst gar nicht mehr richtig beurteilen.

Aktuelle Positionen Aktienfavoriten

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel    40'413,36  
Bâloise N75134,00  13'095,00+3'045,00+30,30 Prozent
LafargeHolcim N25040,10  13'095,00+3'070,00+30,62 Prozent
Nestlé N212579,80  12'256,25+2'281,25+22,87 Prozent
Sika N85123,00  13'260,00+2'805,00+26,83 Prozent
Aryzta N1'2301,22     1'873,91    +378,84+25,34 Prozent
Autoneum N10153,40     1'349,00     -185,00-12,06 Prozent
Georg Fischer N12790,00  11'880,00+2'400,00+25,32 Prozent
Siegfried N30332,00  11'595,00+1'635,00+16,42 Prozent
      
Total  118'817,52 +12,29 Prozent

* Schlusskurse vom 30. April 2019

So zuletzt gesehen am Freitag, als Swiss Re das Ergebnis für die ersten drei Monate vorlegte. Im vergangenen Jahr eingeführte Buchführungsvorschriften zwingen den traditionsreichen Rückversicherungskonzern aus Zürich, Kursveränderungen auf den milliardenschweren Aktienbeständen erfolgswirksam zu verbuchen. Schmälerte dies den Reingewinn im Schlussquartal letzten Jahres beträchtlich, müssten ihm die starken Aktienmärkte im ersten Quartal dieses Jahres eigentlich geholfen haben. Allerdings weist Swiss Re diesbezüglich kein gesondertes Zahlenmaterial mehr aus. Analysten und Anleger tappen deshalb im Dunkeln und können bestenfalls noch mutmassen.

In der Vergangenheit wurde aus ähnlichen Gründen auch schon Kritik an der UBS geübt. Im Mittelpunkt steht dabei die Verschmelzung des Wealth Management Americas und dem Wealth Management zum Global Wealth Management. Durch diesen Schritt ging ebenfalls Transparenz verloren. Doch auch sonst sind die Ergebnisse der grössten Schweizer Bank längst nicht mehr so detailreich wie früher.

Da stellt sich mir doch die Frage, ob diese Unternehmen nicht etwas zu verbergen haben. Oder zwingt sie gar der hohe Ergebnisdruck zu solch drastischen und wenig aktionärsfreundlichen Schritten?

Noch will ich den Teufel nicht an die Wand malen - zumal die Börse schon seit je her zu Übertreibungen neigt und Trends dadurch für gewöhnlich länger andauern als gedacht. Selbst auf die Gefahr hin, dass ich mich möglicherweise in die Nesseln setze, wage ich zu behaupten, dass die Kurse vieler Aktien aus der Schweiz Ende Jahr tiefer als jetzt stehen werden. Das sagt mir zumindest mein Bauchgefühl.

Zu sorglos sind die Marktakteure geworden. Das gilt insbesondere für jene an der Leitbörse in New York, ist dort die Volatilität doch so tief wie schon lange nicht mehr. Und auch die rekordhohen Wetten gegen den Volatilitätsindex sowie die geringe Nachfrage nach Put-Optionen zeugt von einer ziemlichen Sorglosigkeit. Die amerikanische Zentralbank wird das Kind schon schaukeln...

Selbst wenn die Stimmung am Schweizer Aktienmarkt noch immer nicht ganz so ausgelassen ist, würde ein Rückschlag in New York auch die hiesigen Kurse in die Tiefe ziehen. Alte Börsenfüchse wissen nämlich: Niest die Börse in New York zweimal laut, verschlägt es die in Zürich mit einer Grippe ins Bett.

Und um gleich noch mit einer Börsenweisheit um mich zu schlagen, halte ichs lieber wie Freiherr Carl Mayer von Rothschild. Der Pionier auf dem Gebiet des antizyklischen Investierens wusste schon im 19. Jahrhundert: Aktien kaufen, wenn die Kanonen donnern und verkaufen, wenn die Violinen spielen.

Dies erklärt auch die mittlerweile hohe Barmittelquote von etwas mehr als 30 Prozent bei meinen im Dezember kommunizierten Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2019. Bis Ende April liess sich eine durchschnittliche Rendite von 18,8 Prozent erzielen - die hohen Barmittel mitberücksichtigt. Dem steht ein um 19,2 Prozent höherer Swiss Performance Index (SPI) gegenüber. Mit dieser Entwicklung bin ich eigentlich gar nicht mal so unglücklich, selbst wenn ich mir den Vorwurf gefallen lassen muss, den Kursanstieg der letzten Wochen unterschätzt und die jüngste Rekordjagd teilweise verpasst zu haben.

Weniger berauschend fällt die Zwischenbilanz bei den Dogs of the SMI aus. Mit einer durchschnittlichen Rendite von 15,8 Prozent hinken sie dem breiten Markt hinterher. Ein weiteres Indiz für die höhere Risikobereitschaft der Anleger ist das starke Abschneiden der Turnaround-Kandidaten. Denn trotz einer Barmittelquote von ebenfalls etwas mehr als 30 Prozent errechnet sich seit Mitte Dezember eine durchschnittliche Rendite von 23,5 Prozent.

Ich nehme die heutige Zwischenbilanz zum Anlass und baue im Rahmen der Turnaround-Kandidaten für jeweils 10'000 Franken bei Klingelnberg und ABB Titelpositionen auf. Die Aktien von Klingelnberg wurden meines Erachtens zu stark abgestraft. Was das Tagesgeschäft anbetrifft, so gilt bis auf weiteres: Keine Neuigkeiten sind gute Neuigkeiten. Bei ABB erhoffe ich mir von der Abspaltung des Stromnetzgeschäfts sowie von der Suche nach einem Nachfolger für den nicht gerade erfolgsverwöhnten ehemaligen Konzernchef Ulrich Spiesshofer neue Kursimpulse. Ich baue deshalb auch bei den Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2019 eine Position ABB im Gegenwert von rund 10'000 Franken auf.

Ausnahmsweise verrate ich aus Platzgründen erst in meiner morgigen Kolumne, welche der Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2019 ich noch immer als kaufenswert erachte.

Bisherige Transaktionen

DatumTitel AnzahlKurs Total
28.12.2018Sika NKauf85123,00Franken10'455,00-
28.12.2018LafargeHolcim NKauf25040,10Franken10'025,00-
28.12.2018Nestlé NKauf25078,80Franken19'950,00-
28.12.2018Bâloise NKauf75134,00Franken10'050,00-
28.12.2018Siegfried NKauf30332,00Franken9'960,00-
28.12.2018Georg Fischer NKauf12790,00Franken9'480,00-
07.01.2019AMS IKauf7519,795Franken1'484,63-
07.01.2019Aryzta NKauf1'2301,2155Franken1'495,07-
07.01.2019U-blox NKauf1979,90Franken1'518,10-
07.01.2019GAM NKauf1'2303,994Franken1'497,75-
07.01.2019Meyer Burger NKauf2'2000,68Franken1'496,00-
07.01.2019Kudelski IKauf2605,70Franken1'482,00-
07.01.2019Autoneum NKauf10153,40Franken1'534,00-
28.01.2019AMS IVerkauf7527,93Franken2'094,75+
28.01.2019GAM NVerkauf3754,49Franken1'683,75+
01.02.2019Kudelski IVerkauf2606,46Franken1'679,60+
04.02.2019Meyer Burger NVerkauf2'2000,85Franken1'870,00+
04.03.2019U-blox NVerkauf1994,70Franken1'799,30+
04.03.2019Nestlé NVerkauf12590,96Franken11'370,00+

 

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